Oberhausen. NRW hat seit langem Buchstaben-Codes auf Auto-Kennzeichen verboten, die an Nazi-Organisationen erinnern. Oberhausen prüft nun weitere Verbote.

Alarmiert hat ein Mülheimer Leser direkt an den Oberhausener Oberbürgermeister geschrieben, weil er ein „Nazi-Kennzeichen“ an einem Oberhausener Pkw entdeckt haben will. „Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, als Magister der Neueren Geschichte wird Ihnen Führers Geburtstag am 20. 04. 1889 geläufig sein.“ Da sei es doch unmöglich, dass die Oberhausener Straßenverkehrsbehörde Kennzeichen mit Kombinationen vergibt, die auf den Geburtstag von Adolf Hitler anspielen.

Der Leser empfiehlt, die Kennzeichenkombinationen AH als Kürzel für Adolf Hitler oder HH als Kürzel für den verbotenen Nazi-Gruß „Heil Hitler“ mit 204 oder 2004 oder 1889 oder 33 oder 1933 als werbendes Signal für die Machtergreifung der Nazis nicht mehr zu vergeben. Zudem seien diese „umgehend einzuziehen und die Halter zum Wechsel der Kennzeichnung zu zwingen“. Denn: „Heutzutage sollte nirgends Reklame für Adolf gefahren werden.“

NRW verbietet Autokennzeichen mit den Buchstaben NS, KZ, SS, SA und HJ

Doch so einfach, wie der Leser meint, ist das Ganze erst einmal nicht. Zwar nutzen Rechtsextreme durchaus häufiger Zahlen- oder Buchstaben-Codes als identitätsstiftendes Erkennungszeichen untereinander oder um verbotene Nazi-Zeichen zu unterlaufen, doch erst einmal sind Buchstaben nur Buchstaben und Zahlen nur Zahlen.

Wie die Konrad-Adenauer-Stiftung in einem Erläuterungstext betont, werden normale Zahlen erst zu Codes, wenn sie dazu dienen, rechtsextremes Gedankengut zu verbreiten. Wenn beispielsweise der Sohn eines Oberhauseners ein Namenskürzel mit den Buchstaben AH hat und im Jahre 2004 geboren ist, gibt es für eine Straßenverkehrsbehörde keinen Grund, dem Vater die Zulassung der Buchstaben-/Zahlenkombination zu verweigern.

Denn per Landeserlass ist es in NRW wie in anderen Bundesländern nur verboten. auf Autokennzeichen folgende Buchstabenkombinationen zu platzieren: NS (Nationalsozialismus), KZ (Konzentrationslager), SS (Schutzstaffel der Nazis), SA (Sturmabteilung der Nazis) und HJ (Hitlerjugend). Sie dürfen nicht auf Autokennzeichen herausgegeben werden, weil diese an Nazi-Einrichtungen erinnern.

Betrachtet man reine Zahlenkombinationen, dann sind diese zunächst einmal erlaubt - obwohl heute einige von Rechtsextremen als Codes für bestimmte Positionen der Buchstaben im Alphabet genutzt werden. Die Bundeszentrale für politischen Bildung führt als bekanntesten Code die „88“ an. Die Acht repräsentiert den achten Buchstaben des Alphabets, „88“ steht also für „HH“ – den verbotenen Gruß „Heil Hitler“. Ebenfalls populär sind die Zahlencodes „18“ (= AH, für „Adolf Hitler“) oder „28“ (= BH, für das in Deutschland verbotene rechtsextreme Musiknetzwerk „Blood & Honour“). Weitere Beispiele sind „74“ (= GD, Abkürzung für Großdeutschland) oder „1919“ (=SS).

Stadt Oberhausen vergibt die Buchstaben-Kombination IS und den Buchstaben Z nicht mehr

Die Städte selbst können durchaus eigenständig entscheiden, ob sie weitere Zahlen- und Buchstaben-Kombinationen nicht mehr herausgeben, aber dies ist nicht nach Gutdünken erlaubt. Es geht nur dann, wenn die Kombi als „sittenwidrig“ eingestuft wird. Geregelt ist dies mit der notwendigen Begründung im Verbotsfall in der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV). Dort heißt es: „Die Zeichenkombination . . . . darf nicht gegen die guten Sitten verstoßen.“ Nach der Rechtsprechung liegt, so erläutert die städtische Rechtsabteilung, ein solcher Verstoß vor, wenn die Kombination „gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verstößt.

Deshalb hat die Stadt Oberhausen nach den Terrorattacken des „Islamischen Staates“ (IS) und dem Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine entschieden, die Buchstaben IS und Z nicht mehr zu vergeben. „Z“ tauchte als Zeichen auf den russischen Panzern und Militärfahrzeugen auf, die den Angriffskrieg einleiteten. Damit will es die Rathaus-Führung angesichts der zunehmenden rechtsextremen Tendenzen aber nicht bewenden lassen. „Zur Zeit erfolgt die Prüfung, ob weitere Kennzeichen oder Kennzeichenkombinationen gesperrt werden.“

Denn andere Kommunen haben es bereits trotz rechtlicher Unsicherheiten gewagt, die Kombination HH-1933 zu verbieten - und bekamen vor den Verwaltungsgerichten Recht. In einer Eilentscheidung formulierte das Verwaltungsgericht Düsseldorf 2019, dass diese Kombination gegen die guten Sitten verstößt, weil sie vom durchschnittlichen Bürger der Bundesrepublik Deutschland mit dem Nationalsozialismus im Dritten Reich assoziiert wird.

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