Mülheim. Die AOK hat neue Daten zur Kindergesundheit, auch in Mülheim. Bei Übergewicht schauen Eltern oft weg. Mehr ADHS-Diagnosen. Viele Sorgen und Nöte.
Immer mehr Kinder und Jugendliche in Mülheim haben massives Übergewicht. Das legen neue Zahlen der AOK Rheinland/Hamburg nahe. Danach hatten im vergangenen Jahr (2023) 5,8 Prozent der AOK-versicherten Kinder die Diagnose Adipositas, gegenüber 5,3 Prozent im Jahr 2022. Die Zahl bezieht sich auf Jungen und Mädchen ab dem Kita-Alter, von drei bis 17 Jahren.
Auch die ADHS-Diagnosen in Mülheim sind im Vorjahr gestiegen, hier wurden Kinder und Jugendliche ab sechs Jahren erfasst. Bei 4,2 Prozent von ihnen ist diese psychische Erkrankung festgestellt, gegenüber 3,8 Prozent in 2022. Im Gegensatz zur Adipositas, wo die Werte seit Beginn der Corona-Pandemie - 2020 - stetig gestiegen sind, sieht man eine solche klare Entwicklung bei den ADHS-Diagnosen nicht.
Neue AOK-Zahlen für Mülheim: Kinder mit Adipositas oder ADHS
Erfasste Krankheitsfälle sind kein Abbild der Wirklichkeit, das gilt auch in Sachen Kindergesundheit. In Mülheim sind mehr als ein Drittel der Kinder bei der AOK versichert, tendenziell eher Mädchen und Jungen aus einkommensschwächeren Familien. Um der Realität näher zu kommen, hat die AOK Rheinland/Hamburg im Februar und März 2024 eine repräsentative Elternbefragung durchgeführt und daraus den Kindergesundheitsatlas 2024 erstellt, der in diesem Herbst veröffentlicht wurde.
Insgesamt wurden 5000 Familien zur Gesundheit ihrer Kinder intensiv und repräsentativ befragt. Bei einer Präsentation in Essen stellte die AOK jetzt auch Detailergebnisse für das Ruhrgebiet vor. Im Mittelpunkt der Studie stehen zehn häufige chronische Erkrankungen, das allgemeine Wohlbefinden der Kita- und Schulkinder sowie der Medien- oder Suchtmittelkonsum.
Große Dunkelziffer bei extremem Übergewicht - aus Scham?
Bei der Adipositas zeigten sich einige Besonderheiten. Hier wurde nicht nur die Einschätzung der Eltern abgefragt, sondern zum Vergleich sollten auch Größe, Gewicht und Alter der Kinder angegeben werden, um den Body-Mass-Index (BMI) zu ermitteln, auf dem die Diagnose Adipositas basiert. Laut BMI waren sieben Prozent der Kinder aus den befragten Familien adipös. Doch nur 1,7 Prozent der Eltern gaben an, dass ihr Kind eine entsprechende Diagnose bekommen habe.
„Die Dunkelziffer ist wohl noch größer als gedacht“, so ein Ergebnis der AOK-Studie. Oft spiele vermutlich auch Scham eine Rolle, ergänzt Oliver Hartmann, AOK-Regionaldirektor für das Ruhrgebiet, weil Eltern sich mitschuldig fühlen, wenn ihre Kinder stark übergewichtig sind.
ADHS: Schon der Verdacht belastet Eltern sehr
Bei ADHS gaben 4,2 Prozent der befragten Eltern im Ruhrgebiet an, dass ihr Kind eine entsprechende Diagnose habe - hier liegt Mülheim mit den oben genannten Zahlen exakt im Schnitt. Weitere 4,8 Prozent vermuten, dass ihr Kind an ADHS leidet, obwohl noch kein Arzt dies offiziell bescheinigt hat. Allein die Vermutung belastet Eltern oft schwer. Viele haben erheblichen Informationsbedarf - zur Krankheit selber, zu Behandlungsmöglichkeiten oder zur Organisation des Alltags mit einem betroffenen Kind.
„Schon Beratung in der Schwangerschaft zahlt ein auf die Gesundheit der Kinder.“
„Es gibt viele Sorgen und Nöte, nicht erst ab dem Zeitpunkt der Diagnose“, stellt auch Raphael Noll, Marktforschungsreferent bei der AOK, fest, der die Umfrage konzipiert und begleitet hat. „Die Ergebnisse verdeutlichen, dass wir die Gesundheitskompetenz in den Familien und besonders bei den Eltern stärken müssen“, erklärt Regionaldirektor Oliver Hartmann. Neben den Kinder- und Fachärzten seien auch die Krankenkassen in der Pflicht.
Kooperation mit den Familienhebammen in Mülheim
In Mülheim hat die AOK ihre neue Zentrale im Forum so konzipiert, dass dort auch Seminare stattfinden. Sie arbeitet beispielsweise mit dem Mülheimer Netzwerk „Frühe Hilfen“ und den Familienhebammen zusammen. „Schon Beratung in der Schwangerschaft zahlt ein auf die Gesundheit der Kinder“, so Oliver Hartmann. Auch die Familienzentren in Mülheim spielten eine wichtige Rolle. „Wir werden es nicht schaffen, noch mehr Geld ins Gesundheitssystem zu pumpen, aber wir können durch unsere Lotsenfunktion neue Synergien schaffen. Es mangelt nicht an Angeboten“, meint Hartmann, „aber man muss die Menschen auch dort hinbekommen.“
Ausführliche Infos zur repräsentativen Elternbefragung und alle Ergebnisse finden sich auf aok.de/rh/kindergesundheitsatlas.
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