Xanten.

Nach mehreren Monaten Odyssee quer durch Südosteuropa und nach einigen Wochen unter anderem im Übergangslager in Mönchengladbach hatten Aram Jaff, seine Frau Basoz sowie die beiden Kinder Sha und Shyla in Marienbaum eine feste Wohnung gefunden. Rund 80 Quadratmeter mit Wohnzimmer, elterlichem Schlafzimmer und einem Raum für den heute elfjährigen Jungen und das siebenjährige Mädchen. Das war vor über vier Jahren. Doch dann kam amtliche Post mit der Aufforderung, in die Flüchtlingsunterkunft am Küvenkamp umzuziehen. Dort sollten, wie Aram Jaff berichtet, zuerst alle vier in einem Zimmer untergebracht sein, dann, nach Intervention des Anwalts, in zwei Räumen plus Aufenthaltsraum, Küche und Bad zur alleinigen Nutzung.

Für ihren Betreuer Jussef Jussef von der Flüchtlingshilfe ist dies nicht akzeptabel. Die irakische Familie sei in Marienbaum integriert, argumentiert er. Die Kinder hätten hier Freunde gefunden, ein Umzug zum Küvenkamp wäre für alle eine erneute Konfrontation mit dem Trauma der Flucht und dem Elend, das die Familie unterwegs erlebt habe.

180 Flüchtlinge und Asylbewerber betreut die Stadt derzeit in Xanten. Einige kamen wie die Familie Jaff auf dem Höhepunkt der Zuzugswelle 2015/2016. Die Kommunen waren mit der Unterbringung überfordert und suchten nach Auswegen, wie sie den vielen Menschen ein Dach über dem Kopf geben konnten. Xanten mietete unter anderem Wohnungen an und ließ zudem das Gebäude am Küvenkamp bauen, speckte die Planung aber noch rechtzeitig ab, als doch weniger Flüchtlinge kamen als angenommen. Statt für 300 Personen wurde „nur“ noch Wohnraum für rund 180 Männer, Frauen und Kinder errichtet. Das war, wie sich später herausstellte, immer noch zu viel. Es gibt also Leerstände. Nun beschloss der Rat, alte Mietverträge für Privatwohnungen zu kündigen und die Bewohner ebenfalls am Küvenkamp unterzubringen. Derzeit sind noch zwölf Wohnungen gemietet. In der Hochphase der Flüchtlingskrise waren es 44. „Grundsätzlich sollen alle privat angemieteten Wohnungen wieder dem freien Wohnungsmarkt zugeführt und die Flüchtlinge entsprechend in unseren Unterkünften untergebracht werden. Natürlich nur solange wir ausreichend Kapazitäten haben“, erläutert Michael Verhalen von der Stadt.

Aram Jaff wartet noch auf einen endgültigen Bescheid für die Anerkennung als Flüchtling. Mit der Familie ist er aus dem Irak geflohen, weil er in dem zerrissenen und von Kämpfen heimgesuchten Land die Sicherheit für sich und die Seinen gefährdet sah. „Wir konnten weder im Norden noch im Süden bleiben“, erläutert der 42-Jährige, „ich befürchtete Rache und Gewalt“. Also floh die Familie über die Türkei, Griechenland und die Balkanroute nach Deutschland. In einem Auto, mit Bus und Zug oder zu Fuß.

Die Kinder gehen zur Viktor-Grundschule, Vater Aram hat schon mehrere Deutschkurse belegt und spricht die Sprache fast fließend. Er arbeitet gegen eine kleine Aufwandsentschädigung als Hausmeister und übersetzt ehrenamtlich zum Beispiel für die Polizei, das Sozialamt, Jobcenter und Ärzte.

Die Wohnung an der Kalkarer Straße hat er selbst renoviert, die wenigen Möbel im Wohnzimmer sind Spenden. „Ich kenne viele Menschen hier“, erklärt der Schweißer, der nach seiner Anerkennung als Asylbewerber und nach einer entsprechenden Weiterbildung gerne in diesem Beruf arbeiten möchte.

„Der falsche Weg“

„Die Familie ist in der Nachbarschaft beliebt“, sagt der Betreuer. Er hofft darauf, dass sie weiter in einer eigenen Wohnung bleiben darf. Bei einem Umzug hingegen müsse die Familie fast alles zurücklassen; selbst die vier Nymphensittiche – Lieblinge der Kinder – dürften nicht mit, sagt Jussef. „Alle reden immer von Integration. Jetzt ist eine Familie im Ort integriert und soll wieder in eine große Flüchtlingsunterkunft ziehen? Das ist der falsche Weg.“