Wesel.. Wenn an diesem Sonntag der private Betreiber Abellio drei Bahnlinien am Niederrhein übernimmt, geht der Blick dort schon voraus in den April.

Ab diesem Sonntag ändert sich vieles im Bahnverkehr in der Region. Das neue Niederrheinnetz geht an den Start, betrieben vom Unternehmen Abellio Rail NRW, statt wie bisher von der Deutschen Bahn (DB). Außer beim „Bocholter“ (RB32) werden neue Triebfahrzeuge fahren und es gibt eine neue Linie,die von Düsseldorf über Wesel in die Niederlande führt: RE19.

Die bisherige Linie RE5 wird weiterhin von der DB betrieben, endet aber künftig bereits in Wesel. Kurzum: „Bei einem Fahrplanwechsel kann immer etwas schief gehen“, sagt Sabine Tkatzik, Sprecherin des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR). Diesmal aber ist das Risiko vielleicht geringer.

„Die neuen Fahrzeuge sind schön eingefahren“

Seit 1. August waren einzelne der neuen Züge vom Typ Stadler Flirt³ im Test-Einsatz – im laufenden Betrieb auf der Linie RB 35, die ab Sonntag Wesel über Duisburg mit Mönchengladbach verbindet. Mit der DB war ein „sanfter Übergang“ vereinbart worden, trotz Konkurrenz. Insgesamt 100.000 Zugkilometer wurden seitdem zurückgelegt. „Ohne größere Probleme“, hieß es jüngst bei Abellio.

„Die Fahrzeuge sind schon schön eingefahren“, sagt Philipp Thielmann, bei Abellio örtlicher Betriebsleiter für das Fahrpersonal im Niederrheinnetz. Bei der offiziellen Jungfernfahrt kürzlich von Duisburg nach Wesel gab es nach wenigen Metern auf der Rückfahrt zwar plötzlich einen Zwangsstopp - „weil eine Tür nicht richtig geschlossen war“. Das Problem war nach kurzer Zeit geklärt.

Niederländisch-Sprachkurs und acht Bahn-Prüfungen

Dabei richtet sich der Blick bei Abellio bereits auf den 6. April 2017. Dann soll die Linie RE19 bis Arnheim verlängert sein, mit stündlicher Anbindung des rechten Niederrheins in die Niederlande

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. © hh/abellio | wnm

 Der Aufwand für die etwa 20 zusätzlichen Gleiskilometer von Emmerich aus ist enorm: Alle 22 Triebfahrzeugführer dieser Linie mussten dafür erneut in die Schule und insgesamt neun Prüfungen absolvieren. 17 Abellio-Fahrzeugführer haben die bereits absolviert, darunter Thielmann und der zuständige Ausbildungslokführer des Unternehmens, das eine Tochter der niederländischen Bahn ist.

Gleiche Schienen, aber andere Bahn-Vorschriften

„Am Anfang stand ein Niederländisch-Kurs mit Abschlusstest auf dem Sprachlevel B1“, sagt Thielmann. Dann folgten acht Bahn-Prüfungen, um auch in den Niederlanden Züge bewegen zu dürfen. “In den Niederlanden gibt es zum Teil andere Regeln und Vorschriften“, sagt Thielmann. Am Ende wartete der Abschluss: „Volledig bevoegt“, also zu hundert Prozent befähigt, im Nachbarland Züge zu steuern - „und nicht nur für den kleinen Grenzverkehr“, sagt Thielmann.

55 Triebfahrzeugführer werden insgesamt für Abellio im Niederrheinnetz tätig sein, viele davon waren zuvor bei der Bahn-Tochter DB Regio NRW beschäftigt, deren Marktanteil in den vergangenen Jahren geschrumpft ist. Einige Triebfahrzeugführer werden noch für den Betrieb in den Niederlanden ausgebildet; drei Monate dauert diese Schulung, inklusive Sprachabschluss.

Info-Tafeln im Zug sind bereits zweisprachig

Obwohl es nur um etwa 20 Streckenkilometer auf niederländischer Seite geht mit den Bahnhöfen Zevenaar und Arnheim, ist der Ausbildungsaufwand für das Personal groß. Auch der technische: Sieben der insgesamt 21 Triebfahrzeuge, die Abellio am Niederrhein einsetzen wird, mussten mit Blick auf den Verkehr in den Niederlanden so umgerüstet werden, dass sei mit drei verschiedenen Stromnetzen klar kommen. Reisende erkennen jetzt bereits, dass die Linie bald grenzübergreifend verkehrt: Info-Tafeln im Zug sind zweisprachig, deutsch und niederländisch.

Philipp Thielmann fühlt sich vor der Betriebsaufnahme am Sonntag „entspannt“. Er spüre aber auch „etwas Bauchkitzeln“, sagt der 28-Jährige. Wird alles gelingen? „Es ist schon was anderes, wenn wir dann wirklich für den Betrieb der Linien verantwortlich sind“, sagt er.

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