Oberhausen. Oberhausen reiht sich nun auch in die Phalanx von Ruhrgebietsstädten ein, die intelligente Straßenlaternen testen. Was die können, verwundert.
Und dann stehen sie plötzlich einfach so herum: Vor dem Technischen Rathaus in Oberhausen-Sterkrade sind zwei Straßenlaternen platziert, die für die meisten Laien aussehen wie ganz normale Straßenlaternen: Der alte Ampelmast aus wenig ansehnlichem, verzinkten Stahl, verkratzt und beklebt mit ein paar Aufklebern, oben strahlen die LED-Lampen. Doch hier ist nichts Geringeres im Blickfeld des obersten Oberhausener Planungsdezernenten Thomas Palotz installiert als die Zukunft der Straßenbeleuchtung von Oberhausen - zumindest im Inneren. Denn die bisher noch schnöde zu einem einzigen Zweck am Straßenrand platzierten über 21.000 Laternen sollen nach und nach im Stadtgebiet „intelligent“ werden.
Denn Oberhausen hat sich mit Bundesfördermitteln von 13 Millionen Euro auf dem Weg gemacht, digitaler und smarter zu werden - eben „Smart City“. Die neuen Versionen der Straßenlaternen, mit unglaublich vielen, theoretisch möglichen Service-Funktionen für Bürger, sind ein wichtiger Baustein des „Smart-City“-Programms.
Mit dem Wort „intelligent“ wird heutzutage großzügig umgegangen, letztendlich handelt es sich bei den neuen Straßenlaternen um eine Leuchttechnik, die mit zusätzlichen Sensoren und Service-Diensten für Bürger ausgestattet sind. Da nun einmal durch die Straßenlampen überall Strom liegt, kommen die Entwickler von Laternen der Zukunft auf zahlreiche Ideen, um das Leben von Autofahrern, Fußgängern und Anwohnern leichter zu machen.
Erstens: Mit den neuen Laternen kann das Licht besser gesteuert werden - mit weichen Übergängen von Aus bis starker Helligkeit. Um bestimmte Stimmungen in Straßen und auf Plätzen zu erzeugen, sind sogar farbige Lichter möglich. Gesteuert werden kann dies über Bewegungssensoren: Die Straßenlaternen gehen nur an, wenn sich ein Auto, ein Fußgänger oder Radfahrer nähert - also nach Bedarf. Das spart Energie.
Zweitens: Weil nun einmal jede Straßenlaterne elektrisch hochgerüstet ist, gibt es nun schon Laternen, an denen E-Autos ihre Batterien aufladen können. Zusammen mit einem Parkplatz davor könnte man relativ leicht das Problem lösen, dass es bisher zu wenige Ladestationen im Stadtgebiet gibt.
Drittens: Die Luftqualität der Umwelt kann mithilfe der Laternen und entsprechenden Sensoren Straße für Straße geprüft werden - Luftfeuchtigkeit, Schadstoff-Belastung, Temperatur.
Viertens: Die Laternen können künftig auch ein Signal senden, wenn Parkplätze in deren Umgebung frei sind. Mit einer entsprechenden App können sich Anwohner direkt informieren, wo sie schnell parken können - der umweltschädliche Parksuchverkehr würde reduziert.
Fünftens: Die intelligenten Laternen können mithilfe der Sensortechnik, verbunden mit Zentral-Verkehrscomputern der Stadt, den Verkehrsfluss auf den Straßen messen und überwachen. So erhalten die Rechner für Ampel-Schaltungen („Grüne Welle“) exakte Informationen, um Staus zu vermeiden oder zu verkleinern.
Sechstens: Nun wird es sogar ein wenig unheimlich. Ausgestattet mit einem Mikro oder gar mit einer Kamera sowie einer Verbindung zur nächsten Einsatzzentrale der Polizei oder Feuerwehr kann in Notfällen Alarm geschlagen werden. Duisburg probiert bereits solche smarten Laternen aus, deren Sensor auf bestimmte Geräusche reagiert. Bei einem heftigen Streit oder Splitter-Geräuschen von Glasscheiben oder Tönen von dumpfen Schlägen wird eine Meldung an die Ordnungskräfte automatisch abgesetzt. Beim Einsatz solch ausgestatteten Laternen dürften Datenschützer allerdings besonders hinschauen.
Siebtens: Die Masten der LED-Leuchten können mit WLAN-Kästen ausgestattet werden, die dann flächendeckend in den Straßen für ein Funknetz zum Zugang ins Internet sorgen - als öffentlicher Wifi-Hotspot.
Achtens: An intelligenten Straßenlaternen könnten auch Vorrichtungen installiert sein, an denen man sein Mobiltelefon oder Tablet aufladen kann.
Schon einige Jahre vor Oberhausen haben andere Ruhrgebiets-Kommunen angefangen, mit den neuartigen Straßenlaternen zu experimentieren. So arbeitet Bochum mit dimmenden Laternen-Leuchten, Essen und Dortmund setzen bereits Straßenlaternen ein, die E-Autos laden und freie Parkplätze anzeigen können, Düsseldorf probiert Ähnliches aus. Im Grunde müsste also nicht mehr unbedingt jede Stadt die neuen Straßenlaternen in einen Extra-Test schicken.
Die Oberhausener CDU-Ratsfraktionsvorsitzende Simone-Tatjana Stehr unterstützt zunächst einmal den Ausbau von modellhaft aufgestellten Straßenlaternen neuen Typs. „Es geht dabei nicht nur um eine bessere Beleuchtung, sondern auch darum, das Sicherheitsgefühl der Bürger im Stadtgebiet zu erhöhen.“ So könnten beispielsweise Straßenlaternen automatisch bei Verkehrsunfällen in der Nähe ihr Licht auf die hellste Stufe hochfahren oder mit einem Notfallknopf ausgerüstet werden, mit dem die hellste Stufe angesteuert wird. Dies würde auch Feuerwehrleuten und Rettungssanitätern bei ihren Einsätzen helfen.
Die CDU-Fraktion hat auf ihrer Klausurtagung vereinbart, das Thema im Rat voranzutreiben. Gleichwohl ist zu erwarten, dass der Einsatz intelligenter Straßenlaternen noch eine Menge Diskussionen nach sich ziehen wird. Denn vor knapp zehn Jahren ist Oberhausen bei einer allzu schnell vollzogenen Ausstattung aller Straßenlaternen mit energiesparender LED-Technik hereingefallen: Die Lichtausbeute hielten viele Anwohner nach der Umrüstung in etlichen Straßen für zu gering, das Sicherheitsgefühl sank - und die LED-Laternen mussten umfangreich und recht teuer nachgerüstet werden.