Oberhausen. Die Lage am Oberhausener Hauptbahnhof ist angespannt. Alkoholiker und Polizeieinsätze beängstigen Bürger. Diese erwarten mehr von der Polizei.

Die Sonne knallt auf die Pflastersteine am Willy-Brandt-Platz am Oberhausener Hauptbahnhof. Es herrscht das übliche Treiben an einem Montagvormittag in den Sommerferien. Kaum Pendler, keine Schulkinder, die hastig zur Bushaltestelle sprinten. Dort am Bahnhofsvorplatz, wo vor rund sechs Monaten zwei Ukrainer bei einem Messerangriff starben, wirkt alles ganz normal. Doch bis zum Montag, Tag des Prozessbeginns gegen die mutmaßlichen zur Tatzeit 14- und 15-jährigen Angeklagten, hat der Angriff bei Oberhausenern Spuren der Verunsicherung hinterlassen. Fühlen sich die Bürgerinnen und Bürger noch sicher am Hauptbahnhof?

Auf den ersten Blick scheint die Panik bei den Fahrgästen, den nächsten Bus zu verpassen, größer, als die Angst vor möglichen Angriffen. Doch hört man genau hin, fühlen sich einige Oberhausener am Hauptbahnhof schon längst nicht mehr wohl. Das Ergebnis einer Umfrage der Stadt Oberhausen aus dem Jahr 2022 ist kaum verwunderlich: Nur rund 32 Prozent der Oberhausener sind mit der Sicherheit in der Stadt zufrieden. Der Hauptbahnhof schneidet hier bei den Orten besonders schlecht ab. Nur jeder Zehnte der Befragung fühlt sich nachts am Hauptbahnhof noch sicher.

Das größte Problem seien Alkoholiker und Drogenabhängige. Dabei sind sich Einzelhändler, Taxifahrer und Fahrgäste rund um den Hauptbahnhof einig. „Auf dem Bahnhofsvorplatz gilt ein Alkoholverbot. Doch die Polizei macht nichts gegen die Trinker“, kritisiert ein Fahrgast, während er im Schatten des Busbahnhofs auf seinen Bus wartet. „Angst? Nein, die habe ich nicht. Aber ich achte schon darauf, dass ich meine Tasche immer gut festhalte, wenn ich hier unterwegs bin“, erklärt eine Oberhausenerin, wie sie sich gegen Taschendiebe schützt.

Dieser Angriff hat viele Oberhausener verunsichert: Im Februar 2024 starben zwei Ukrainer bei einem Messerangriff am Oberhausener Hauptbahnhof. Die Bürger kritisieren, dass die Polizei zu wenig Präsenz zeigt.
Dieser Angriff hat viele Oberhausener verunsichert: Im Februar 2024 starben zwei Ukrainer bei einem Messerangriff am Oberhausener Hauptbahnhof. Die Bürger kritisieren, dass die Polizei zu wenig Präsenz zeigt. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Zeynep Arik von Aylas Blumenladen am Willy-Brandt-Platz leidet unter den Alkoholikern und Drogenabhängigen vor ihrem Geschäft: „Ich fühle mich hier unsicher“, gibt Arik zu. „Es gibt Menschen, die vor dem Geschäft Randale machen, die meine Blumen abschneiden oder sich auf der Straße nackt ausziehen. Es ist wirklich schlimm hier.“ Nebenan im Reisebüro erklingen ähnliche Töne: „Die Alkoholiker sind schlimm hier. Aber die Polizei macht einfach nichts.“ Besonders extrem sei es am Wochenende. Unsicher fühlen würden sich die Mitarbeiter allerdings nicht.

Oberhausener Hauptbahnhof: Bedrohliche Lage habe sich zugespitzt

Die Mitarbeiter in umliegenden Geschäften beurteilen die Situation unterschiedlich. Eine Mitarbeiterin aus der Press & Book Buchhandlung ist der Meinung, dass sich die Situation in den letzten Jahren immer weiter zugespitzt habe: „In den letzten zwei Jahren war hier immer häufiger Alarm. Besonders ältere Personen haben dadurch schneller ein mulmiges Gefühl“, berichtet sie.

Andere Stimmen, wie die in der Touristeninformation am Willy-Brandt-Platz, sagen: „Es ist alles wie immer. Das, was hier täglich passiert, sind wir in Oberhausen einfach gewohnt.“ Gewohnt ist die Situation auch für die Taxifahrer, die am Willy-Brandt-Platz auf Kunden warten. „Es interessiert doch keinen, was hier abgeht“, ärgern sich die Taxifahrer über die örtliche Polizei. Auch an diesem Montagvormittag verstecken sich die Alkoholiker nicht. Von der Polizei beobachtet werden sie allerdings nicht. Die Bundespolizei zeigt auf dem Bahnhofsvorplatz nur mit zwei geparkten Polizeiwagen Präsenz.

Oberhausener Hauptbahnhof sei kein „Schwerpunkt an kriminellen Straftaten“

Doch nach dem tödlichen Messerangriff auf die jungen Ukrainer im Februar 2024 hieß es, dass die Polizei am Hauptbahnhof ihre Präsenz verstärken wolle. Außerdem beschloss der Rat, dass der Einsatz von Videokameras auf dem Vorplatz geprüft werden soll. Die Umsetzung hakt allerdings aus mehreren Gründen. Einer davon: Der Vorplatz des Hauptbahnhofes sei kein Kriminalitätsschwerpunkt. Dajana Burmann, Pressesprecherin der Bundespolizeiinspektion Düsseldorf, sagte schon vor einigen Jahren dazu: „Mit rund einer Straftat pro Kalendertag bildet der Oberhausener Hauptbahnhof keinen Kriminalitätsschwerpunkt in Nordrhein-Westfalen.“ Die entsprechende Einschätzung der Oberhausener Polizei hat sich seitdem nicht geändert.

Trotzdem arbeitet die Stadt an Maßnahmen für mehr Sicherheit. Seit 2020 kann die Polizei die Leuchtstärke der Laternen auf dem Willy-Brandt-Platz im Einsatzfall hinauffahren. Das soll dabei helfen, Straftäter zu erwischen, Gefahrenlagen zu entschärfen und durch einen helleren Bahnhofsvorplatz das Sicherheitsgefühl der Bürger zu verbessern. Spürbar verbessert habe sich das Sicherheitsgefühl bei den Bürgern seitdem aber nicht.