Oberhausen. Nicht jeder verbindet Oberhausen mit Hollywood und seinen Western-Spielfilmen. Doch NRW-Ministerin Ina Scharrenbach hat dafür einen guten Grund.
„Boah, seid Ihr jung“, hat NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach dem Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz (beide CDU) per Telefon ins Ohr gerufen, als das Stadtoberhaupt die in Kamen aufgewachsene Betriebswirtin zur Feier eines denkwürdigen Ereignisses der Stadtgeschichte einlud. Vor 150 Jahren, am 10. September 1874, hat Oberhausen, damals gerade zwölf Jahre jung, die wichtigen Stadtrechte vom Königreich Preußen verliehen bekommen.
Deshalb hat die Rathaus-Spitze zu einem Festakt geladen, der am Dienstagabend im Innenhof des einst dem Grafen Westerholt gehörenden Schloss-Areals Oberhausen gefeiert wurde. Nach dem Schloss erhielt die Gemeinde bei ihrer Gründung 1862 ihren Namen. Knapp 200 geladene Gäste kamen zur kleinen, aber stilvollen Feier - auch eine Delegation aus der britischen Partnerstadt Middlesbrough, allen voran Bürgermeister Chris Cooke. Denn exakt vor 50 Jahren schloss Oberhausen mit der nordenglischen Industrie- und Hafenstadt Städtepartnerschaft: Die Briten reichten dem einstigen Kriegsgegner zur Versöhnung die Hand.
Alt-Oberhausen war nicht viel mehr als eine öde Heidelandschaft
Das Wachstum der Gemeinde war atemberaubend: 1862 lebten hier 6000 Bürger, wenige Jahren zuvor waren es gerade mal 200 bis 300 Menschen. Bei der Verleihung der Stadtrechte wohnten und arbeiteten in Oberhausen schon 15.000 Leute, 50 Jahre später, 1915, zählte Oberhausen über 100.000 Einwohner. Auf dem heutigen Stadtgebiet von Alt-Oberhausen war nicht viel mehr als eine öde, kaum fruchtbare Heidelandschaft mit einer Unmenge Sand und ein paar Fichten. Die neue Eisenbahn zwischen Minden und Köln benötigte aber einen sinnvollen Haltepunkt alle 50 Kilometer - und so entstand der Bahnhof an dem heutigen Standort.
„150 Jahre sind in der Geschichte ein Wimpernschlag“, sagte Scharrenbach in ihrer Rede bei der kleinen, aber stilvollen Jubiläumsfeier. „Hier war nichts als Heide, als Prärie, die Eisenbahn kam und man errichtete einen Bahnhof - da kommt mir bei Oberhausen der Wilde Westen in den Sinn: In den Cowboy-Filmen legen die auch immer erst Gleise und bauen einen Bahnhof.“
Und dann entsteht alles, wirklich alles neu: Fabriken, Straßen, Häuser, Kirchen und Schulen. Oberhausen wird mit Kohle und Stahl zu einer der wichtigsten deutschen Industriestädte, baut stählerne Brücken für die halbe Welt - und verliert dann 60.000 gut bezahlte Industriejobs in den 60er, 70er, 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.
Oberbürgermeister Daniel Schranz: „Oberhausen ist die Stadt des Wandels!“
Die Großstadt mit ihren heute 213.000 Einwohnern erfindet sich neu: Sie ist nach Auffassung von Oberbürgermeister Daniel Schranz immer noch Industriestadt, aber differenziert sich notgedrungen aus: Freizeit, Entertainment, Dienstleistung, Handwerk, Tourismus. „Mit amerikanischer Schnelligkeit ist unsere Stadt aus Sandhügeln aufgewachsen. Von kargen Heidedörfern über die Industriegroßstadt hin zum Ziel des Städtetourismus hat sie einen mehrfachen, epochalen Wandel erlebt“, sagt der Christdemokrat auf dem Festakt. „In wirklich wenigen Städten war der Wandel so grundstürzend, ja epochal wie hier bei uns in Oberhausen. Oberhausen ist die Stadt des Wandels!“
Die Gäste, darunter die Alt-Oberbürgermeister Friedhelm van den Mond, Burkhard Drescher und Klaus Wehling, spüren bei der Rede der Kommunalministerin, dass Scharrenbach nicht nur aus üblicher Höflichkeit die Oberhausener ermuntert, Stolz zu sein auf das Erreichte und mit Mut die Zukunft zu gestalten. „Wie sich Oberhausen in geschichtlich so kurzer Zeit immer wieder verändert hat, dafür benötigen andere Städte mehrere Jahrhunderte.“
Mit dem Pioniergeist und der Kraft aus 150 Jahren solle Oberhausen seine Zukunft gestalten - das Land werde dabei helfen, habe noch jüngst über 40 Millionen Euro für frische Investitionen in der Stadt spendiert. „Aus dem Strukturwandel werden wir nicht herauskommen, kaum ist einer erledigt, dann kommt der nächste“, meint Scharrenbach.
Was kommt als Nächstes?
Chris Cooke weiß als Bürgermeister einer einst so industriell blühenden Großstadt wie Middlesbrough offenbar genau, wie sehr Bürger und Verantwortliche dazu neigen, vor allem die Vergangenheit zu glorifizieren. „Wir können stolz darauf sein, was unsere Städte erreicht haben, aber wir müssen uns stets auch fragen, was als Nächstes kommt und für uns alle eine großartige Zukunft bauen.“
Nach den offiziellen Reden und hervorragend gesungenen Live-Songs (Regina Leenders mit „Fool - If You Think it‘s Over“ von Chris Rea und Simin Soraya mit „Blackbird“ von den Beatles und dem Steigerlied) redete die Festgemeinde noch mehrere Stunden miteinander. Speisen und Getränke servierte Caterer Udo Kürten: Kleine Appetithappen und Currywurst, Mineralwasser, Wein und Bier - so bescheiden, wie es in einstigen Arbeiterstädten Tradition ist.
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