Hamminkeln. Die beiden Hamminkelner Direktvermarkter Koplin und Schäfer merken, dass ihre Kunden immer kritischer die Produkte hinterfragen.
Was das Thema Biolandbau angeht, ist die Familie Koplin das, was man gemeinhin „alte Hasen“ nennt. Den Gärtnerhof Lankerskate in Mehrhoog kauften sie 1985, bauten ihn zu einem Demeterhof um, betreiben zwei Biomärkte in Wesel und Bocholt, haben am eigenen Hof in Mehrhoog eine Verkaufshütte zur Selbstbedienung. Fragt man Josef Koplin nach dem Einkaufsverhalten seiner Kunden, antwortet er aktuell: „Durch die Preissteigerungen haben wir weniger Umsatz.“ Die Leute verreisen jetzt wieder, müssen viel Geld für den „normalen“ Lebenswandel aufbringen und sparen durchaus auch bei Lebensmitteln.
Dabei, das zeigt die repräsentative NRZ-Leserumfrage, stehen für die Menschen im Kreis Wesel möglichst wenig Verpackung und Tierwohl an erster Stelle, wenn man sie nach der Wichtigkeit von Einkaufskriterien fragt. Erst an fünfter Stelle steht der günstige Preis. Beim Thema Tierwohl ist Bio natürlich erste Wahl. „Nicht umsonst sind mittlerweile auch die Discounter auf Bio gesprungen und versuchen, sich mit ihren eigenen Labels zu schmücken“, verweist Josef Koplin auf die Entwicklung, die seit einiger Zeit in der Lebensmittelbranche stattfindet.
Möglichst viel Papierverpackungen
Auch das Thema Verpackung ist mittlerweile im Alltag der Koplins angekommen. Viele Produzenten versuchen, möglichst viel in Papierverpackungen anstelle von Plastik zu produzieren. Bei seinem Großhändler, erzählt Koplin, werden zum Beispiel Sonnenblumenkerne in Pfandgläsern verkauft. Das kommt an bei den Kunden: „Unverpackt wird von den Großhändlern aufgegriffen.“
In den Biomärkten kaufen natürlich vor allem Leute ein, die sehr bewusst ihre Lebensmittel auswählen. Diese Kunden fragen auch kritisch nach, wie und wo beispielsweise die Tiere gehalten werden, wo das Gemüse herkommt und wie die Produktionsbedingungen sind. „Dieser Trend setzt sich fort“, sagt Josef Koplin.
Die Coronazeit habe vielen Leuten die Bedeutung von Regionalität gezeigt. Das zeige sich auch an der Verkaufshütte, die in Mehrhoog am Hof Lankerskate steht. Die sei besser angelaufen, als die Koplins geplant haben. Koplin: „Eine Kundin hat uns eine ganz lieben Dankesbrief geschrieben, weil wir dieses Angebot machen.“
Die Schäfers kennen ihre Produzenten
Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch bei Hof Schäfer in der Dingdener Heide ab, wo die Familie einen großen Bauernladen betreibt. Bio sind die Produkte nicht, aber Familie Schäfer weiß sehr genau, wo ihre Produkte, die sie nicht selbst herstellen, herkommen. „Wir achten beispielsweise sehr wohl auf das Tierwohl“, betont Judith Schäfer: „Zu uns kommen Kunden, weil wir regional und saisonal sind.“ Auch ihre Kunden fragen kritisch nach, wollen über die Produkte und ihre Herstellungsbedingungen informiert werden. „Dieser Trend setzt sich immer weiter fort.“ Und ihr Kundenstamm, immerhin sind die Schäfers in der vierten Generation Direktvermarkter, wächst kontinuierlich. „Das zeigt ja auch, dass das Interesse da ist“, ist sich Judith Schäfer sicher.
Was die Familien Koplin und Schäfer beim Einkaufsverhalten ihrer Kundschaft beobachten, kann Monika Stallknecht nur bestätigen. Sie ist bei der Entwicklungsagentur des Kreises Wesel beschäftig und Geschäftsführerin der Genussregion Niederrhein, einem großen Netzwerk von Direktvermarktern, Genussmanufakturen und auch Tourismus am Niederrhein, die durch gemeinsame Werbekampagnen Aktionen auf sich aufmerksam machen. Das Netzwerk entstand bereits 2003 und hat mittlerweile 142 Mitglieder. „Die Kunden werden bei den Themen regional, saisonal und Tierwohl immer sensibler. Auch der ökologische Landbau wird immer wichtiger“, sagt Monika Stallknecht.
Saisonal und Regionalität wird immer wichtiger
Die Zahl der Direktvermarkter steige immer mehr, auch Verkaufsautomaten an den Höfen werden zunehmend aufgestellt. Wer mehr wissen möchte, wird auf der Webseite „gutes-vom-niederrhein.de“ fündig. Ans Herz legt sie denen, die gerne bewusst einkaufen, auch eine App namens „Regioapp.org“. Hier können Interessierte eine Umkreissuche in ihrer Region starten und bekommen die benachbarten Direktvermarkter angezeigt.
Monika Stallknecht hat beim Kaufverhalten noch eine weitere Beobachtung angestellt. Coronakrise und Ukrainekrieg hätten viele globalen Handelsketten unterbrochen: „Viele Menschen wollen deshalb die Wertschöpfung in der Region erhalten. Das stärkt auch die eigene Versorgungsmöglichkeit.“