Kreis Wesel. Aktuell sind es vor allem zwei Maschen, mit denen Betrüger es auf das Geld von Senioren abgesehen haben. Ein Polizist erklärt, wie sie vorgehen.

Sie setzen auf die Angst ihrer Opfer und auf großen Druck: Aktuell verzeichnet die Kreispolizei eine Welle von Betrugsdelikten, mit denen ältere Menschen um ihr Geld gebracht werden. Eine derzeit gängige Masche sind Anrufe falscher Polizisten, wie ein aktueller Fall in Wesel zeigt: Ein Betrüger gaukelt einer 79-Jährigen vor, dass ihr Name auf einer Liste steht, die man entdeckt hat, nachdem in der Nachbarschaft eine Frau überfallen wurde. Die Seniorin sollte Bargeld und ihre Bankkarte vor die Tür legen, damit die „Polizei“ sie abholen kann – was sie dann auch tat. Wie schaffen Täter es, ihre Opfer immer wieder zu überrumpeln? Darüber sprachen wir mit Michael Kootz-Landers vom Kommissariat Kriminalprävention und Opferschutz.

Falsche Polizisten und Schockanrufe

Aktuell sind es im Kreis Wesel zwei Maschen, die den Beamten täglich auffallen: Die falschen Polizisten und die Schockanrufe. In beiden Fällen, so Kootz-Landers, setzen die professionell organisierten Täter, die meist aus „Call Centern“ im Ausland agieren, auf Masse. „Auf eine Vielzahl von Anrufen kommt ein Erfolg.“ Da die erbeuteten Summen im vier- bis fünfstelligen Bereich liegen, lohnt sich der Aufwand. Helfer sind vor Ort unterwegs, um die Beute abzuholen.

„Die Anrufer treten sehr glaubwürdig auf“, sagt der Kriminalhauptkommissar. „Und sie spielen mit der Angst der Menschen.“ Im Telefon-Display erscheint die 110 oder eine örtliche Vorwahl. Die Geschichten der Täter sind sehr komplex: Es wird behauptet, die Polizei stünde kurz vor dem Zugriff auf eine Tätergruppe – zu der gelegentlich sogar Bank- oder Behördenmitarbeiter gehören – und alles ist natürlich geheim. Darüber zu sprechen, könne die Aktion gefährden.

Betrüger bauen großen Zeitdruck auf

Die Betrüger arbeiten mit vielen Tricks. Michael Kootz-Landers berichtet von einem Fall, in dem einem misstrauisch gewordenen Opfer angeboten wurde, das Gespräch zu beenden und die 110 anzurufen. Nach einem Signalton, so der Betrüger am Telefon, könne das Opfer einfach den Notruf wählen, auflegen sei nicht nötig. So blieb die Frau ohne es zu wissen in der Leitung und ladete in einer vermeintlichen „Notrufzentrale“, ein Komplize verband sie wieder mit dem Ganoven.

Die Täter, weiß Kootz-Landes, sind auch sehr geschickt darin, den Senioren Informationen zu entlocken und diese in die Geschichte einzubauen. „So erscheint alles schlüssig.“ Und immer wird großer Zeitdruck aufgebaut.

16 Anrufe bei einer Senioren in Wesel

In einem Fall in Wesel haben die Täter gleich 16 Mal angerufen. Die Frau sollte Geld von der Bank abheben und es vor ihrem Haus ablegen. Die Täter haben die Frau vom Haus bis zur Bank am Handy begleitet. Das Gespräch dauerte knapp 90 Minuten. Es bestehen so gut wie keine Chancen, „verlorenes“ Geld wiederzubekommen.

Das gilt auch für Schockanrufe. Hier treten ebenfalls falsche Polizisten oder Staatsanwälte auf. Sie berichten von einem Unfall, den ein Angehöriger verursacht hat und bei dem ein Mensch ums Leben kam. Sie fordern eine Kaution. Die Täter sind gut vorbereitet, wissen, wo die nächste Bank oder ein Taxistand ist und sprechen gut deutsch, weiß der Weseler Kriminalbeamte. Maschen wie eine Geldübergabe mit Codewort täuschen zusätzlich falsche Sicherheit vor.

Wenn ein Betrüger anruft: Die Polizei gibt Verhaltenstipps

Die Polizei gibt immer wieder Verhaltenstipps: Wichtig ist, Ruhe zu bewahren, sich nicht unter Druck setzen zu lassen. Die Polizei fordert niemals dazu auf, Geld herauszugeben und ruft nicht unter der Nummer 110 an. Die Angerufenen sollten am Telefon keine persönlichen oder finanziellen Informationen preisgeben und Geldbeträge auf keinen Fall an Unbekannte übergeben. Wer unsicher ist, sollte auflegen und die 110 oder die örtliche Polizei anrufen – aber nicht über die Wahlwiederholung, sondern neu wählen. Gerade bei Schockanrufen sollten die Angerufenen sofort das Gespräch beenden.

In einer Woche 30.000 Euro Schaden durch Betrug

Die Bilanz der Polizei aus dieser Woche im Kreis Wesel zu Taten, die zum Erfolg führten: Es gab zwei Fälle von falschen Polizisten, ein Fall von dubiosen Gewinnversprechen am Telefon und eine angebliche Spendensammlerin, die bei einem Hausbesuch Geld und Schmuck mitgenommen hatte. Insgesamt entstand dabei ein Schaden von mehr als 30.000 Euro. Daneben registrierte die Polizei eine Vielzahl von gescheiterten Versuchen.

Die Polizei geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Denn viele ältere Menschen schämen sich dafür, dass sie auf die Tricks der Betrüger reingefallen sind. Taten sollten aber immer angezeigt, werden, rät die Polizei.

Weitere Informationen auf der Internetseite polizei-beratung.de. Infomaterial hält auch die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle an der Schillstraße 46 in Wesel bereit ( 0281/1074420).