Oberhausen. Im Haushalt 2025 kalkuliert Oberhausen mit noch einem dickeren Finanzloch: 90 Millionen Euro. Der Kämmerer sieht die Sparchancen ausgelutscht.
- Die Oberhausener Stadtspitze hat dem Rat den Entwurf zum Haushalt 2025 vorgelegt. Danach will die Stadt 1,1 Milliarden Euro im nächsten Jahr ausgeben, nimmt aber nur etwas über einer Milliarde Euro ein. Das kalkulierte Defizit beträgt knapp 90 Millionen Euro.
- Damit der Haushalt durch das Land NRW überhaupt genehmigt und so ein Sparkommissar von außen durch die Bezirksregierung Düsseldorf vermieden wird, muss die Stadt Oberhausen durch einen Zehn-Jahres-Sparplan das Defizit auf Null bringen
- In der Zwischenzeit ist Oberhausen gezwungen, das jährliche Kassenloch von bis zu 90 Millionen Euro im Jahr 2025 mit neuen Krediten zu stopfen. Damit erhöht sich die Schuldenlast von Oberhausen auf deutlich über zwei Milliarden Euro - die Pro-Kopf-Verschuldung je Einwohner überschreitet damit die 10.000-Euro-Marke.
Zehn Jahre lang hat die Stadt Oberhausen mit dem Sparpaket „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ (2011 bis 2022) Dienstleistungen für Bürger gekappt und Steuern erhöht, doch das alles reicht durch Pandemie-Kosten und Wirtschaftsschwäche nicht mehr aus: Zum zweiten Mal hintereinander kommt Oberhausen nach sieben guten Jahren nicht mehr mit seinen Geldeinnahmen aus und muss die Neuverschuldung nach oben schrauben.
Kein Trost ist es da, dass andere Kommunen ähnliche Probleme haben, wie Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) in seiner Rede zur Einbringung des Haushaltes 2025 am Montag im Stadtrat versichert: „Aktuell gelingt es 95 Prozent aller NRW-Kommunen nicht, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, darunter auch vielen Kommunen, die deutlich finanzstärker sind als wir.“
Schuldenlast von Oberhausen steigt auf über zwei Milliarden Euro
Knapp 90 Millionen Euro Miese erwartet Kämmerer Apostolos Tsalastras (SPD) 2025 - nach knapp 80 Millionen Euro Defizit in diesem Jahr. Die Schuldenlast türmt sich dabei auf über zwei Milliarden Euro auf. Jeder Oberhausener Einwohner hat damit mehr als 10.000 Euro Schulden. Hauptgründe für die Finanzmisere sind schwindende Einnahmen etwa durch weniger Landeszuschüsse und Gewerbesteuern sowie höhere Ausgaben für schwierige Familien, Flüchtlinge, Langzeitarbeitslose und Kreditzinsen. Die Zinslast für Oberhausens Schulden hat sich in nur drei Jahren auf über 40 Millionen Euro verdoppelt.
Angesichts dieser dicken Beträge sehen einzelne Einnahmeposten kümmerlich aus: Doch auch die Autofahrer tragen dazu bei, dass der Stadtkämmerer in seiner langfristigen Haushalts-Prognose zeigen kann, dass er innerhalb von zehn Jahren die Neuverschuldung auf 0 bringen kann, also Einnahmen wie Ausgaben wieder ausgleicht. Die neuen Blitzeranlagen spülen dabei 4,5 Millionen Euro Jahr für Jahr mehr in die Stadtkasse, das sind jährlich 1,5 Millionen Euro mehr als erwartet - sie lindern die Finanznot der Stadt ein wenig.
„Wir haben die Blitzer angeschafft, um zur Verkehrserziehung beizutragen, so dass Autofahrer stärker regelgerecht auf den Straßen unterwegs sind“, sagte Tsalastras im Gespräch mit der Redaktion. „Die Einnahmen aus den Blitzer-Bußgeldern müssten da eigentlich stetig zurückgehen, doch die fahren einfach weiter - wie verrückt - in unsere Blitzüberwachung. Das wird eher schlimmer als besser.“
Viele kleinere Beträge der Bürger helfen der Stadt, den Haushalt so zu gestalten, dass er von der Düsseldorfer Kommunalaufsicht überhaupt genehmigt wird - und nicht am Ende ein Sparkommissar des Landes die Zügel in der Hand hält. Oft haben die ohnehin nur leicht umsetzbare Steuererhöhungen für Firmen und Hauseigentümer im Blick. So versucht die Stadtspitze, mit dem seit 2023 laufenden neuen Sparpaket den Haushalt in den nächsten zehn Jahren eigenständig stabil zu halten. Deshalb müssen Hundefreunde höhere Steuern zahlen, aber auch die Vergnügungsteuer für Discos und Sexarbeiterinnen steigt; es drohen steigende Friedhofsgebühren und die Verpackungssteuer soll Gastronomen mit Einwegschachteln zu umweltfreundlichen Alternativen bewegen.
Oberhausen weist nur eine geringe Wirtschafts- und Steuerkraft auf
Letztendlich ändert dies nichts daran, dass Oberhausen wie viele andere Ruhrgebietsstädte strukturell zu finanzschwach ist, um die notwendigen Aufgaben zu schultern. „Wir müssen an die Ursachen der Finanzmisere ran“, fordert Tsalastras. Dazu gehört für ihn die immer noch geringe Wirtschaftskraft von Oberhausen („Wir haben zu wenig produzierendes Gewerbe“) genauso wie die hohe Arbeitslosigkeit, die hohe Altschuldenbelastung und die mangelhafte Unterstützung der Städte durch Land und Bund.
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Denn nicht nur der Bedarf an sozialer Unterstützung umfasst mehrere hundert Millionen Euro, sondern auch der Investitionsbedarf bis 2030: Knapp 900 Millionen Euro sind in den nächsten sechs Jahren für neue Schulen und Schulerweiterungen (400 Millionen Euro) sowie Straßen, Feuerwehr-Gebäude und Brücken absolut erforderlich, um den Sanierungsstau ein wenig abzuarbeiten. „Finanziell ist das ohne Hilfe von Land und Bund für uns nicht tragbar“, meint der SPD-Politiker.
Dass so viele Kommunen ähnliche Geldprobleme haben, ist allerdings auch für Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) der Beweis, dass das Finanzsystem in Deutschland fehlerhaft ist. „Viele der Aufgaben, die Bund und Land den Städten und Gemeinden übertragen, sind nicht auskömmlich finanziert.“ Tsalastras nennt dabei den Neubau von Schulen, die berufliche Eingliederung von Schwerbehinderten, die Aufnahme von Flüchtlingen, die hohen Sozialkosten durch globale wirtschaftliche Verwerfungen, die Zuschüsse für Kitas und für den Offenen Ganztag. „Bund und Land versuchen, die Schuldenbremse einzuhalten, indem sie den Kommunen die Finanzlasten aufbürden.“
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1,1 Milliarden Euro will Oberhausen im nächsten Jahr ausgeben, die Hälfte davon sind Ausgaben für die Bereiche Kinder und Familie sowie Soziales. Oberhausen hat so wenig eigene Steuerkraft bei gleichzeitig hohen Sozialausgaben, dass fast alle städtischen Steuereinnahmen für die Oberhausener Bürger für Soziales draufgehen.
Oberhausener Kämmerer Tsalastras: Sparerfolge sind oft langfristig teuer erkauft
Und der eigene Sparwille? In Gesprächen mit den Fachdezernaten konnte der Kämmerer nach eigenen Angaben die für 2025 verlangten Ausgaben von 112 Millionen Euro Defizit auf 85 Millionen Euro drücken. Und muss man nicht auch stärker an die Personalkosten von satten 240 Millionen Euro bei über 3000 Beschäftigten im Rathaus, bei der Feuerwehr oder den Kitas ran?
Tsalastras argumentiert, dass die zunehmende Fülle an Pflichtaufgaben mehr Personal erfordert. Und dass Einsparungen immer die Bürger treffen würden. „Vieles ist schon ausgelutscht, aber natürlich kann man immer noch irgendwo sparen. Doch das hat seinen Preis: Das trifft die Bürger direkt.“ Und oft überstiegen die langfristigen Kosten etwa durch fehlende Betreuung schwieriger Familien die kurzfristig möglichen Sparerfolge.