Oberhausen. Seit gut 100 Jahren dinieren Gäste in der Schlossgastronomie Kaisergarten in Oberhausen. Küche vereint Bodenständigkeit und Finesse. Ein Test.
- In der Schlossgastronomie am Kaisergarten stehen raffinierte und bodenständige Gerichte auf der Karte
- Die Gäste dinieren im „Saal Graf Westerholt“, Abendgarderobe ist erfreulicherweise keine Pflicht
- Die meisten Gerichte kosten weniger als 30 Euro
Seit 1923 müssen Besucherinnen und Besucher nach einem Spaziergang durch den Kaisergarten nicht hungrig nach Hause gehen. Damals eröffnete die erste Schloss-Gaststätte an der heutigen Konrad-Adenauer-Allee – die Geburtsstunde der Schlossgastronomie Kaisergarten, wie wir sie heute kennen. Doch lässt es sich in dem Restaurant wirklich so herrschaftlich speisen, wie der Name vermuten lässt? Wir haben den Test gemacht – wie immer anonym, unangekündigt und mit subjektiven Geschmacksknospen. Und unsere Rechnung haben wir selbstverständlich selbst gezahlt.
Die Atmosphäre: Herzlich und mit einem Lächeln auf den Lippen begrüßen die Servicekräfte die Gäste – und das, obwohl sich leere Teller auf den Unterarmen stapeln, die schleunigst in die Küche müssen. Nach einem schnellen Blick auf die Reservierungsliste geht es ebenso schnell zum Tisch. Das Tempo ist ungewöhnlich zügig für einen gemütlichen Restaurant-Besuch, aber noch völlig in Ordnung. Immerhin ist auch viel zu tun an diesem frühen Sonntagnachmittag.
Man diniert im „Saal Graf Westerholt“. Wie passend, ist das Restaurant doch im Gebäudekomplex des Schlosses Oberhausen untergebracht, erbaut zu Beginn des 19. Jahrhunderts für den Grafen Max Friedrich von Westerholt-Gysenberg. 120 Gäste haben hier Platz. Sie blicken auf einen Flügel und einen stattlichen alten Servierwagen voll edler Tropfen. Zwei Kronleuchter sorgen fürs rechte Licht. In den abgetrennten Prinzensaal passen noch einmal rund 100 Gäste, zudem gibt es einen Café-Bereich und im Sommer öffnet der Biergarten.
Wer sich jetzt sorgt, fürs Essen am Kaisergarten in Abendkleid oder Konfirmationsanzug schlüpfen zu müssen, kann aufatmen. Denn wir sitzen nicht in einem Sterne-Restaurant. Das mag manch einer schade finden. Andere wird‘s freuen, dass Jeans und Pulli gern gesehen sind und Gespräche auch mal lauter ausfallen dürfen.
Die Lage: Besser geht‘s fast gar nicht. Die Schlossgastronomie liegt direkt am Kaisergarten, zwischen Rhein-Herne-Kanal und Ludwiggalerie. Parkplätze (an Wochenenden gebührenpflichtig) gibt es wenige Schritte von der Eingangstür entfernt, stehen aber allen offen und sind deshalb schnell belegt. An der Konrad-Adenauer-Allee kann man zudem am Straßenrand parken oder einen Platz weiter entfernt suchen und durch den Kaisergarten zum Restaurant spazieren.
Die Speise-Auswahl: Eines fällt sofort auf. Die Gerichte vereinen Ruhrpott-Bodenständigkeit und Finesse. Der Blutwurst-Kartoffel-Mix „Himmel und Erde“ steht ebenso auf der Karte wie Grünkohl und Schweineschnitzel „Wiener Art“. Doch auch das „echte“ Wiener Schnitzel aus Kalbfleisch ist zu haben, außerdem Wolfsbarsch mit Wirsing und Rieslingschaum, Blumenkohl-Tahini-Süppchen mit Granatapfel-Kernen oder Ochsenbäckchen in Portweinjus. Sympathisch unaufgeregt: Als „Schmackofatz für die Kleinen“ ist sich die Schlossgastronomie nicht zu fein, gerne auch Chicken Nuggets oder Fischstäbchen mit Pommes und Mayo oder Ketchup anzubieten.
Der Geschmack: Den Anfang beim Testessen macht gegrillter Ziegenkäse auf Birne mit Preiselbeeren und Kresse. Der Käse ist angenehm warm und vereint zarte Textur und starken Geschmack. Das würzige, fein-säuerliche Aroma passt prima zu den darunterliegenden Birnenstückchen. Das macht Lust auf mehr.
Als Hauptspeise bringt die Servicekraft argentinisches Rumpsteak und Ochsenbäckchen. Vor allem das Steak ist ein echter Hingucker: Aus Bohnen, Speck, gerösteten Zwiebeln und Kresse-Garnitur hat der Koch oder die Köchin ein kleines Türmchen aufs Fleisch gezaubert. Das Auge isst mit. Wem‘s nicht passt, der reißt das Türmchen ein und findet darunter ein zartrosa gebratenes Steak. Medium, wie gewünscht. Was besonders gefällt: Das Fleisch ist nicht überwürzt und kann seinen fleischigen Geschmack entfalten. Extra-Würze bringt die Soße mit sich, von der am Ende des Mahls kaum etwas übrig bleibt. Die Portion ist überraschend groß, auch an den Bratkartoffeln als Beilage wird nicht gespart.
Auch der Teller mit den Ochsenbäckchen ist ordentlich gefüllt, Hingucker hier: der Semmelknödel, der nicht rund daherkommt, sondern in Form einer schräg angeschnittenen Rolle. Dazu ist er angebraten. Die Ochsenbäckchen sind butterzart, das Messer gleitet federleicht hindurch. Fleisch und Soße schmecken kräftig und schwer, Schmackofatz für die Großen. Das Wirsing-Gemüse könnte da gut etwas frische Leichtigkeit bringen, hat nach dem subjektiven Empfinden der Testesserin aber leider etwas zu viel Salz abbekommen. Doch das ist schnell vergessen, viel größere Sorgen kommen auf, ob am Ende des üppigen Gerichtes noch Platz für ein Dessert ist.
Die Schlossgastronomie Kaisergarten in Oberhausen
Die Adresse der Schlossgastronomie lautet Konrad-Adenauer-Allee 48. Montags ist Ruhetag, dienstags bis sonntags öffnet das Restaurant von 11 bis 21 Uhr.
Reservierungen nimmt die Schlossgastronomie unter Tel.: 0208-290220 entgegen. Wer vorab in der Karte stöbern möchte, findet sie im Internet auf kaisergarten.de.
Gut, dass ein Orangenparfait im Magen schmilzt und daher gar nicht so viel Platz benötigt. Sahnig-cremig und fruchtig-frisch bildet es einen leckeren Abschluss. Wohl eher zufällig landet die Küche hier einen Volltreffer: Der Testesser liebt Mandarinen und kann sein Glück kaum fassen, dass die Stückchen auf seinem Teller frisch sind und nicht wie anderswo so oft aus der Dose.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis: Das teuerste Gericht auf der aktuellen Karte kostet 30,50 Euro (Rumpsteak). Alle anderen Gericht bleiben unter der 30-Euro-Marke. Vorspeisen kosten zwischen 13 (gratinierte Semmelknödel) und 14,50 Euro (jeweils Rinder-Carpaccio und Forellenfilet). Süppchen sind für 8,50 bis 9 Euro zu haben. Bei den Fischgerichten reicht die Preisspanne von 25 Euro für den Wolfsbarsch bis 27,50 Euro für gebratenen Kabeljau.
Für die vegetarischen Tagliarini zahlt ein Gast 16,50 Euro für Salate zwischen 17,50 Euro in der Zitronenhähnchen-Variante und 21 Euro für den Salat Edelfisch mit Champagner-Dressing. Beliebt ist die Schlossgastronomie auch für eine kurze Einkehr am Nachmittag, etwa nach einem Besuch in der Ludwiggalerie. Für diesen Anlass stehen verschiedene Kuchen auf der Karte, das Stück kostet zwischen 3 und 4 Euro. Marzipanwaffeln kosten je nach Zusatz 4 Euro in der puren Variante bis 8,30 Euro, wenn neben der Waffel heiße Kirschen, Eis und Sahne serviert werden.
Das Testessen mit einer Vorspeise, zwei Hauptgerichten, einem Dessert und Getränken hat insgesamt rund 90 Euro gekostet. Die Testesser sind sehr satt geworden und haben die Gerichte sehr genossen.
Dieser Artikel erschien erstmalig am 20. Februar 2024 auf dem Portal der WAZ Oberhausen.
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