Wesel. Der evangelische Pfarrer Albrecht Holthuis aus Wesel spielt in seinem Buch „Der letzte Hirte“ auf die Geschichte der Kirche am Lauerhaas an.
Bert Winter ist evangelischer Pfarrer. 47 Jahre alt, geschieden und Vater von zwei Kindern. Der Pastor an der Erlöserkirche in Rheinstadt-Benninghausen am Niederrhein durchlebt beruflich wie privat turbulente Monate. Seine Gemeinde befindet sich in einer Finanz- und Bedeutungskrise, hinzu kommt sein kompliziertes Familienleben.
Eines Tages entdeckt er auf dem Speicher des Pfarrhauses einen alten Koffer mit Aufzeichnungen seines Vorgängers Wilhelm Ortmann - aus den 30er Jahren. Eine Geschichte von Verrat und Kirchenkampf unter dem Hakenkreuz tut sich auf. Pfarrer Winter interessiert sich für den Kirchenmann, macht sich auf seine Spur. Gleichzeitig kämpft er um den Erhalt der eigenen Kirche und um den Zusammenhalt seiner Familie. Eine fiktive Geschichte – jedoch mit vielen Elementen aus der Realität.
Kirche am Lauerhaas wird 90 Jahre alt
In gerade einmal zwei Monaten hat Albrecht Holthuis, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Wesel, sein Buch „Der letzte Hirte“ geschrieben. Wobei auch die Corona-Krise einen Einfluss auf das Arbeitstempo hatte. „Dadurch war natürlich etwas mehr Zeit neben dem normalen Dienst“, schmunzelt Holthuis. Schon vor Jahren wurde im Rahmen einer Forschungsarbeit sein Interesse für die Zeit des Nationalsozialismus und des Widerstandes, gerade auch in der Kirche, geweckt.
Die Kirche am Lauerhaas hat zu diesem Thema ohnehin eine ganz besondere Beziehung: Sie wurde am 12. April 1931 als eine der wenigen evangelischen Kirchen in dieser Zeit eingeweiht. Und die beiden ersten Pfarrer waren im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv – und damit auch Vorbilder für die Romanfigur Wilhelm Ortmann. „Ihre Geschichte hat mich sehr beeindruckt“, betont Pfarrer Holthuis. „Ich habe mir sofort gedacht, dass man daraus etwas machen könnte.“
Die Relevanz der Kirche in der heutigen Zeit
Und so wurde sein Protagonist Bert Winter „geboren“, der im fiktiven Ort Rheinstadt-Benninghausen mit der Situation der Kirche konfrontiert wird. „Es ist kein historischer Roman“, so Holthuis, „vielmehr geht es um die aktuelle Debatte, die Relevanz der Kirche in unserer Zeit.“ So soll das Buch auch eine Mahnung für diejenigen sein, die in den nächsten Jahrzehnten die Geschicke der Kirche bestimmen.
Der Roman nimmt Bezug auf wahre Ereignisse rund um die Kirche am Lauerhaas und die Evangelische Kirchengemeinde in den 30er Jahren, ist aber in seiner Grundanlage fiktiv. Gleichzeitig spannt Albrecht Holthuis den Bogen in die Gegenwart. Handlungsorte sind Rheinstadt, natürlich eine Anspielung auf Wesel, Millerstown in Maryland (USA) sowie Israel. Der Roman soll die Vergangenheit insbesondere des „Kirchenkampfes der 30er Jahre“ mit der Gegenwart verbinden, in der die Kirchenvertreter anderen Herausforderungen gegenüberstehen.
Eigene Erfahrungen mit reingebracht
Ursprünglich sollte das Werk als Printausgabe pünktlich zum 90. Geburtstag der Kirche am kommenden Montag erscheinen, doch der Verlag war schneller. So ist nach der E-Book-Veröffentlichung nun auch das gebundene Werk in den Buchhandlungen Korn und Thalia erhältlich. Sollte es vergriffen sein, können weitere Ausgaben geordert werden.
Wenngleich Protagonist und Schauplatz fiktiv sind, hat Albrecht Holthuis in die Darstellung seiner modernen Figur Bert Winter auch „eigene Erfahrungen aus dem kirchlichen Bereich mit hineingebracht.“ Denn gerade jetzt befindet sich Kirche im Allgemeinen in einer Sinnkrise mit mehr oder weniger großen Zukunftsängsten. Und oft ist ein Pfarrer eben der letzte Hirte, der sich mit den Problemen seiner Zeit auseinandersetzen muss. So muss auch Bert Winter ständig mit der Sorge um den Fortbestand seiner Kirche leben.
Wer weiß, vielleicht bleibt „Der letzte Hirte“ nicht gleichzeitig auch der letzte Roman von Albrecht Holthuis. „Ich habe schon ein paar Pläne und die Motivation weiterzumachen“. Klingt tatsächlich nach einer Fortsetzung der Arbeit als Hobby-Schriftsteller….