Oberhausen. Seit 21 Jahren führt Wilhelm Hausmann die CDU in der einst so stark von der SPD dominierten Industriestadt Oberhausen. Jetzt gibt er sein Amt ab.
Er war durchaus stolz darauf, seine Partei in Oberhausen länger zu führen, als die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel die Bundes-CDU, die es immerhin 18 Jahre lang im viel schwierigeren Bundesgeschäft schaffte: Architekt Wilhelm Hausmann leitet den CDU-Kreisverband Oberhausen bereits seit 21 Jahren - und nun meint er: „Genug ist genug: Die Demokratie lebt davon, dass es zu Wechseln kommt.“ Hausmann ist derzeit der älteste amtierende CDU-Kreisvorsitzende in NRW.
Genauso wie Merkel hat der 53-Jährige den Zeitpunkt seines Rückzugs nach eigener Aussage selbst gewählt: „Ich werde nicht vom Hof gejagt, sondern habe mir schon vor zwei Jahren bei der letzten Wahl zum CDU-Kreisvorsitzenden überlegt, mich nun zurückzuziehen.“
Lehrerin tritt als Kandidatin für den Parteivorsitz am Dienstag an
Die Zeit ist wohl auch deshalb reif für einen Wechsel, weil jemand bereit und mutig genug ist, seinen Hut in den Ring zu werfen - und als Kandidatin für den obersten Posten der CDU Oberhausen beim Parteitag am Dienstagabend im Technologiezentrum TZU anzutreten: Simone-Tatjana Stehr. Die 53-jährige Lehrerin und Leiterin des Oberhausener Lehrerseminars kümmert sich bereits seit neun Jahren als CDU-Ratsfraktionsvorsitzende darum, mit ihrer 19-köpfigen Truppe den politischen Alltag mitzugestalten. Sie ist seit zwei Jahren Stellvertreterin von Hausmann und arbeitet seit drei Jahren im CDU-Landesvorstand mit.
Sollte sie von den gut 70 Delegierten am Dienstag gewählt werden, ballt sich die politische Macht der lokalen CDU bei der Pädagogin. „Entscheidend ist, dass wir in der Partei und Fraktion gute Teams haben, die engagiert mitarbeiten, aber mit Blick auf die Kommunalwahlen 2025 ist es gut, dass beide Funktionen im Rat und in der Partei in einer Hand liegen“, sagte Stehr beim Besuch der Redaktion im Vorfeld des Parteitages. Und fügt selbstbewusst hinzu: „Denn wir wollen unseren Einfluss in Oberhausen vergrößern.“
Junge Christdemokraten übernahmen zu Beginn des Jahrtausends die Führung
Um die Jahrtausendwende sah die Welt der Christdemokraten in der seit den 60er Jahren von der übermächtig erscheinenden SPD dominierenden Industriestadt ganz anders aus: Die CDU hatte sich mit der Rolle als ewiger Verlierer in Oberhausen abgefunden, da überließ man den ganz Jungen das Ruder: Wilhelm Hausmann übernahm vom bis heute engagierten Walter Paßgang 2003 den Kreisverband, der vier Jahre jüngere Daniel Schranz, seit 2015 Oberbürgermeister von Oberhausen, errang die Spitze der Ratsfraktion. Der Historiker trat 2004 zum ersten Mal als OB-Kandidat an: Er war damals gegen den beliebten Oberbürgermeister Klaus Wehling (SPD) noch chancenlos.
So wundert es nicht, dass Wilhelm Hausmann, gefragt nach seinen Verdiensten für Oberhausen, einen Wendepunkt besonders hervorhebt: „Dass wir es geschafft haben, mit Daniel Schranz den Oberbürgermeister von Oberhausen zu stellen, ist der größte Erfolg unserer Partei in meiner Zeit.“ Aber auch strukturell habe die CDU viel erreicht: „Heute sind wir für die Bürger erster Ansprechpartner in der Stadt. Und wir haben es auch geschafft, den roten Filz zu beenden und nicht durch schwarzen Filz zu ersetzen. Bei uns entscheidet nicht das Parteibuch, sondern die Qualifikation, wenn Posten zu besetzen sind.“
Hausmann will zwar kein Amt im CDU-Parteivorstand mehr bekleiden, zieht sich aber aus der Politik nicht zurück: Er will versuchen, bei der nächsten Landtagswahl im Jahre 2027 wieder einmal Landtagsabgeordneter zu werden. Ein paar Jahre hatte er das früher schon geschafft, galt in der Fraktion als Bau-Experte gesetzt.
Politisch ist der Wechsel an der Oberhausener Parteispitze, sollte er so klappen, durchaus interessant: Hausmann verstand sich immer als konservativer Ausleger seiner Partei, haderte mit der Merkel-Politik, war kein Laschet-, sondern ist ein Friedrich-Merz-Mann: Sauberkeit, Sicherheit, Ordnung, Wirtschaft first. Mit seiner direkten Sprache eckte er an, raufte sich gerne mit den Grünen, etwa als er die neuen Antidiskriminierungs-Meldestellen des Landes als „Spitzelsystem nach Stasi-Manier“ geißelte.
Stehr dagegen wollte nach der letzten Kommunalwahl mit den Grünen eine Koalition schließen, sie eroberte seit Beginn ihrer Amtszeit als Fraktionschefin urgrüne Themen in einer abgemilderten Version: mehr Radwege, einen schöneren Revierpark, der Abriss maroder Häuser zugunsten von Luftschneisen und Parks, weniger parkende Autos an den City-Straßen. Doch die bisherigen Stammthemen der CDU lässt sie auch nicht rechts liegen: Mehr Videoüberwachung am Hauptbahnhof, mehr Sauberkeit in den Innenstädten, verlangt sie.
Sollten die Delegierten die 53-jährige Pädagogin wählen, dann will sie die CDU so aufstellen, dass sie offener und moderner wirkt: „Wer sich politisch engagieren will, kann das auch kurzzeitig für bestimmte Projekte bei uns tun, auch wenn er kein Parteibuch hat oder sich nicht langfristig binden will“, verspricht Stehr.
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