Schermbeck. Die 156 Jahre alte Tradition des Männergesangsvereins kann nicht mehr weitergeführt werden. Der Chor kooperierte bereits mit dem MGV Gahlen.
Der Männergesangsverein MGV Eintracht 1865 löst sich auf. Die 156 Jahre lang gepflegte Gesangstradition wird damit beendet. Damit gehören große vom MGV getragene Musikereignisse wie Pfingstfest oder Weihnachtskonzerte der Vergangenheit an. Die Mitgliederversammlung gab den beiden Vorsitzenden Wolfgang Kimpenhaus und Wolfgang Paul einstimmig den Auftrag, den Chor aufzulösen. Von der Einstimmigkeit wurde der Vorstand überrascht. „Dass es so keine Diskussion gab und keine Aussprache, das hat uns schon berührt“, berichten die beiden Vorsitzenden. Aber: „Was nicht am Leben erhalten werden kann, sollte man beenden“, sind sie überzeugt.
Immer weniger aktive Sänger
Das eigentliche Chorsterben kam allerdings nicht plötzlich, sondern hat sich mehr oder weniger in den letzten Jahren angekündigt. Trotz Werbemaßnahmen wurden die aktiven Sänger immer weniger. Aus diesem Grund hatten sich die Sänger bereits vor rund fünf Jahren mit dem MGV Gahlen zu großen Chorereignissen zusammengefunden.
Im Januar 2020 waren es noch 22, im Januar diesen Jahres nur noch aktive 17 Sänger. Tod und Krankheit – das Lebensalter der verbliebenen Sänger liegt im Durchschnitt bei 75 Jahren – der Umzug in seniorengerechte Wohnungen außerhalb von Schermbeck, Urlaub nach längerer Corona-Abstinenz, Arbeitsbelastung und nicht zuletzt 25 Prozent Desinteresse - letzteres bedauerten die Vorsitzenden sehr - führten dazu, dass zu dem im September wieder aufgenommenen Probenbetrieb maximal acht Sänger kamen. Weit weniger als das vom Chorleiter Jörg Remmers geforderte Limit von zehn Personen.
Hinzu kam, dass die Unterstützung der Sänger des MGV Gahlen bei den Proben ausblieb. Kimpenhaus berichtet: „Aus Gahlen kamen schon mal sechs Sänger, aber im Gegenzug fuhren von uns leider weniger nach Gahlen, das empfanden die Gahlener Sänger als Missverhältnis“. Dem guten Verhältnis zueinander habe das aber keinen Abbruch getan.
Durchschnitts-Alter wurde zu hoch
Wolfgang Paul sagt ganz klar und bedauernd: „Wir sind einfach im Durchschnitt zu alt“. Der jahrelange Versuch, neue Sänger zu finden, sei auch immer am Liedgut gescheitert. Die jüngeren Männer konnten sich mit dem Repertoire des MGV aus dem Liedgut großer Volks- und Kunstliedkomponisten wie Schubert, Silcher oder Beethoven nicht anfreunden.
Eine Hinwendung der Chormitglieder zu modernem Liedgut wegen andersartiger Rhythmik oder fremder Sprache misslang. Man kam nicht zusammen und die Jungen gingen wieder.
Im Jahr 2019 hatte der Chor dann versucht, ein Projekt mit den Schüppenschützen zu starten. Aber: „Leider wurde das zart wachsende Pflänzchen durch die Coronapandemie zerstört“, so der Vorsitzende Kimpenhaus mit ein wenig Wehmut in der Stimme. Denn wenn er an die Weihnachtskonzerte, an die Karnevalsveranstaltungen und an die Pfingstfeste denke: „Da haben wir schon einiges richtig gut gemacht“.
Wolfgang Paul wechselt nach Gahlen
Wolfgang Paul erinnert nochmals an die Geselligkeit und an Ausflüge des MGV. Zum Beispiel die Fahrt nach Mallorca und den Auftritt in der Kathedrale von Palma oder im Kloster von Lluc. An die Veranstaltungen mit dem befreundeten Chor in Oberstdorf, die Teilnahme am dortigen Jubiläum, an die Proben bei „Dörni“ am Bügelbrett – eine Menge fiel ihm ein, was für ihn die Gemeinschaft im Chor ausgemacht hat.
Seit 25 Jahren ist er dabei gewesen und wird nun nach Gahlen überwechseln. Wolfgang Kimpenhaus zieht im Frühjahr nächsten Jahres nach Essen und beabsichtigt eigentlich nicht, sich noch einmal einem Chor anzuschließen. Jetzt haben sie erst einmal noch eine Menge zu tun. Denn der Verwaltungsakt rund um die Auflösung des Chores der jetzt folgt, ist eine Menge Arbeit.