Mülheim. Ein Geschichtslehrer aus Mülheim hat einen Bunker in Kevelaer gekauft und umgebaut. Er vermietet erfolgreich und erlebt einiges mit den Gästen.

Zwischen Mülheim und Kevelaer liegen rund 65 Kilometer Autofahrt. Wenn man perfekt durchkommt: eine gute Stunde, meist mehr. Jeden Morgen hin, jeden Nachmittag zurück. Tristan Tiedtke (37) war das zu viel, als er vor zehn Jahren seine Stelle als Geschichtslehrer an der Gesamtschule Kevelaer antrat.

Verwurzelt in Broich, zuvor Referendar an der Mülheimer Luisenschule, suchte er in Kevelaer eine Wohnung. Er fand statt dessen: einen alten Luftschutzbunker im Ortsteil Twisteden, den er für 100.000 Euro erwarb und umbaute. Er startete ein Projekt, das ihn seitdem auf Trab hält und eine erfolgreiche Geschäftsidee wurde. Tiedtkes „Bunker 35“ ist mittlerweile ein Renner auf Airbnb.

Mülheimer baute ehemaligen Nato-Bunker um

Das Areal in Twisteden, auf dem der Mülheimer seine spezielle Immobilie fand, ist ein ehemaliges Munitionsdepot der Nato aus den achtziger Jahren. In den Neunzigern wurde es an Investoren verkauft. Der Traberpark Den Heyberg entstand dort, und etliche Bunker wurden umgebaut zu Ferienhäusern.

Insgesamt 325 alte Bunker stehen am Traberpark Den Heyberg in Twisteden, dieser hier - „Bunker 35“ - wird über Airbnb vermietet.
Insgesamt 325 alte Bunker stehen am Traberpark Den Heyberg in Twisteden, dieser hier - „Bunker 35“ - wird über Airbnb vermietet. © Tiedtke

Insgesamt 325 Bunker stehen im Park. Tristan Tiedtke übernahm seinen nur ansatzweise renoviert. Den Vorbesitzern sei das Geld ausgegangen, erzählt er. 140 Quadratmeter Gesamtfläche, bis zu vier Meter hohe Decken: Was genau die amerikanischen Streitkräfte früher in diesem Bunker gelagert haben, dazu habe er keine Unterlagen, sagt der Geschichtslehrer. „Jedenfalls waren es keine biologischen oder atomaren Waffen.“

Seit acht Jahren Gastgeber auf Airbnb

Der Umbau war keine Kleinigkeit. auch finanziell. Tiedtke ließ Fenster hineinschneiden, Wände einreißen, den grauen Beton isolieren, verputzen, streichen. Eine Luft-Wärme-Pumpe beheizt den Bunker, eine Solaranlage auf dem - begrünten - Dach soll noch folgen. Der offene Wohnbereich, zwei Schlafzimmer, Küche, Bad, sind komplett eingerichtet. Tiedtke präsentiert Fotos auch auf Instagram (bunker_35_tt). Bücherregale, Billardtisch, kolossaler Schreibtisch, Sofalandschaft, Einbauküche, Hausbar, möblierte Terrasse, sogar ein Klavier. Dennoch unverkennbar: ein Bunker, mit geducktem Dach, dicken Betonwänden und sprengstoffsicherer Stahltür neben dem gläsernen Eingang.

Tristan Tiedtke (37) ist Geschichtslehrer an einer Gesamtschule und mit seinem Bunker „Superhost“ auf Airbnb.
Tristan Tiedtke (37) ist Geschichtslehrer an einer Gesamtschule und mit seinem Bunker „Superhost“ auf Airbnb. © Picasa

Seit nunmehr acht Jahren ist der Mülheimer Gastgeber auf Airbnb, inzwischen sogar „Superhost“. Auch als Filmkulisse hat sich sein Bunker schon bewährt: Der Mülheimer Regisseur Alexander Waldhelm drehte dort eine Szene seines Ruhrgebiets-Krimis „Beziehungen - kein schöner Land“, der im September 2022 Premiere feierte. Die Beiden sind befreundet und führen gemeinsam die Mülheimer Freimaurer-Loge.

Gute Online-Bewertungen: „Das macht mich glücklich“

Die Airbnb-Bewertungen für Tiedtkes Bunker sind überwiegend exzellent, im Schnitt fast 4,8 von 5 möglichen Sternen. Aus den Kommentaren wird deutlich, dass oft Freundescliquen dort ein paar entspannte Tage verbringen. Ein Mann schrieb im August: „Wir hatten ein wirklich tolles Wochenende. Eine echte Männerhöhle mit Billard, Dart, Grill etc.“

Tristan Tiedtke findet so ein Feedback klasse. Er sagt: „Das Ganze kostet Arbeit und Zeit, aber ich sehe es als Hobby. Wenn Leute sagen, sie haben eine super tolle Zeit im Bunker, macht mich das glücklich.“ Wer sich dort einmietet, das sei ganz unterschiedlich. Tatsächlich seien es oft Gruppen von jungen Männern, die in einer coolen Umgebung ein entspanntes Wochenende verbringen möchten.

Auch Festivalgänger mieten den Bunker, etwa zum Parookaville

Im Sommer kämen auch Partygänger, die Festivals auf dem nahegelegenen Airport Weeze besuchen, etwa das Parookaville. Oder Familien, die einen Ausflug ins „Irrland“ planen. Bands, die sich zum Proben oder für Aufnahmen zurückziehen. Freizeitsportler, die bei den „Mud Masters“ antreten.

Auch ein Billardtisch steht im „Bunker 35“.
Auch ein Billardtisch steht im „Bunker 35“. © Tiedtke

Wenn Events anstehen, gehe er auch mit den Preisen hoch - Tiedtke macht daraus kein Geheimnis. Wenn‘s hoch kommt, etwa Parookaville ansteht, nimmt er bis zu 1600 Euro pro Nacht, allerdings können sechs Personen im Bunker übernachten. Regulärer Preis unter der Woche: 222 Euro, am Wochenende 300. Wenn nicht viel los ist, vermietet der Mülheimer nach eigener Auskunft auch deutlich günstiger. „Unter 100 Euro gehe ich aber nicht.“

Einiges geht durch Gäste zu Bruch, auch mutwillig

Doch auch mit den Schattenseiten der ständigen Vermietung muss Tristan Tiedtke leben - es kommt vor, dass Leute in seinem zweiten Zuhause nicht wohnen, eher hausen. So kam kürzlich eine Fünf-Sterne-Bewertung, jedoch mit kleinen Abstrichen. Eine Airbnb-Nutzerin lobt nahezu alles - ausgenommen „einige kaputte Gegenstände, die den Gesamteindruck etwas getrübt haben“. Sie vermutet, dass daran Gruppen Schuld sind, die keine Rücksicht nehmen auf die Einrichtung.

So ist es. In Einzelfällen zögen Leute ein, „über die man sich unglaublich ärgert“, sagt Tiedtke, „bei denen einiges kaputtgeht, auch mutwillig“. Einen riesigen Wasserschaden habe es schon gegeben, verursacht durch eine verstopfte Toilette, in die Gäste dann extrem viel Chemikalien schütteten. Zum vierten Mal musste die Couch ersetzt werden. Eine Fensterscheibe ging zu Bruch - „angeblich ist da eine Billardkugel durchgeflogen“, so der Gastgeber. Über Airbnb habe er solche Angelegenheiten jedoch bislang immer gut regeln können.

Blick in den offenen Wohnbereich von Tiedtkes Bunker. Das Haus zu mieten, in dem sechs Personen Platz haben, kostet am Wochenende 300 Euro pro Nacht. Die Preise variieren aber.
Blick in den offenen Wohnbereich von Tiedtkes Bunker. Das Haus zu mieten, in dem sechs Personen Platz haben, kostet am Wochenende 300 Euro pro Nacht. Die Preise variieren aber. © Tiedtke

Mülheimer begrüßt Gäste persönlich und erklärt die Bunker-Geschichte

Er habe die Erfahrung gemacht, dass Leute pfleglicher mit seinem Bunker umgehen, wenn sie die Geschichte hinter dem Bauwerk kennen. Daher begrüße er seine Gäste stets persönlich, mit einer kurzen historischen Einführung, berichtet der Geschichtslehrer. „Dass etwas geklaut wird, passiert eigentlich nicht. Häufiger, dass Leute was im Bunker vergessen.“

Verständlich, das Ding ist geräumig. Bei schönem Wetter können Gäste auf der Terrasse sitzen und in den blauen Himmel schauen oder über den Rasen auf die Nachbarbunker. Während Airbnb-Superhost Tristan Tiedtke womöglich wieder in Mülheim weilt und eine gute Stunde bis zur Arbeit fährt. Das kommt gelegentlich vor. „Ich bin mit dem Herzen Mülheimer“, sagt er. Und sein „Bunker 35“ ist einfach zu beliebt, dauernd belegt.

Wohnen in Mülheim - mehr zum Thema

Bleiben Sie in Mülheim auf dem Laufenden!

>> Alle Nachrichten aus Mülheim lesen Sie hier. +++ Abonnieren Sie kostenlos unseren Newsletter per Mail oder Whatsapp! +++ Hier kommen Sie zu unseren Schwerpunktseiten Wohnen, Gastronomie, Handel/Einkaufen und Blaulicht. +++ Zu unserem Freizeitkalender geht es hier. Legen Sie sich doch einen Favoriten-Link an, um kein Event zu verpassen! +++ Lokale Nachrichten direkt auf dem Smartphone: Laden Sie sich unsere News-App herunter (Android-VersionApple-Version).