Wesel..


Wenn der Verein Zeitsprünge zum Frühmittelalter-Markt lädt, dann sind rund um Schloss Diersfordt die Handwerker los. Mehr als 300 Darsteller machen mit, und die Aktiven möchten mehr als nur zwei unterhaltsame Tage mit Einblicken in Leben und Kleidung der Menschen im Mittelalter bieten. Sie wollen Geschichte lebendig werden lassen machen – wer will, weiß nach dem Besuch mehr über Ereignisse, die sich unter anderem in Bislich und Diersfordt abgespielt haben.

Tagung zum Gräberfeld von Bislich

Schwerpunkt sind am 10. und 11. September die Wikingereinfälle am Niederrhein im 9. Jahrhundert. „863 - Wikinger in Wesel“ ist der Titel. Und passend zu diesem Thema können Besucher mit einem Wikingerschiff über den Diersfordter Waldsee rudern. Es ist ein Original-Nachbau, und der Verein Zeitsprünge hat sich die Genehmigung für die Touren geholt. Mit Einweisung dauert eine solche Tour eine halbe Stunde, Erwachsene zahlen drei Euro.

Wie es wohl ausgesehen hat, als die Wikinger in Lippeham – also Bislich – einfielen? Sie haben im Jahr 863 Xanten, Duisburg und Lippeham überfallen, schließlich schlugen sie ihr Lager auf der damaligen Rheininsel Lüttingen auf. Zehn Minuten dauern die Kampfvorführungen, die an beiden Tagen auf dem Frühmittelaltermarkt gezeigt werden.

Und es gibt ein Novum in diesem Jahr. Erstmals bietet Zeitsprünge eine Living-History-Tagung Frühmittelalter an, am Freitag vor dem Markt, 9. September. Renommierte Fachleute sollen Einblicke in damalige Handwerkstechniken geben, das Leben der Menschen vorstellen, die Geschichte des Niederrheins und mehr. In erster Linie ist die Tagung als Angebot an die historischen Darsteller des frühen Mittelalters gedacht, schließlich soll alles so authentisch wie möglich sein. Willkommen sind aber auch alle anderen, die sich für Archäologie und Geschichte des Frühmittelalters interessieren.

Aus heimathistorischer Sicht dürfte der Vortrag von Dr. Christoph Reichelmann der Höhepunkt der Tagung sein. „Er hat als Student an den Ausgrabungen des Bislicher Gräberfelds teilgenommen“, erläutert Peter Bruns, Vorsitzender des Vereins Zeitsprünge. „Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Wesel-Bislich – Seine Bedeutung für den unteren Niederrhein“ ist sein Thema. „Bis heute sind die Funde nicht erforscht“, bedauert Bruns, „sie lagern in Archiven und warten darauf, dass jemand sie wissenschaftlich bearbeitet.“ Seit 40 Jahren ist das so. Dabei waren die Funde verblüffend: Offenbar wurde ein hoch gestellter Verstorbener mit seiner Kutsche beigesetzt. Samt Pferden.

Reichmann wird die Grabung und ihre wichtigen Ergebnisse vorstellen. Dann geht es um die Bedeutung des Ortes: Gehört das Gräberfeld zu dem in den Reichsannalen genannten Ort Lippeham? Man geht davon aus, dass Lippeham Bislich ist. Karl der Große hielt sich in Lippeham mehrfach auf, zog von hier aus gegen die Sachsen. Und: Der Elefant, der Kalif Harun al Raschid dem Kaiser geschenkt hatte, ist hier verendet. Die Tagung geht von 12.30 bis 18 Uhr, wer dabei sein möchte, findet das Anmeldeformular im Internet (zeitspruenge-ev.de). Für Darsteller ist die Tagung kostenlos, Gäste zahlen zehn Euro.