Oberhausen. Die Städte Oberhausen und Mülheim schließen sich zu einem Fachkräftebündnis zusammen. Firmen sollen schneller Lücken schließen. Das steckt drin.
Als das Evangelische Krankenhaus Oberhausen einen Sterilisationsassistenten suchte, klingelte bei Arbeitsagentur-Chef Jürgen Koch das Handy. Er sei gerade mit seiner Familie auf dem Weg nach Holland gewesen, berichtete er beim Pressetermin im EKO. „Das war ungewöhnlich, aber ich habe die Aufgabe dann an mein Team weitergegeben.“ Die Story dient ihm als Beispiel für kurze Wege, für unbürokratisches Handeln, und wenn es nach Koch geht, werden die Lücken in Zukunft schneller gestopft: Oberhausen und Mülheim haben am Mittwoch eine Charta für ein Fachkräftebündnis unterzeichnet. Ein 7-Punkte-Plan soll dem Mangel an Arbeitskräften in der Region entgegengesetzt werden.
Der Arbeitsmarkt in den Ruhrgebietsstädten gibt derzeit ein seltsames Bild ab: Die Zahl der Beschäftigten erreicht Höchststände, trotzdem fehlt es an Arbeitskräften., konkret ausgebildeten Arbeitskräften. Das hat zu einer fast revolutionären Verschiebung geführt: Statt dass Fachkräfte hoffen, den Job zu bekommen, müssen Firmen heute um ihre (zukünftigen) Mitarbeitenden werben. „Wir müssen das Arbeitsumfeld so gestalten, dass es für unsere Mitarbeitenden passt“, sagt Sven Härtel, Pflegedirektor des Evangelischen Krannkenhauses Mülheim. Benefits wie Radleasing oder ein Springer-Pool für Mütter und ein zugewandterer Umgang tragen dieser Entwicklung Rechnung. „Bei uns sind beispielsweise die Türen immer offen“, meint Härtel.
Fackräftemangel: Kliniken investieren lieber ins eigene Personal
Trotzdem dauert es mitunter Wochen, bis eine neue Pflegekraft gefunden ist. Laut Härtel ist das aber noch ein guter Wert. Im Bereich Führung sei es „schwierig“ neue Fachkräfte zu finden, weil es kaum Interessenten gebe. Die Ategris GmbH, zu der das EKO und das EKM gehören, setzt deshalb auf Weiterbildungen. Mitarbeitende sollen gezielt gefördert werden. Man investiert also lieber ins eigene Personal und erhofft sich dadurch eine langfristige Bindung.
Doch nicht nur in der Pflege herrscht ein Engpass. Gerade auch das Handwerk braucht dringend qualifiziertes Personal, weshalb die Kreishandwerkerschaft zu den Unterzeichnern der Charta gehören. Aber was steckt eigentlich drin in dem 7-Punkte-Plan?
Bündnis zwischen Oberhauen und Mülheim: Gemeinsame Büros und Kampagnen
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In der Präambel heißt es, man werde das „Rad nicht neu erfinden“, aber die Vernetzung und SIchtbarkeit erhöhen. Es soll eine klare Angebotsstruktur geben, Arbeitskräftebüros, Öffentlichkeitswirksame Formate. Und konkret? Zum einen soll laut Mülheims OB Marc Buchholz Bürokratie abgebaut werden. Der CDU-Politiker nennt ein Beispiel: Geflüchtete Ärztinnen und Ärzte müssten zunächst eine Sprachprüfung absolvieren. Die zieht sich in der Praxis aber über ein Jahr. Buchholz erhofft sich durch die Kooperation, dass solche Hemmnisse überwunden werden können.
Zum anderen fehlt es laut Andreas Henseler von der Oberhausener Wirtschaftsförderung an Sichtbarkeit. „Gerade kleinere Unternehmen haben da ein Problem.“ Das Bündnis will die Sichtbarkeit von freien Stellen „in der Breite“ erhöhen. Dafür sollen auch spezielle EInheiten sorgen: Im Oberhausen Bildungsvermittler „B3“ und in der Mülheimer Arbeitsagentur an der Kaiserstraße sollen geschulte Mitarbeitende sitzen, die sich um Weiterbildung und Vakanzen in den Unternehmen kümmern.
Da beide Städte hochverschuldet sind, fließt kein Geld aus der Stadtkasse. Stattdessen soll über die Arbeitsagentur und Weiterbildungsinstitute zusätzliches Geld bereitgestellt werden. Außerdem würde der Bedarf an Stellen angepasst, kündigte Buchholz an. Spätestens nach einem Jahr will sich das Bündnis die erzielten Ergebnisse anschauen. Dann dürfte auch feststehen, ob die Charta mehr als nur eine Absichtserklärung ist.