Wesel. Nachbarn an der Absturzstelle in Lackhausen sind genervt. Die Ursache bleibt rätselhaft: Pilot der Unglücksmaschine hatte jahrelange Erfahrung.
Am zweiten Tag nach dem Flugzeugabsturz mit drei Toten in Wesel-Lackhausen gibt die Ursache für das Unglück noch immer Rätsel auf. Experten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung haben die Ermittlungen aufgenommen – doch bis sie Ergebnisse liefern, können zwei Monate vergehen, bestätigt Alexander Bayer von der Staatsanwaltschaft Duisburg. Ein technischer Defekt sei wahrscheinlich. Nicht ausgeschlossen werden könne aber auch menschliches Versagen.
Der Pilot, bei dem es sich um einen 55-Jährigen aus Hattingen handeln soll, habe jedoch über jahrzehntelange Flugerfahrung verfügt. Er starb ebenso wie sein Begleiter, der nach NRZ-Informationen sein Vater war. In Wesel herrscht derweil immer noch Fassungslosigkeit.
Wesel: Menschen legen am Ort des Flugzeugabsturzes Blumen nieder
Am Unglücksort haben Menschen Blumen und Kerzen vor das Mehrfamilienhaus gestellt. Regina Hüsgen ist mit ihren Zwillingen Larisa und Laura (5) gekommen, sie wohnt wenige hundert Meter entfernt. „Ich bin auch eine alleinerziehende Mutter“, erklärt sie mit Blick auf die ums Leben gekommene 39-Jährige, warum sie der Unfall so trifft.
Ein zweijähriges Kind überlebte wie berichtet das Unglück. Am Montagmittag sind die Bewohner des Sieben-Parteien-Hauses damit beschäftigt, ihre Habseligkeiten aus den Wohnungen zu holen. Das Gebäude ist durch den Einschlag, das Feuer und das Löschwasser schwer beschädigt. Einige Familien haben bereits Unterkünfte gefunden. Drei Parteien leben noch im Hotel, die Stadt hilft ihnen nun bei der Suche nach einer Wohnmöglichkeit.
Schräg gegenüber steht Thorsten Ricker vor seinem Haus und blickt auf den verkohlten Dachstuhl. Er hat am Samstag um 14.40 Uhr einen lauten Knall gehört. Als er aus dem Haus lief, sah er das Ultraleichtflugzeug im Dachgeschoss stecken – dort, wo die Küche war. Ein Teil des Fahrgestells und eine Tragfläche waren noch zu erkennen.
„Tourismus“ an der Absturzstelle nervt die Anwohner
Die Flammen haben schnell um sich gegriffen, erzählt er: „Ich hätte nicht gedacht, dass ein Dachgeschoss so schnell brennen kann.“ Ein Motorengeräusch hat er vor dem Einschlag nicht gehört. Er schüttelt den Kopf. „Da wird einem klar, wie schnell das Leben zu Ende gehen kann.“
Immer wieder fahren in der Anliegerstraße Autos vor, Menschen spazieren auf und ab. Das geht seit Sonntag so, berichtet Thorsten Ricker. „Der Tourismus nervt schon. Die kommen mit Autos, fotografieren und filmen.“ Zum Teil werden dafür sogar die Anwohnerparkplätze blockiert.
Pilot hat sich vernünftig auf den Flug vorbereitet
Das Unglück beschäftigt auch die Luftsportfreunde Wesel-Rheinhausen, die auf dem Flugplatz Römerwardt ihre Heimat haben. Achim Strobel, Sascha Kujath und Heiko Sondermann vom Vorstand tragen sich am Mittag in das Kondolenzbuch der Stadt im Rathaus ein.
Am Samstag war das später verunglückte Flugzeug des Typs TL 96 mittags in Wesel angekommen. Heiko Sondermann hat den Piloten landen und starten sehen – völlig unauffällig, versichert er. Sascha Kujath ergänzt: „Der Pilot hat sich vernünftig auf den Flug vorbereitet. Er ist die Platzrunde völlig akkurat geflogen“. Diese vorgeschriebene Runde in gut 270 Metern Höhe drehen nicht alle Piloten von außerhalb so vorschriftsmäßig, sagt er.
Absturzursache: „Da muss etwas Extremes passiert sein“
Mit seinem Begleiter hat sich der Pilot aus Hattingen eine Weile in der Gaststätte Tante Ju aufgehalten. Danach haben sich die beiden auf den gut 25 Minuten langen Heimweg in Richtung Marl gemacht. Der Pilot habe sich ordnungsgemäß bei der Flugleitung abgemeldet und sich noch für die Gastfreundschaft bedankt, wissen die Luftsportfreunde. Nur Minuten später stürzte die Maschine ab.
Einen Notruf hat es nicht gegeben. Achim Strobel ist sich sicher: „Da muss etwas Extremes passiert sein“. Ein Herzinfarkt? Ein Vogelschlag? Derzeit ist alles Spekulation. Überzeugt sind die drei Luftsportfreunde aber davon, dass das Notfallsystem des Ultraleichtfliegers nicht in Ordnung war.
Ultraleichtflugzeug ist „in keinster Weise unsicher“
Der Fallschirm wurde ein Stück vom Unfallort entfernt an der Konrad-Duden-Straße gefunden. Normalerweise fängt er das Flugzeug im Notfall ab. „Da muss ein technischer Defekt im Rettungsschirm gewesen sein.“
Der Verein hat selbst ein Ultraleichtflugzeug, diese seien grundsätzlich „in keinster Weise unsicher“, versichert Kujath. Obendrein müssten die Flugzeuge jährlich geprüft werden.