Oberhausen. Viele Borbecker sind mit Bärbel Peters‘ Büdchen groß geworden. Jetzt lädt die Kiosk-Inhaberin zur großen Abschiedssause ein.

  • Am Samstag, 26. Oktober, 15 bis 22 Uhr, lädt Kiosk-Inhaberin Bärbel Peters rund um ihr Büdchen an der Ankerstraße 2 ein.
  • Zum Abschied will sie mit den Menschen in ihrem „Dorf“ noch einmal so richtig feiern.
  • Höhen und Tiefen dank einer ganz besonderen Gemeinschaft gemeistert.

Ein Ankerplatz mitten in Oberhausen-Borbeck - das ist Bärbel Peters Kiosk & Hermes Shop „Zum Anker“. Doch jetzt geht ein Ruck durch den Ortsteil: Die Inhaberin gibt nach mehr als 18 Jahren auf. Dafür gibt es mehr als nur einen guten Grund.

Bärbel Peters atmet tief durch. „Wo soll ich bloß anfangen?“ - „Ganz vorne“, wirft ihre Freundin Birgit Rohla (61) lachend ein. Jetzt muss auch die 62-jährige Kiosk-Chefin schmunzeln. Als sie vor so vielen Jahren in Borbeck ihren kleinen Laden eröffnete, da begegneten ihr die Menschen im Ort erst einmal mit Skepsis. „Borbeck ist eben ein Dorf“, erklärt Birgit Rohla, die weiß, wovon sie spricht. „Ich bin selbst hier aufgewachsen.“

Bärbel Peters musste sich erst noch im Ort beweisen. Sie lud zu Karnevalsfeten und Sommerfesten ein, servierte Softeis, belegte Brötchen, Glühwein und gebrannte Mandeln. Nach und nach lockte sie so fast die gesamte Nachbarschaft in ihren kleinen Laden. Die Menschen kamen und erzählten erst einmal: „Nix“. Doch Peters ließ nicht locker, schenkte ein Lächeln und ein offenes Ohr und irgendwann hatte sie es geschafft, die Borbecker tauten auf.

Der kleine Kiosk „Zum Anker“ wurde in Oberhausen-Borbeck schnell ein Dreh- und Angelpunkt für die Menschen im „Dorf“.
Der kleine Kiosk „Zum Anker“ wurde in Oberhausen-Borbeck schnell ein Dreh- und Angelpunkt für die Menschen im „Dorf“. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Heute kennt sie nahezu jede Familie im Ort und deren Geschichten. Inzwischen kommen schon die Kinder der damaligen Kinder zu ihr. Bärbel Peters streicht mit ihrer Hand durch die Luft - so als wollte sie die Zeit mit einem Streich zur Seite schieben.

Gerne erinnert sie sich an die alte Dame, die morgens immer im Kittel über die Straße lief, um sich mit ein paar Kleinigkeiten einzudecken und die heute im benachbarten Seniorenheim lebt. „Als sie 90 Jahre alt wurde, ging ich mit einem dicken Blumenstrauß rüber, um zu gratulieren, da liefen ihr die Tränen über die Wangen.“

Und da war der Kunde, der sich jeden Morgen um Punkt 11 Uhr eine Zeitung und eine Tasse Kaffee holte, seine Tasche einfach im Kiosk abstellte, um für eine halbe Stunde am nur 300 Meter entfernten Kanal ein Päuschen einzulegen.

Der kleine Kiosk wurde schnell zum beliebtesten Treffpunkt von Oberhausen-Borbeck

„Wir treffen uns am Samstag am Kiosk“, beschlossen ein paar Freundinnen und weil die regelmäßig kamen, kaufte Bärbel Peters kurzerhand Gartenbänke und -tische. Ein Treffpunkt war geboren. Da es jetzt mehr Sitzplätze gab, kamen schnell auch die Mitglieder des benachbarten Fußballvereins SuS 21 Oberhausen zu den Festen und brachten ihren Grill gleich selbst mit, um für alle eine Bratwurst auf den Teller zu bringen.

Doch längst nicht immer lief alles glatt. Während der Corona-Pandemie hatte Bärbel Peters ihren Kiosk sechs Wochen lang schließen müssen. „Das war finanziell sehr hart für uns.“ Doch dann kam sie auf die Idee, ihren Kundinnen und Kunden die Waren einfach nach Hause zu bringen.

„Ich nahm Bestellungen auf - für alles, was die Leute benötigten und lieferte es ihnen.“ Egal ob Nudeln, Tomaten oder Eier, auf ihre Bärbel konnten sich die Borbecker verlassen. Die Dankbarkeit im Ort war groß. „Kaum durfte ich wieder öffnen, standen meine Kunden mit ihren Masken vor dem Mund auch schon wieder in meiner Tür.“ Die erste wirklich große Krise hatte die Dorfgemeinschaft gemeinsam gemeistert.

„Eine Tüte Gemischtes bitte“: Auch die Süßigkeiten lockten Groß und Klein in den Oberhausener Kult-Kiosk „Zum Anker“.
„Eine Tüte Gemischtes bitte“: Auch die Süßigkeiten lockten Groß und Klein in den Oberhausener Kult-Kiosk „Zum Anker“. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Doch der nächste herbe Rückschlag ließ nicht lange auf sich warten. „Die große Dauerbaustelle für einen neuen Entwässerungskanal direkt vor unserer Tür setzte uns sehr zu.“ Die Ankerstraße sollte von November 2022 bis Mai 2023 dicht bleiben - „sogar das Lokalfernsehen des WDR berichtete damals über die Auswirkungen für unseren Kiosk.“ Diese Umsatzeinbußen machten Bärbel Peters zwar zu schaffen, „doch deswegen schmeiße ich jetzt nicht das Handtuch“.

Die Gesundheit macht den Freundinnen zu schaffen

Vor gut zwei Jahren war Bärbel Peters auf den Fliesen in ihrem Kiosk unglücklich ausgerutscht. Die Folgen waren gravierend: Ein fünffacher Bruch der Kniescheibe macht ihr bis heute zu schaffen. Trotz mehrerer Operationen kommt sie einfach nicht mehr richtig auf die Beine.

Als ihre Freundin Birgit Rohla dann vor rund einem halben Jahr auch noch einen Schlaganfall erlitt, war das Maß für sie voll und sie gestand sich ein: „Ich kann nicht mehr.“ Denn schon längst kümmerten sich die beiden nebenbei auch noch um ihre Freundin Ellen, die an Parkinson (langsam fortschreitender Verlust von Nervenzellen im Gehirn) leidet. Die drei Freundinnen leben gemeinsam in einem Haus und wollen sich dort im Alter gegenseitig unterstützen.

Betreiberin Bärbel Peters (links) und ihre Freundin Birgit Rohla sind in ihrem Leben gemeinsam durch dick und dünn gegangen.
Betreiberin Bärbel Peters (links) und ihre Freundin Birgit Rohla sind in ihrem Leben gemeinsam durch dick und dünn gegangen. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Den Kiosk und ihre Borbecker wollte Bärbel Peters aber auch nicht im Stich lassen, deshalb suchte sie lange nach einem geeigneten Nachfolger. Jetzt ist sie sich sicher: „Ich habe den richtigen gefunden.“

Wer es wird? Nun der Neue im „Dorf“ stellt sich bei der großen Abschiedsfeier am Samstag, 26. Oktober, 15 bis 22 Uhr, rund um den Kiosk an der Ankerstraße 2 vor. Für Speis und Trank ist wie immer gesorgt. Bärbel Peters, die ihre Borbecker ja kennt, bittet ihr „Dorf“ schon jetzt herzlich: „Kommt vorbei und gebt meinem Nachfolger eine Chance!“

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