Kreis Wesel. Wirtschaftliche Folgen der Ukraine-Krise sind auch im Kreis Wesel spürbar. Wie stark genau, erklären IHK Geschäftsführer im Gespräch mit der CDU.
Hohe Benzinpreise für Pendler, Existenzängste in der Industrie: Beim digitalen Austausch der IHK mit der CDU, zu dem das Team Niederrhein des CDU-Kreisverbandes Wesel eingeladen hatte, sieht der IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Dietzfelbinger den Kreis und das ganze Land vor großen Herausforderungen. „Die Ukraine-Krise überschattet alles“, ist er sich sicher. Vor allem betroffen seien kleinere Unternehmen und Logistiker, wie Taxi- oder Industriebetriebe im Kreis. „Die wird es zuerst treffen, größere Unternehmen haben manchmal noch etwas Puffer“, so Dietzfelbinger.
Von den Sanktionen in Russland betroffen seien dagegen nur wenige Betriebe, diese treffe es aber umso härter. So stünden Getreidehändler oder andere Firmen, die geschäftlich mit Osteuropa verbunden waren, nun vor finanziellen Herausforderungen. Dazu gehört die Firma für Landtechnik „Lemken“, die jeweils in der Ukraine und in Russland einen Standort hat.
Steuersenkungen als einzige Lösung
Die einzige Möglichkeit, um die Betriebe und damit die Wirtschaft zu retten, sehe er in Steuersenkungen, vor allem auf Energieprodukte. „So könnte man die Preise zumindest ein bisschen abfedern“, sagt Dietzfelbinger.
Aber auch die bereits vor dem Ukraine-Krieg bestandenen Probleme dürften sich zuspitzen, sagt Jürgen Kaiser, Geschäftsführer der Niederrheinischen IHK. Deshalb sei es umso wichtiger, diese nicht aus den Augen zu verlieren: Eine entscheidende Rolle spiele hier die Digitalisierung, zum Beispiel in den Stadtverwaltungen, damit zukünftig Genehmigungen für beispielsweise Investitionen schneller und „geschmeidiger“ erhalten werden könnten.
Fachkräftemangel könnte sich verstärken
Einen großen Fokus müsse man ebenso auf die Bildung und Vermittlung junger Menschen an den Arbeitsmarkt setzen. Denn auch der Fachkräftemangel könnte laut Kaiser durch Planungsunsicherheiten verschiedener Betriebe Arbeitssuchende erneut abhalten, wie schon zum Ausbruch der Corona-Krise. Auch da standen viele junge Mitarbeitende vor der Perspektivlosigkeit. „Wir müssen jungen Nachwuchskräften, trotz gedrückter Stimmung, deutlich machen, dass sie händeringend gesucht werden“, sagt Kaiser. Als Beispiel nennt der Geschäftsführer Branchen wie den Tourismus oder die Gastronomie.
Auf die Frage, wie lange die Wirtschaft im Kreis diesem Druck überhaupt standhalten kann, hat Hauptgeschäftsführer Stefan Dietzfelbinger keine Antwort. Stattdessen nennt er das Beispiel eines Stahlwerks in Bayern, das seinen Betrieb aufgrund der hohen Preise schließen musste. „Die Situation ist angespannt. Die industriellen Kosten waren schon vor Corona sehr hoch“, betont er.
Deutschland bewege sich damit in einem Spannungsfeld. „Wir brauchen zum einen einen Staat, der sich auch geopolitisch einbringt. Und zum anderen brauchen wir Freiräume für die Wirtschaft. Es ist eben ein Spagat“, sagt Dietzfelbinger.