Oberhausen. Der Integrationsrat Oberhausen feiert Multikulti mit einem farbenfrohen Adler-Logo, das bald auch in einer Nachbar-Kommune zu sehen sein wird.
„Keine Sorge“, sagt Ercan Telli, Geschäftsführer des Oberhausener Integrationrats, wenn jemand Schnappatmung bekommt beim Anblick seines Projekt-Logos: Es zeigt den altehrwürdigen Bundesadler, traditionsreiches Symbol des deutschen Staates, dessen Ursprünge sich bis ins Heilige Römische Reich zurückverfolgen lassen, eingefärbt in Rot, Orange, Blau, Lila, Pink und Grün. Für manche ein Frevel.
Der Sozialdemokrat sagt dann spitzbübisch: „Es ist immer noch unser Adler. Er trägt nur bunt.“ Und das ist für ihn und seine Mitstreiter der Initiative „Vielfalt ist meine Heimat“ nur folgerichtig: Schaut man sich um in Oberhausens Straßen, müsste man blind sein, um nicht zu erkennen, wie unterschiedlich die Menschen aussehen. Diese Vielfältigkeit als Reichtum zu feiern, das hat Ercan Telli sich zur Aufgabe gemacht. So erfolgreich, dass eine Nachbarstadt jetzt das Konzept kopieren will.
Am Anfang stand eine Beobachtung: „Die Mitte der Gesellschaft wird immer empfänglicher für antidemokratische, menschenfeindliche Stimmungen“, sagt Ercan Telli. Er will das nicht hinnehmen. „Das ist mein Land, das ist meine Stadt, das ist meine Heimat, hier wachsen meine Kinder auf.“ Anti-Rassismus, Anti-Faschismus, Anti-Diskriminierung – überall hat der 53-Jährige schon mitgemacht. Sein Fazit: „Anti-Kampagnen kommen nicht an.“ Man müsse positive Signale senden und die Menschen auf das aufmerksam machen, was gut läuft.
Während in den Talkshows verbal aufgerüstet wird, will der SPD-Politiker den Oberhausenern zeigen, dass sie bereits in einer multikulturellen Welt gut leben, zumeist friedlich mit zig Kulturen, Hautfarben, Sprachen und Religionen. Dies ist das Ziel des Projekts „Vielfalt ist meine Heimat“: „Die Normalität als Zukunftsvision zu verkaufen.“
Bunter Adler prangt in Oberhausen an Fassaden, Kinoleinwänden und Fußballplätzen
Seit etwa zwei Jahren gibt es den bunten Adler schon, prangt dieser als Plakette an Grundschulen, Kitas, Kultur- und Sportstätten. Ein Symbol, das sich im Straßenbild häuft und somit ins Gedächtnis brennt. Der farbenfrohe Greifvogel zierte bereits eine Straßenbahn und T-Shirts, tauchte im Schwimmbad ebenso auf wie auf Litfaßsäulen, Kinoleinwänden und an der Bande auf dem Fußballplatz. Ercan Telli freut sich darüber, schließlich hat er das Logo zu verantworten. Doch er möchte keinesfalls, dass „Vielfalt ist meine Heimat“ zum Abziehbild verkommt.
„Dies ist eine auf Dauer angelegte Demokratie-Kampagne“, betont der Sozialdemokrat. Wer mit einer Adler-Plakette seinen Eingang ziere, verpflichte sich auch dazu, jährlich in Form von Aktionen etwas für die Bildung zu tun – gegen Fake News, gegen rechte Propaganda, für ein „Wir-Gefühl“, ohne das es nach Auffassung von Telli nicht geht. „Oberhausen ist durch Zuwanderung entstanden. Wir können Integration, seit Jahrhunderten schon“, ermutigt er die Skeptiker. Er will nicht zulassen, dass die Erfolge von einigen kaputtgeredet werden. Dass die gesellschaftliche Stimmung angesichts der Krisen und Kriege ins Negative kippt, die Debatten denen überlassen werden, die Hass und Hetze verbreiten.
„Demokratie muss man jeden Tag neu verteidigen“, ist Ercan Telli überzeugt. Mit Filmvorführungen und Diskussionsrunden an Schulen, mit 8000 Schwimmbad-Freikarten für Kinder, mit Fußballspielen, mit Netzwerktreffen, Nachbarschaftsfesten, Wahlaufrufen und immer wieder dem bunten Bundesadler, der daran erinnert, dass die Oberhausenerinnen und Oberhausener vielfältig sind. Dafür hat er Verbände und Vereine ins Boot geholt, Religionsgemeinschaften, Lokalpolitiker und Kultureinrichtungen.
Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link ist begeistert von Oberhausener Projekt
Die Idee kommt an, nicht nur in Oberhausen, wo der Integrationsrat mit Unterstützung der Stadt und Sponsorengeld von Unternehmen seine Aktionen umsetzen konnte. Auch in der Nachbarstadt Duisburg ist man aufmerksam geworden. Oberbürgermeister Sören Link (SPD) sei begeistert vom Vielfalts-Projekt, sagt Ercan Telli stolz. Am 23. Mai, dem Tag, an dem das Grundgesetz 1949 in Kraft getreten ist, wurde dort offiziell der Startschuss gegeben. Der bunte Adler flattert seitdem auf einer Flagge am historischen Rathaus in Duisburgs Innenstadt und auch die Plakette durfte an dem denkmalgeschützten Gebäude angebracht werden.
Telli freut sich enorm über diese Wertschätzung seiner Arbeit. Er will die Duisburger dabei beraten, wie sie die Oberhausener Ideen umsetzen und eigene entwickeln können. Was sie daraus machen, werde sich dann mit der Zeit zeigen. Doch er ist sicher: Die Stadt am Rhein wird nicht die letzte sein, die sich von Oberhausens bunter, positiver Zukunftsvision anstecken lassen.
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