Oberhausen. Oberhausen weitet massiv die Chancen für E-Auto-Fahrer aus, eine freie Stromladesäule zu ergattern. Doch Nachbarn ärgern sich über die Ortswahl.
Wer mit offenen Augen durchs Stadtgebiet Oberhausen geht, bemerkt: Mit dem Ausbau des Netzes an Stromtanksäulen für E-Autos geht es voran. An mehreren Stellen entdeckt der Fußgänger, aber erst recht der Autofahrer die auf dem Boden aufgesprühten Zeichen für Elektroautos - nur diese dürfen dann während der Aufladezeit dort parken.
Überwiegend lässt die Energieversorgung Oberhausen (EVO) die Ladesäulen installieren - unangenehme Folge: Zwei Parkplätze für ganz normale Verbrenner-Autos fallen dann dauerhaft weg. Die E-Auto-Fahrer wiederum dürfen dort höchstens vier Stunden parken, nur nach 18 Uhr gibt es kein Zeitlimit mehr - bis zum frühen Morgen.
Die Verkehrswende hin zu klimafreundlichen Stromautos macht sich für viele Autofahrer und Anwohner im Stadtraum durchaus bemerkbar: Denn bis zum Frühsommer 2024 hatten die künftigen Betreiber von Oberhausener Ladesäulen immerhin über 230 Anträge gestellt, von denen das Rathaus-Fachpersonal damals bereits über 100 genehmigt hatte.
Stadt Oberhausen weist mehrere Dutzend Anträge auf Elektrosäulen ab
Allerdings wurden auch mehrere Dutzend Wünsche der neuen Tank-Dienstleister der Zukunft abgewiesen: Mal waren die erbetenen Standorte zu nahe an Baumwurzeln, mal würde der Gehweg für Fußgänger und Radfahrer zu klein, mal kam bereits ein anderer Betreiber zum Zuge. Denn die Stadt vergibt die Plätze im öffentlichen Raum für E-Ladesäulen nach dem Windhundprinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. In der Regel erhalten die Betreiber sehr langfristige Sondernutzungsrechte für den öffentlichen Raum - über zehn Jahre oder sogar unbefristet. Denn sonst würde sich eine Investition nicht bezahlt machen.
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Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass so manche Baustelle zugunsten von Elektroladesäulen mit Argusaugen von Anwohnern beachtet wird - gerade in Gegenden, in denen Parkraum sehr knapp für die Vielzahl an Autos der Nachbarn oder Besucher naher Firmen ist. Für Aufregung sorgte deshalb kürzlich die Baustelle im Sterkrader Norden am Postweg/Ecke Oskarstraße.
Dass in diesem Viertel die Parkregelungen häufiger Diskussionsstoff unter den Anwohnern sind, zeigte sich erst kürzlich wieder im September, als sich Nachbarn über eine neue Parkregelung der Stadt beschwerten, als diese in dieser engen Straße das jahrelang eingeübte komplette Parken auf dem Bürgersteig verboten hatte.
Als plötzlich Bauarbeiter im Auftrag der EVO Warnbaken vor den Häusern des Postweges 77 bis 87 aufstellten, schlugen die Bürger bei Ursula Dorroch, der früheren Sterkrader SPD-Bezirksvertreterin, Alarm. „Ist die Parksituation auf ihrer Straße in der Nähe der Autobahn A 516 nicht ohnehin schon schwierig genug?“, fragten sie sich. Da stellen Kunden der nahen Werkstatt überall ihre Wagen ab, da nimmt der lange Bus der Stoag durch die Haltestelle ohnehin schon Parkraum weg. Und jetzt auch noch E-Ladesäulen, wo doch kaum ein Anwohner jemanden kennt, der gerade ein E-Auto fährt.
SPD-Politikerin: Bitte bindet doch die Bezirksvertretungen ein!
Die SPD-Politikerin Ursula Dorroch hat zwar nach eigenem Bekunden nichts gegen den Trend, zunehmend auf elektrisch angetriebene Autos zu setzen, doch hält sie den Weg der Stadt Oberhausen für falsch, die E-Ladesäulen rein durch den Verwaltungsweg zu genehmigen. „Es hat keiner die Anwohner vor Ort eingebunden, hat die Gegebenheiten, das Verkehrsgeschehen hier, direkt untersucht. Es wäre doch zumindest notwendig, dass die Bezirksvertretungen hier gefragt werden und darüber entscheiden. Gerade die kennen doch die Stadtteile. Doch die wurden nur über die genehmigten Orte der Ladesäulen-Plätze informiert - mehr nicht“, kritisiert Dorroch. „Das ist keine Bürgernähe, man muss bei solchen Entscheidungen die Bürger befragen.“
Dorroch findet es bedenklich, dass hier vor allem Fachleute der Betreiber von Elektro-Ladesäulen die Gegenden benennen, in denen sie neue Tankstellen installieren wollen. „Die Betreiber haben doch das Interesse, damit Geld zu verdienen, da kann sich doch die Stadt nicht einfach auf deren Expertise verlassen.“
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Macht die Stadt nach eigenen Angaben auch nicht, denn nach Antrag auf eine Sondergenehmigung geht es erst einmal in die Prüfung: Sprechen äußere Faktoren gegen die Aufstellung der Ladesäulen, etwa eingeschränkte Sicherheit für den Verkehr oder ein zu geringer Schutz für Bäume? Dass hier nur die Stadtbediensteten selbst draufschauen, liege an der rechtlichen Situation, meint das Rathaus-Team. „Die Prüfung einer Sondergenehmigung beinhaltet kein Beteiligungsverfahren.“
Ohnehin scheinen den Stadtbediensteten bei der endgültigen Entscheidung, wo genau die Ladesäulen errichtet werden, die Hände gebunden zu sein. So können die Prüfer grundsätzlich „nicht das Vorhaben, eine Ladesäule im betroffenen Bereich zu errichten, hinterfragen“. Die Orte für die neuen Ladesäulen werden nach Darstellung der Stadt weitgehend von den Anbietern selbst ermittelt - nach eigenen Analysen.
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Allerdings empfiehlt die Stadt Standorte in den Quartieren, in denen viele Menschen leben, die keine eigenen privaten Stellflächen für E-Autos zum Aufladen haben. Doch dies ist letztendlich nur eine Bitte, der Anbieter kann entscheiden und hat im Prüfungsverfahren recht gute Chancen, damit durchzukommen. „Wenn keine fachlichen Belange gegen die Umsetzung sprechen, ist dieser Antrag zu genehmigen“, schreibt die Stadtpressestelle auf Anfrage der Redaktion. „Ist eine Sondergenehmigung erteilt worden, kann der Antragsteller die Ladesäule entsprechend dem Antrag im öffentlichen Straßenraum errichten.“
Für alle Bürger einsehbar hat Oberhausen in seinem Ratsinfo-System eine Liste aller beantragten und bisher genehmigten Elektro-Ladesäulen-Standorte veröffentlicht - unter der Überschrift „Sachstand für die Genehmigung von Elektroladesäulen im Stadtgebiet Oberhausen“ ist dieser leicht auf der Webseite: https://ratsinfo.oberhausen.de/ unter dem Reiter „Recherche“ zu finden.
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