Oberhausen. Die „Multi“ mit Jugendlichen aus 13 Nationen hat in Oberhausen begonnen. Eine Gruppe aus der Ukraine berichtet emotional aus dem Kriegsalltag.
Die Welt taumelt durch Kriege und Krisen - aber Oberhausen hält dagegen. Der Jugendaustausch „Multi“ bietet seit Jahrzehnten jungen Menschen aus 13 Nationen einen Treffpunkt, um sich gegenseitig und die jeweils andere Kultur kennenzulernen. Zwei Wochen lang sendet die „Multi“ von Ehrenamtlichen getragen ein Friedenszeichen - aktuell gefragter denn je.
Am Montagmorgen eröffnete Bürgermeister Werner Nakot im voll besetzten Ebertbad das über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Multi-Treffen und vertrat dabei den im Urlaub weilenden Oberbürgermeister Daniel Schranz. „Die ‚Multi‘ ist immer noch die größte Jugendbegegnung ihrer Art in Deutschland. Wir setzen trotz der großen Sorgen unsere Hoffnung auf einen globalen Frieden.“
Multi in Oberhausen: Deutliches Zeichen für den Frieden - schwierige Vorbereitung
Die Reden fielen in diesem Jahr besonders emotional aus, weil internationale Krisen die Multi-Begegnung direkt treffen: Junge Israelis nehmen wegen des gefährlichen Nahost-Konflikts nicht in Oberhausen teil. Auch der wachsende Antisemitismus bereitet den Teilnehmern große Sorgen. Die sonst in Oberhausen gastierenden Jugendlichen aus der russischen Republik Baschkortostan reisten nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ebenfalls nicht an.
Auch die Suche nach Gasteltern fiel den Machern deutlich schwerer. Nach viel Basisarbeit bei Stadtfesten und Events konnten die mehr als 50 ehrenamtlichen Helfer aber vermelden: Alle 102 ausländischen Gäste und deren 23 Betreuer sind untergekommen. „Einige Familien haben zwei oder drei Jugendliche aufgenommen. Das ist eine große Leistung“, sagt Wolfgang Heitzer vom Multi-Team.
Das Ziel der „Multi“ ändert sich gegenüber den Vorjahren nicht: Zusammen mit 87 Oberhausener Jugendlichen erkunden die Gäste die Umgebung, lernen sich bei Sport und sozialen Workshops kennen. Sie sollen den gemeinschaftlichen Gedanken als Multiplikatoren nach der „Multi“ an Freunde und Bekannte in ihrer Heimat weitergeben.
Multi in Oberhausen: Aquapark und Gasometer bei ausländischen Gästen besonders beliebt
So lautet der Plan, der schon vielfach funktionierte - wie bei Joseph McKenzie. Der Engländer machte vor sechs Jahren bei der „Multi“ als Austauschgast mit, schaute sich den „Starlight Express“ in Bochum an. Heute rollt er im Musical selbst als Darsteller mit und lebt in Deutschland. Bei der laufenden „Multi“ wird der Musical-Begeisterte die Jugendlichen in Oberhausen besuchen. Nachahmer sind also nicht ausgeschlossen.
Auch Oberhausener Freizeitattraktionen werden die Jugendlichen erkunden. Sie konnten vorab über das Handy abstimmen, welche Orte sie am liebsten besuchen wollen. Ergebnis: Das Spaßbad „Aquapark“ neben dem Centro Oberhausen landete vor dem Gasometer und „Knippis Bowlingbahn“ am Max-Planck-Ring.
Zwei Oberhausener Promis wünschten den „Multis“ viel Spaß: Box-Europameister Abass Baraou (29) und Kanu-Junioren-Weltmeisterin Caroline Heuser (17) grüßten im Ebertbad als Schirmherr und Schirmherrin von der Video-Leinwand. Beide befinden sich derzeit im Trainingslager.
Seit dem Wochenende verweilen die Jugendlichen in Oberhausen. Am Freitag reiste als erste Delegation eine 14-köpfige Gruppe aus Moldawien an. Erstmal sind junge Menschen aus Nordmazedonien in Oberhausen dabei. Eine besonders weite Anreise legten Teenager aus Peru zurück - mehr als 10.000 Kilometer. Auf der Ebertbad-Bühne sorgte ein lustiges Gastgeschenk für Schmunzler. Die Gäste überreichten ein peruanisches Mensch-Ärger-dich-nicht-Spiel mit typischen Details aus dem südamerikanischen Küstenstaat. Tenor: „Es lohnt sich, für den Frieden zu arbeiten!“
Multi in Oberhausen: Ukrainische Teenager reisten zweieinhalb Tage aus dem Kriegsgebiet an
Beim Auftritt der ukrainischen Delegation hätte man eine Stecknadel fallen hören können: Zwölf Jugendliche und zwei Betreuerinnen benötigten mit Bus und Bahn zweieinhalb Tage, um aus den Kriegswirren in der Oberhausener Partnerstadt Saporischschja bis nach Oberhausen zu reisen.
Die Ukrainerinnen Alina und Polina (16) erzählten in deutscher Sprache vom unbarmherzigen Geräusch fallender Bomben und dem schrillen Signal der Sirenen. Sie bedankten sich für das friedliche Treffen in Oberhausen. Es ist schwer zu begreifen, dass es für die auf dem Ebertplatz so unbeschwert lachenden Teenagern nach der „Multi“ zurück ins Kriegsgebiet geht.
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