Kreis Wesel. Der Kreis Wesel hat das Ergebnis beim Stadradeln aus 2021 getoppt. Wie die Kommunen abgeschnitten haben und wie Experten die Aktion einordnen.
In drei Wochen möglichst viele Kilometer im Alltag mit dem Fahrrad zurücklegen, am besten mehr als die Nachbarkommune oder die Parallelklasse: Das war für 14.038 Menschen im Kreis Wesel in diesem Jahr Ansporn genug. Sie haben laut vorläufigem Endergebnis bei der bundesweiten Aktion Stadtradeln 2,2 Millionen Kilometer erradelt – und das Ergebnis aus dem Vorjahr dabei noch mal getoppt: mit 3020 aktiven Radfahren und Radfahrerinnen mehr und einem Plus von mehr als 550.000 Kilometern.
Für die Kommunen im Kreis Wesel gibt es bereits ein vorläufiges Gesamtergebnis (siehe Grafik), im bundesweiten Vergleich muss noch abgewartet werden, da die Städte und Kreise sich ihren Aktionszeitraum frei aussuchen können. Aber wie nachhaltig ist diese Aktion mit Blick auf die dringend benötigte Mobilitätswende?
Fahrradbeauftragter aus Wesel: „Bewusstsein wird auf Dauer geschärft“
Michael Blaess von der Stadt Wesel nennt sie „ein Puzzleteil“, das man nicht zu groß, aber auch nicht zu klein reden sollte. Der Fahrradbeauftragte freut sich über 500 Teilnehmer aus der Hansestadt mehr als im Vorjahr. „Ich glaube schon, dass ein Bewusstsein auf Dauer geschärft wird.“ Die Menschen würden es in diesem Zeitraum einfach mal ausprobieren, häufiger das Fahrrad zu nutzen. Und sie hätten Spaß dabei, so sein Eindruck von der abschließenden Siegerehrung. Der Wettbewerb sei ein Ansporn.
Jens Harnack von der Stabsstelle Klimaschutz in Rheinberg hat sich ausführlich mit den Zahlen rund um das Stadtradeln in diesem Jahr beschäftigt – und dabei auch einen Blick darauf geworfen, wie viele Menschen eine Kommune gemessen an ihrer Einwohnerzahl mobilisieren konnte. Hier steht Sonsbeck auf Platz 1, gefolgt von Schermbeck und Hamminkeln. Schlusslichter im kreisweiten Vergleich sind Moers und Dinslaken. Das Dorf schlägt so betrachtet also die Stadt. Harnack sieht hier einen Vorteil für die kleineren Kommunen. Er verweist auf den Zusammenhalt und die kürzeren Kommunikationswege, die Stadtgesellschaft sei viel schwieriger zu mobilisieren.
Teilnahme am Stadtradeln: Signal an Entscheidungsträger
Der große und bekannte Knackpunkt: Generell stehe bei der Verkehrsplanung das Auto noch zu sehr im Fokus. Der Pkw beanspruche im fließenden und ruhenden Verkehr noch zu viel Raum. Fast die Hälfte aller Strecken unter fünf Kilometern werde mit dem Auto zurückgelegt, führt Harnack aus. Beim Stadtradeln gehe es nicht um die Vielfahrenden, sondern um die vielen kleinen Wege. Das Stadtradeln sei ein Appell, diese Strecken mit dem Fahrrad auszuprobieren, die Teilnahme sei ein wichtiges Signal an die Entscheidungsträger – an Politik und die Verantwortlichen für die Verkehrsinfrastruktur.
Karl-Heinz Degen, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Moers und Neukirchen-Vluyn, nennt die „RADar“-Funktion einen „hervorragenden Ansatz von Feedback“ beim Stadtradeln. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können über diese Funktion mitteilen, wo es aus ihrer Sicht bei den Fahrradwegen in ihrer Kommune hakt. Allerdings: Nicht alle Städte und Gemeinden im Kreis haben diese Funktion auch freigeschaltet. Moers etwa nicht, die Stadt habe gesagt, man wisse, wo die Probleme sind, so Degen. Unter anderem auch Voerde hat diese Funktion nicht freigegeben. Hier gab es in diesem Jahr Frust bei Peter Diederichs, Vorsitzender beim hiesigen ADFC: „Wir haben als ADFC in Voerde nicht mitgemacht.“ Es habe sich grundsätzlich nichts für die Sicherheit der Fahrradfahrer getan, weist er auf die Situation der Fahrradwege in Voerde hin.
Karl-Heinz Degen sieht grundsätzlich viel Potenzial beim Radverkehr. Das lasse sich auch an einer regen Beteiligung am Niederrheinischen Radwandertag ablesen. „Hier kann man wunderbar Fahrrad fahren“, sagt Degen, der für die SPD im Neukirchen-Vluyner Rat sitzt. „Fahrradfahren ist auch Angebotspolitik.“
Die Sieger vom Klimabündnis im Kreis Wesel
- Der Wanderpokal für die Kommune mit den meisten Radelnden geht laut Klimabündnis im Kreis an Moers (absolut) und Sonsbeck (bezogen auf die Einwohnerzahl).
- Erfolgreichste weiterführende Schulklassen: Europaschule Rheinberg, Klasse 6c (5218 Kilometer) und Marienschule Xanten, Klasse 6c (4823 Kilometer). Erfolgreichste Grundschulklassen: Niersenberg Kamp-Lintfort, Klasse 3b (3.322 Kilometer) und die Klasse 2b (2618 Kilometer).
- Erfolgreichste Kindergärten: FV KiTa St. Maria Magdalena, Sonsbeck (14.866 Kilometer), Kita am Bach Dingden, Hamminkeln (11.512 Kilometer).