Wesel. Die Corona-Krise verschärft die Probleme beim Schwimmunterricht. Wasserzeiten waren schon vorher begrenzt, im Lockdown fallen Kurse komplett aus.
Schwimmen lernen wurde schon vor Corona-Zeiten für viele Kinder zum Problem. Mit dem Lockdown, den massiven Einschränkungen und dem wegfallenden Schwimmunterricht wurde es 2020 fast unmöglich.
Schon 2017 waren laut einer Forsa-Umfrage über 60 Prozent der Zehnjährigen keine sicheren Schwimmer. Mit der Corona-Pandemie wird sich diese Problematik weiter verschärfen – auch in Wesel.
„Ich habe mal gerechnet: Im letzten Jahr waren es in Wesel etwa 400 Kinder, die auf Grund der Situation nicht normal schwimmen lernen konnten“, erklärt Ralph List von der DLRG Ortsgruppe Wesel. Somit staut sich einiges auf und die Wartelisten für Schwimmkurse werden noch länger.
Dabei lässt sich derzeit nicht abschätzen, wann Schwimmbäder überhaupt wieder öffnen können. „Wir haben ja auch noch Kinder, deren Schwimmkurse durch den Lockdown abgebrochen werden mussten“, erklärt Timo Gertönis, Inhaber der Schwimmschule Tigerhaie.
Probleme fingen weit vor Corona an
„Die Lage entwickelt sich seit 25 Jahren schon in eine sehr negative Richtung“, weiß Ulf Priewe, zweiter Vorsitzender des Weseler Schwimmvereins. Dabei fehlen vor allem Wasserzeiten in den Bädern, so dass Kinder in Schwimmkursen im Normalbetrieb nur etwa 30 Minuten pro Woche im Wasser üben konnten.
Laut Priewe sind dafür auch kleinere Zeitfenster von Schwimmlehrern, Eltern und auch Kindern ein Grund. Dadurch, dass viel mehr Leute berufstätig seien und auch die Kinder mittlerweile viel Nachmittagsunterricht haben, bleibe wenig Zeit für Schwimmunterricht. Er wünscht sich auch mehr Unterstützung von der Politik.
„Früher haben wir mit dem Verein drei Mal die Woche die gesamte Fläche im Heubergbad nutzen können“, so Priewe. Der 500 Mitglieder starke Weseler Schwimmverein sei sehr enttäuscht von der Stadt Wesel, da die Kosten für die Bädernutzung stark angestiegen seien.
Seepferdchen reicht nicht
Die perfekte Zeit für Kinder schwimmen zu lernen, liegt zwischen fünf und sieben Jahren. „Je älter die Kinder werden, desto länger dauert es oftmals schwimmen zu lernen“, erklärt Rettungsschwimmer Ralph List. Die frühzeitige Wassergewöhnung wäre dabei sehr wichtig, damit keine Ängste entstehen.
Das bestätigt auch Schwimmlehrer Gertönis: „Zehnjährige begleite ich auch mal fast ein ganzes Jahr, bis sie sicher schwimmen können.“ In diesem Alter sei oftmals die Motivation nicht gegeben oder die Kinder haben in ihrer Freizeit schlechte Erfahrungen im Wasser gemacht. „Dabei sollen Kinder Spaß haben.“
Wirklich sicheres Schwimmen geht über das Seepferdchen-Abzeichen hinaus. „Um als sicherer Schwimmer zu zählen, sollte mindestens Bronze erreicht werden, wenn man jetzt in Abzeichen denkt“, erklärt Ulf Priewe.
Für das Bronze-Abzeichen muss man mindestens 15 Minuten am Stück schwimmen können und in dieser Zeit eine Strecke von 200 Metern schwimmen. Hinzu kommen die Baderegeln und Tauchübungen.
Lassen sich die Probleme lösen?
Damit es im Schwimmunterricht eine Trendwende gibt, muss einiges geschehen. Natürlich müssen die Bäder erst überhaupt wieder aufmachen dürfen. Nach dem Lockdown und der Corona-Krise folgt aber eine ganze Generation, die Gefahr läuft, in weiten Teilen von Nichtschwimmern durchsetzt zu sein.
„Stadt und Vereine müssen sich zusammen eine Strategie überlegen, um das wieder aufzufangen“, fordert Ralph List. Denn nach dem Lockdown ist damit zu rechnen, dass zunächst weniger Kinder pro Kurs aufgenommen werden können.
Kursangebote finanziell unterstützen
An erster Stelle müsste das Kursangebot ausgeweitet werden. Beispielsweise sollten dazu Hallenbäder auch während der Freibadsaison genutzt werden können. Zudem würde sich List wünschen, dass die Politik Kursangebote finanziell unterstützt, um finanzschwächeren Familien zu helfen.
Ein weiterer Appell geht an die Eltern, die ihren Kindern soweit wie möglich zumindest Basiswissen und die Grundfähigkeiten vermitteln sollten. „Dafür wären aber auch Angebote zur Selbsthilfe für die Eltern nötig“, so List.