Oberhausen. Erst allmählich kommen E-Laster auf den Markt. Eine Firma aus Oberhausen will ihre Lkw-Flotte umrüsten - kämpft dabei aber mit vielen Hürden.
Vor zehn Jahren hat die Oberhausener Spedition Schultz Logistik den ersten Stromer angeschafft, in Kürze wird gut ein Viertel des Fuhrparks aus Fahrzeugen bestehen, die mit umweltfreundlicher Energie unterwegs sind. Auch wenn die Firma damit schon einen Meilenstein erreicht hat, möchte sie den Umstieg auf klimaschonende Wagen weiter beschleunigen. Doch dazu gilt es, noch einige Hürden zu überwinden.
Oberhausener Unternehmen sieht viele Nachteile von Diesel-Lkw
Über Jahrzehnte hinweg gehörten zur Flotte der Firma ausschließlich dieselbetriebene Lkw. Doch mit dem Energieträger hat der heutige Seniorchef Joachim Schultz schon immer gehadert. „Die Preisschwankungen sind seit jeher enorm, daran hat sich nie etwas geändert“, gibt der 71-Jährige zu bedenken und rechnet vor: Die Spedition braucht auch heute noch im Jahr 500.000 Liter Diesel. Wird der Liter um 50 Cent teurer, was keine Seltenheit ist, fällt gleich eine Viertelmillion Euro zusätzliche Kosten an.
Es sind aber nicht nur die finanziellen Ausgaben, die den Oberhausener zum Nachdenken gebracht haben. Ganz praktische Überlegungen kamen hinzu. Schultz transportiert Feuerschutzgase und ist bei den Aufträgen natürlich auch verpflichtet, dass die Gasflaschen auch wirklich ihr Ziel erreichen, sind sie für den Feuerschutz doch zwingend erforderlich. Als aber vor Jahren Umweltzonen eingeführt wurden, kam die Gefahr auf, dass ältere Diesel-Laster nicht mehr durch diese Gebiete rollen dürfen: „Bei den Elektromodellen kann ein solches Problem erst überhaupt nicht aufkommen.“
Schon vor Jahren in Oberhausener Firma Photovoltaik und Blockheizkraftwerk einbauen lassen
Schließlich haben den Unternehmer aber auch die Nachrichten über die katastrophalen Folgen der Erderwärmung aufhorchen lassen, maßgeblich durch fossile Energie verursacht: „Da kann man doch nicht tatenlos zusehen.“ In dem Jahr, als er das erste E-Fahrzeug kaufte, hatte der Geschäftsführer auch gleich eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Firmengebäudes im Gewerbegebiet „Im Lipperfeld“ montieren und einige Zeit später ein Blockheizkraftwerk einbauen lassen.
Voran ging es zudem mit der Anschaffung weiterer Stromer. Mittlerweile schickt die Firma fünf E-Transporter und sechs Elektro-Pkw auf die Straßen. Dass Joachim Schultz die Kleinfahrzeuge in seine Bilanz einrechnet, hat gute Gründe: Denn auch damit legen die Mitarbeiter einen Teil der Strecken zurück, erledigen Aufträge oder weitere Dienstfahrten. Denn neben riesigen Stahlwalzen transportiert die Spedition auch Briefe, Pakete, Werkzeuge oder Hilfs- und Betriebsstoffe.
Für weitere E-Lastwagen in Oberhausen braucht das Stromnetz mehr Kapazitäten
Gerade das Aufstocken der Zahl von E-Transportern war aber nur möglich, weil die Spedition auf Ladekapazitäten zurückgreifen kann, die ihr an ihrem zweiten Standort, auf dem Gelände von Thyssenkrupp in Duisburg, zur Verfügung stehen. In Oberhausen ist das Ende der Fahnenstange schon längst erreicht. Das vorhandene Stromnetz reicht nicht, um noch weitere Ladesäulen anzuschließen.
Da das Limit erreicht ist, kann Schultz auch keine weiteren E-Lkw oder -Sattelschlepper anschaffen, so gern er das auch möchte. Er hat allerdings schon längst Gespräche mit der Oberhausener Netzgesellschaft aufgenommen, die den Ausbau für sein Grundstück voranbringen will. Die Stadtwerke-Tochter entwickelt derzeit mögliche Konzepte, wobei auch noch zu regeln sein wird, wer am Ende für die Kosten aufkommt. Denn wenn die Spedition der eigentliche Nutznießer ist, wird sie kaum umhinkommen, einen gehörigen Batzen zu übernehmen.
Elektro-Lkw sind teuer, aber für das Unternehmen eine attraktive Alternative
Apropos Kosten: Der Kauf elektrobetriebener Laster geht kräftig ins Geld. Sie kosten mitunter das Vierfache dessen, was ein Käufer von Fahrzeugen mit herkömmlichem Diesel aufbringen muss. Lkw bis 7,5 Tonnen verschlingen etwa 120.000 Euro, ein 40-Tonner rund 400.000 Euro. Ein solcher dieselbetriebener Sattelschlepper ist in der Dieselvariante für etwa 120.000 Euro zu haben.
Nun sind es keineswegs die Kosten, die den Unternehmer vor eine Hürde stellen. Bund und Land stellen durchaus Fördergelder bereit, um der Branche Anreize für einen Umstieg zu bieten, der allmählich in den Unternehmen beginnt. Von den Finanzspritzen hat Schultz auch schon beim Erwerb anderer Fahrzeuge profitiert. Er kritisiert die Spielregeln, die für die Vergabe gelten: „Das funktioniert nach dem Windhundprinzip und wenn der Topf in dem einen Jahr leer ist, muss man ein Jahr warten. Wenn man bei solchen Investitionssummen auf Geld warten muss, kann das ein Unternehmen über die Maßen belasten“.
Zwei Lastwagen fahren demnächst mit Biogas
Dabei sind die E-Lkw Jahr für Jahr technisch gereift, betont der Geschäftsführer. Batterien der neuen Generation erlauben eine Reichweite von 300 bis 400 Kilometer. Das reiche für eine Spedition, die hauptsächlich regional unterwegs ist, vollkommen aus. Erheblich kürzer fallen inzwischen auch die Ladezeiten selbst aus, mitunter reicht eine halbe Stunde, bis wieder „vollgetankt“ ist. Dass zudem die Technik erlaubt, gespeicherten Strom von einem Lkw auf einen anderen Laster zu übertragen, „ist ein großer Gewinn“, unterstreicht Joachim Schultz. „Dadurch kann man die Wagen viel flexibler nutzen.“ Wenn eben möglich, möchte der Seniorchef in den nächsten drei Jahren etwa sieben Elektro-Lkw anschaffen.
Bevor es dazu kommt, steht aber schon Anfang Oktober ein Schritt bevor, der den Ausstoß von Kohlendioxid drosselt. Die zwei mit LNG-Gas betriebenen Lastwagen bekommen dann eine Biovariante in ihre Tanks. Weiterer erfreulicher Effekt des Wechsels: Die Fahrzeuge fahren auch deutlich leiser.
Spedition Schultz Logistik
Der Vater des jetzigen Seniorchefs hat das Unternehmen 1951 gegründet. 1982 hat Joachim Schultz die Geschäftsleitung übernommen. Mit Tochter Annika Teske (38) steht nun eine Frau an der Spitze des Unternehmens.
Die Firma hat insgesamt 75 Mitarbeiter, von denen ein Teil in Oberhausen beschäftigt ist, der andere am Standort in Duisburg. Von den 50 Fahrzeugen sind elf rein elektrisch betrieben, hinzu kommen dann die zwei Bio-LNG-Lkw.