Wesel/Hamminkeln. Der Hamminkelner hatte sich an Steuer gesetzt, obwohl er vorher beim Augenarzt war. Schon beim Ausparken fuhr er einem Polizisten ins Auto.

Diese Gerichtsverhandlung am Weseler Amtsgericht war anders, als die meisten anderen. Deshalb sagte der Richter auch zu dem Angeklagten kurz vor seinem Urteil: „Ich meine, dass man bei Ihrem Alter nicht mit der vollen Härte des Strafrechts zuschlagen muss.“ Trotzdem wurde der 86-jährige Hamminkelner wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 1800 Euro verurteilt – zudem wird ihm für anderthalb Jahre die Fahrerlaubnis entzogen.

Letzteres war eigentlich gar nicht mehr nötig, denn der Senior ließ bereits zuvor über seinen Verteidiger ausrichten, dass er seit jedem Vorfall am 23. September 2021 eingesehen habe, dass es sicherlich besser ist, den Führerschein freiwillig abzugeben und sich nie mehr ans Steuer zu setzen. Denn alle Verfahrensbeteiligten waren sich einig: Diese „Irrfahrt“ (so nannte es der Verteidiger) des Rentners hätte auch wesentlich schlimmer ausgehen können.

Ein Missverständnis führte zu der Tat

Dabei beruhte letztlich alles auf einem Missverständnis: Der Hamminkelner war im September mehrmals zur Behandlung bei einem Augenarzt in Wesel. Weil er wusste, dass er dabei ein Medikament zur Pupillenerweiterung erhielt, ließ er sich normalerweise von seinem Sohn dorthin fahren. Am Tattag fuhr der Angeklagte aber selber zu dem Arzt, weil er davon ausging, es handele sich an dem Tag nur um eine Kontrolle – ohne Behandlung. Erst als er doch wieder das Medikament bekam, merkte er, dass er sich geirrt hatte. Er unterschrieb sogar noch in der Arztpraxis, dass er darüber aufgeklärt wurde, auf gar keinen Fall aktiv am Straßenverkehr teilzunehmen.

Weg nach Ringenberg nicht gefunden

Fatalerweise setzte er sich aber dennoch in sein Auto, das in der Grünstraße in Wesel geparkt war und wollte den Heimweg nach Ringenberg antreten – doch da kam er nicht an. Schon das Ausparken misslang: Das Fahrzeug der Beschuldigten krachte in ein geparktes Auto, das ausrechnet einem Polizisten gehörte. Neben dem Schaden von 1600 Euro an dem Fahrzeug des Polizisten riss bei dem Auto des Seniors die Stoßstange ab, trotzdem fuhr er sofort weiter Richtung Ringenberg.

Unterwegs fiel er unter anderem auf der B473 mehreren Verkehrsteilnehmen auf, weil er offenbar in Schlangenlinien unterwegs war, mehrmals auf die Gegenfahrbahn kam und immer wieder ganz knapp an der Leitplanke vorbeifuhr.

Die von zahlreichen Zeugen alarmierte Polizei schaffte es schließlich nach über 20 Kilometern Irrfahrt in Bocholt den Senior aus dem Verkehr zu ziehen. Der Rentner, der offenbar auch noch stark unterzuckert war, machte laut Polizei einem völlig verwirrten Zustand. Ursprünglich war auch noch die Fahrerflucht nach dem Unfall beim Ausparken mit angeklagt, mit Blick auf die andere Verurteilung wurde dieses Verfahren aber eingestellt.