Oberhausen. Ein vom Paketboten geliefertes Geschenk für ihren Mann endet in einer Überraschung für eine Oberhausenerin - der Ablageort schockiert!
Ja, wann kommt es denn? Susanne (die anonym bleiben möchte) hat das Geschenk ihres Mannes extra so bestellt, dass sie bei der Lieferung auch zu Hause ist. Doch niemand klingelt an der Tür. „Klapp.“ Der Briefkasten öffnet sich und heraus segelt ein weiß-blauer Papierzettel. Er landet direkt vor den Füßen der Oberhausenerin. „Ihr Paketdienst Hermes war hier“, steht darauf. Handschriftlich ist außerdem notiert, wo sie ihr Paket finden kann: „Hinter blaue Mülltonne“. Die 47-Jährige bekommt einen Schweißaubruch und rennt sofort hinters Haus. Denn sie hatte für ihren Mann diese Weihnachtsüberraschung geordert: einen Rasierer im Wert von über 300 Euro.
Mit der Paketzustellung, egal von welchem Dienstleister, hatte Susanne immer wieder mal merkwürdige Erfahrungen gemacht. Doch meist blieb es bei Vorfällen wie diesen: „Ich sollte mein Paket an der nächsten Paketstation oder im nächsten Paketshop abholen, weil ich nicht zu Hause gewesen wäre.“ Meist hätte dies gar nicht gestimmt und in Auftrag hätte sie einen solchen Ausweichort schon gar nicht gegeben. „Ich versuche, die Lieferzeiten immer so zu legen, dass ich zuhause bin.“ Doch dass Sendungen einfach irgendwo draußen halbherzig versteckt werden, das hatte Susanne bislang noch nie erlebt. „Was wäre denn gewesen, wenn jemand die Pakete einfach mitgenommen hätte? Müsste ich die Ware dann trotzdem bezahlen?“
Wir geben diese Fragen an Petra Gülker von der Verbraucherberatungsstelle in Oberhausen weiter. Ihre Antwort darauf ist klar: „Ein Paket einfach vor der Haustür, im Treppenhaus oder in der Garage abzustellen – das geht gar nicht.“ Es sei denn, es liege eine ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Adressaten vor. „Viele Zusteller behalten sich laut ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen aber vor, das Paket beim Nachbarn abgeben zu dürfen.“
Wer eine Lieferung annimmt, haftet auch dafür
Gülker weist darauf hin, dass der Empfänger aber immer über die Zustellung an einen Nachbarn informiert werden muss – und zwar mit einer Karte im Briefkasten. Doch vorsicht. Wer so nett ist, eine solche Lieferung anzunehmen, haftet auch dafür. „Ist das Paket offensichtlich kaputt und der Nachbar nimmt es trotzdem an, kann es sein, dass er auf den Erstattungskosten dafür sitzen bleibt.“ Das gleiche gilt, wenn ein Nachbar die Ware einfach in den Hausflur legt und das Paket dann plötzlich verschwindet. „Wer eine Sendung annimmt, sollte sie deshalb lieber bis zur Abholung in der eigenen Wohnung aufbewahren.“
Wird ein Paket vom Zusteller aber wie in diesem Fall einfach neben die Mülltonne gelegt und geht dann vielleicht auch noch verloren, ist es der Händler selbst, der den Kaufpreis erstatten muss. Das bestätigt auch Ina Jencke, Unternehmenssprecherin von Hermes Germany. Generell seien alle Paketboten dazu angehalten, bis zu vier Zustellversuche durchzuführen. Werde der Empfänger nicht angetroffen, dürfe das Paket bei einem Nachbarn abgegeben werden. „Schlägt auch dieser Versuch fehl, wird die Sendung wieder mitgenommen und am nächsten Werktag ein erneuter Zustellversuch unternommen.“
Als Alternative zur Haustürzustellung könne auch der Wunsch-Service von Hermes genutzt werden. „Dazu gehört die aktive Beauftragung der einmaligen oder dauerhaften Paketablage an einem vom Kunden im Vorfeld selbst ausgesuchten Ablageort.“ Dies darf dann durchaus auch eine Garage oder ein Carport sein. Da eine solche Zustellung ohne Unterschrift und persönliche Übergabe erfolgt, „haften wir als Paketdienstleister bei einem Verlust oder einer Beschädigung aber auch nicht mehr“.
Verdi: Für ein Paket bleibt den Zustellern oft nur eine Minute Zeit
„Auch die Abgabe in einem unserer rund 17.000 Paket-Shops ist ohne vorherige Beauftragung der empfangenden Person nicht vorgesehen.“ Hier ist bei der Abholung allerdings stets ein Personalausweis vorzuzeigen. Die Einhaltung dieser Standards sei auch für alle Servicepartner verbindlich. „Unsere Schaden- und Verlustquote ist ein gutes Indiz dafür, dass die mit Abstand allermeisten Sendungen unbeschadet ihre Zielorte erreichen“, betont Jencke. Trotz steigender Sendungsmengen liege diese seit Jahren rund um 0,04 Prozent. „Das heißt: Im Schnitt gehen 4 von 10.000 Paketen verloren oder werden beschädigt.“
Was die Unternehmenssprecherin hier allerdings nicht erwähnt: Der Arbeitsdruck bei den Paketboten ist so groß, dass ihnen manchmal noch nicht einmal Zeit bleibt, einen Nachbarn zu suchen, der das Paket annehmen könnte. Darauf weist die Gewerkschaft Verdi schon seit Jahren hin. Dazu kommt: Im dichten Verkehr häuften sich die Überstunden. Immer wieder bleibe den Zustellern für ein Paket nur etwas mehr als eine Minute Zeit, was kaum zu schaffen sei. Gewerkschaften und Politik setzen sich deshalb für bessere Arbeitsbedingungen ein.
Erst im September 2024 verabschiedete das Bundeskabinett etwa ein Gesetz zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und Sozialleistungsbetrug. Mit Erfolg. Mehr Festanstellungen mit Sozialbeiträgen in der Paketbranche waren die Folge. Die seit 2024 geltende Pflicht zur Arbeitszeiterfassung soll nun dabei helfen, die Arbeitszeiten, die oft bei 16 Stunden pro Tag lagen, deutlich zu reduzieren. Einen Haken hat die Sache laut Verdi allerdings noch immer: Viele Paketboten sind nach wie vor bei Subunternehmen angestellt, kommen aus Osteuropa oder sind Asylbewerber. Das mache es leicht, ihre Arbeitnehmerrechte zu unterlaufen.
Wer noch unsicher ist, welche Rechte er bei einem Paketverlust oder -schaden hat, findet online bei der Verbraucherzentrale NRW wertvolle weitere Tipps und Musterbriefe, die dabei helfen, einen Verlust oder Schaden zu melden: verbraucherzentrale.de/wissen/vertraege-reklamation/kundenrechte
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