Oberhausen. Die Gießerei Fitscher Guss steht wirtschaftlich unter enormen Druck. Das ließe sich ändern, sagen die Chefs – und nehmen die Ampel ins Visier.
Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall schlägt Alarm: Industriefirmen drohe der Abstieg, hat vor kurzem Verbandspräsident Stefan Wolf gewarnt. Die Sorgen teilt der Oberhausener Traditionsbetrieb Fitscher Guss. Das Unternehmen mit seinen 106 Beschäftigten leidet enorm unter den „zu hohen Strompreisen“, betont die Geschäftsleitung, man stehe wirtschaftlich unter einem wohl noch nie da gewesenen Druck.
Oberhausener Gießerei gehört zu den größten Stromabnehmern
Zielscheibe der Kritik ist insbesondere die Ampel-Koalition in Berlin. Denn nach Ansicht von Diana Fitscher, geschäftsführende Gesellschafterin, und Geschäftsführer Stefan Michel habe es die Regierung bislang versäumt, gerade der Industrie in diesen schwierigen Zeiten ausreichend zur Seite zu stehen. Warum nun gerade die Energiekosten eine solche Last darstellen, verdeutlicht der 58-jährige Firmenchef anhand folgender Zahlen: „Wir verbrauchen an einem einzigen Tag so viel Strom wie sechs Haushalte im gesamten Jahr und dürften in Oberhausen mengenmäßig zu den größten Abnehmern zählen“. Pro Jahr kommen etwa vier Millionen Kilowattstunden zusammen und entsprechend hoch falle bei einem Preis von deutlich über zehn Cent pro Kilowattstunde die Rechnung aus. Unternehmen in anderen Ländern zahlen aber gerade mal die Hälfte des hier üblichen Strompreises oder noch weniger, betont Michel. Wenn er von anderen Staaten spricht, meint er aber weniger Fernost als vielmehr Wettbewerber auf dem europäischen Markt, beispielsweise Hersteller aus Polen oder Spanien.
Dabei hat die heimische Firma, die nächstes Jahr ihr 125-jähriges Bestehen feiert, sich schon zu Zeiten von fossilen Energieträgern, also Gas und Öl, verabschiedet, als von Klimawandel noch kaum die Rede war. In den 80er Jahren hat bereits der damalige Firmenchef Dieter Fitscher die Weichen gestellt und die Gießerei auf Strom umgestellt. „Eine wegweisende Entscheidung, über die wir bis heute sehr froh sind“, sagt Diana Fitscher, die in vierter Generation an der Spitze des Betriebs steht. Auf Klimaschutz lege die Gießerei nun mal großen Wert, betont die 31-Jährige. Das zeige sich auch noch an anderen Stellen. Bei der Staubbelastung im Umfeld der beiden Firmenstandorten (Paul-Reusch-Straße und Parallelstraße) erreicht der Betrieb Werte, die gerade mal etwa zwei Prozent der zulässigen Menge ausmachen. Zudem komme in den Werkshallen ausschließlich recyceltes Material zum Einsatz, hebt die Geschäftsführerin hervor.
Unternehmen möchte gern komplett auf grüne Energie umschwenken
Das Unternehmen möchte aber durchaus noch mehr zur sogenannten Dekarbonisierung beitragen. Um den CO₂-Ausstoß weiter zu verringern, würde das Unternehmen komplett auf Öko-Strom setzen. „Aber dann müssten wir einen noch viel höheren als den jetzigen Preis zahlen, der uns bereits ins Hintertreffen bringt“. Sowohl Fitscher als auch Michel erkennen durchaus an, dass die Ampel-Regierung ein Entlastungspaket für die Wirtschaft geschnürt hat, wodurch auch etwas Spannung von den Strommärkten genommen wurde. Aber am Ende sei die Regierung zu kurz gesprungen, der gewünschte Effekt sei ausgeblieben. Erforderlich wären Finanzspritzen, damit Firmen den Wandel hin zu grüner Energie stemmen können.
Über die Energiepreise hinaus macht Fitscher Guss aber auch die Auftragslage zu schaffen. „Wir spüren bei den Kunden eine gewisse Zurückhaltung, denn die Unternehmen kämpfen mit der Inflation, gestiegenen Personal- und Materialkosten“, erläutert der Geschäftsführer. Angesichts der aktuellen Entwicklung hält sich die Gießerei auch selbst mit Investitionen zurück, beispielsweise einen neuen Schmelzofen oder andere Anlagen anzuschaffen. Mit ihnen ließe sich nicht nur Qualität und Präzision noch weiter steigern, sondern es käme auch Technik zum Einsatz, die weniger Energie verbraucht und damit dem Umweltschutz dienen würde.
Oberhausener Firma hat Zahl der Beschäftigten um 30 Prozent gesteigert
Mit einer solchen Zurückhaltung steht der Betrieb im Übrigen nicht allein. Arbeitgeberchef Wolf hatte auch moniert, dass der deutschen Wirtschaft in den letzten Jahren rund 300 Milliarden Euro an Investitionen verloren gegangen seien. Stattdessen sei das Geld ins Ausland geflossen, erklärte Wolf. Zudem weiß auch Michel, der dem Präsidium des Bundesverbandes der deutschen Gießereiindustrie angehört, dass speziell die eigene Branche in Nöten steckt.
Wolf hatte ebenso die Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen aufgeworfen, wenn im benachbarten Ausland Lohnkosten deutlich niedriger ausfallen oder auf anderen Gebieten Entlastungen ausbleiben. Ganz ohne Produkte aus Industriebetrieben wie Fitscher Guss wird aber der Alltag der Menschen wohl kaum funktionieren, unterstreichen Stefan Michel und Diana Fitscher. Die Spezialteile für Getriebe, die mitten in der City und im Stadtteil Lirich entstehen, kommen allerorten zum Einsatz: In Aufzügen ebenso wie in einem Zahnarztstuhl. Produktionsmaschinen, die Verpackungen herstellen, sind ebenso auf die Bauteile angewiesen, wie Anlagen, die Förderbänder bewegen. „Man kann die Verwendung vereinfacht in der Art zusammenfassen, dass die Module für Getriebe erforderlich sind, die Maschinen antreiben“, sagt Michel. „Wir haben das erforderliche Know-how und eine führende Position auf dem Weltmarkt. Uns ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die Zahl der Beschäftigten um etwa 30 Prozent zu steigern. Diesen Erfolgskurs möchten wir auch fortsetzen“, betont der Firmenchef.
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