Oberhausen. Sie zitiert Hulk Hogan, bringt ihren Dad aus Los Angeles mit und schreddert mit der Stimme die Stille. So kam es zum Konzert in einem Mini-Kino.

Wer Jen Razavi alias Jen Pop zuhört, der kann sich sicher sein: Mit der Frau im verspielten karierten Rock und der bulligen Nerd-Brille kann man vorzüglich die Hütte abreißen. Immer wieder schreddert die Skate-Band-Bekanntheit aus dem Süden von Kalifornien mit ihrer markanten Kettensägen-Stimme in den rotzigen Song-Momenten die etwas unerwartete Stille. Die Sängerin nimmt kein Blatt vor den Mund: „Es ist Samstagabend, wir sollten uns auch so benehmen!“ 

Verrückt! Jen Pop ist mit ihrer aus San Diego stammenden Punk-Rock-Band The Bombpops eigentlich große Festivalbühnen gewohnt. Die Sängerin und Gitarristin (107.000 Fans bei Instagram) und ihre Gruppe (3,7 Millionen Aufrufe für „CA in July“ bei Youtube) sind in der Szene kein Fallobst und gingen schon mit NOFX, Bad Religion and Anti-Flag auf Tour. Doch jetzt steht Jen Pop im kleinen Oberhausener Walzenlager-Kino, das gerade einmal 45 Plätze fasst - gut 30 Fans sind gekommen.

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Die Musikerin steht direkt vor der Leinwand, die in ein schummeriges Blau getaucht ist. Das Kino ist ziemlich finster, kleine Farbscheinwerfer bringen aber die wenigen Fünfersitzreihen zum Vorschein. Es riecht nach Bier. „Ich liebe Kinos“, sagt die Kalifornierin. „Viele meiner Songs sind durch Kinofilme inspiriert.“ Und während sie noch die Szenerie mustert und zugleich an den Wirbeln des Gitarrenkopfes schraubt, ist der erste kinoreife Vergleich gefunden. „Ich fühle mich gerade wie in einem Film von David Lynch.“  

Jen Pop in Oberhausen: Von den Misfits inspirierte Melange zwischen Rock, Pop und Punk

Das Konzert ist ein Akustik-Set. Keine Band, keine Hilfsmittelchen - nur pure Stimme und der Klang des Saiteninstruments. Erst als sie nach gut einer Stunde die kompakte Bühne wieder verlässt, hat sie als kleinen Schabernack das Handy für „Mambo No 5“ von Lou Bega („Der ist doch Deutscher, oder?“) mit den Boxen gekoppelt. Aber bis dahin passiert noch recht viel.

Die Leinwand spielt nur eine Nebenrolle, alle Augen sind auf Jen Pop gerichtet. Die Skate-Punk-Sängerin aus San Diego brachte am Samstag sogar ihren Vater mit ins Oberhausener Walzenlagerkino.
Die Leinwand spielt nur eine Nebenrolle, alle Augen sind auf Jen Pop gerichtet. Die Skate-Punk-Sängerin aus San Diego brachte am Samstag sogar ihren Vater mit ins Oberhausener Walzenlagerkino. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Warum Jen Pop überhaupt in einer so kleinen Location spielt, ist schnell erklärt. Die Sängerin stellt ihr erstes eigenes Album „East Side Of Eden“ vor. Mit poppig angehauchten Songs wie „Saw in Half“, „High Noon“ oder „Don’t get me started“. Dafür tourt die Musikerin durch kleinste Clubs in England, Italien und Deutschland. Tickets kosten nicht mehr als 20 Euro.

„Laufen denn in diesem Monat auch Horrorfilme in diesem Kino?“, möchte die amerikanische Sängerin wissen. „Nein? Ich würde jeden Tag einen bringen.“ Die Erklärung liefert sie musikalisch, lässt die Gitarre für „Halloween“ klirren. Ein Cover-Song von den Misfits um Glenn Danzig. Die amerikanischen Punk-Oldies nennt Jen Pop ihre größten Vorbilder. Und nein, auch wenn sie in Oberhausen spielt: Mit den hiesigen Kabarett-Missfits hat das alles natürlich nichts zu tun. Schreibt sich ja auch anders.

„Ich fühle mich gerade wie in einem Film von David Lynch.“

Jen Pop
beim Mini-Konzert im Walzenlagerkino

Apropos schaurig. Wenn die Songs enden und der Applaus zu früh endet, imitiert sie praktische Laute von Hulk Hogan. Auch wenn sie mit den politischen Ansichten der Wrestling-Legende nichts am Hut haben möchte. Zur Erinnerung: Hogan hatte US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump zuletzt einen „echten amerikanischen Helden“ genannt.

Jen Pop in Oberhausen: Fans singen ein Ständchen für den „Geburtstags-Dad“ aus Los Angeles

Jen Pop zitiert fleißig aus amerikanischen Kinofilmen. Sie erzählt, wie sich Fragmente aus der von Oliver Stone verfilmten und Quentin Tarantino geschriebenen Gewaltorgie und Gesellschaftssatire „Natural Born Killers“ in ihren Songs wiederfinden und es doch irgendwie um Romantik geht.

Einige bekannte Song-Cover mischte Jen Pop im Oberhausener Programmkino am Zentrum Altenberg in ihr Konzert. Darunter auch eine eigene Interpretation von „Love is Battlefield“ von Pat Benatar.
Einige bekannte Song-Cover mischte Jen Pop im Oberhausener Programmkino am Zentrum Altenberg in ihr Konzert. Darunter auch eine eigene Interpretation von „Love is Battlefield“ von Pat Benatar. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Da erscheint es geradezu folgerichtig, dass ein eingestreutes Pop-Cover, „Love is Battlefield“ (Liebe ist ein Schlachtfeld) von Pat Benatar aus dem Jahr 1983 besonders gut gelingt und die stimmliche Spannweite der Frau an der Gitarre vorzüglich unterstreicht.

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Und wer sitzt eigentlich wie im Wohnzimmer im kleinen Kino und lauscht bei sehr feinteiliger Akustik? Neugierige, Genre-Fans - und Jen Pops Vater, der aus Los Angeles eingeflogen ist. „Er hat heute Geburtstag. Gibt es ein deutsches Geburtstagslied?“ Und nach etwas schüchternem Schweigen, bricht es aus den Fans heraus: „Wie schön, dass du geboren bist…“

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