Mülheim. Mülheims Rathaus war früher fest in SPD-Hand. Nun ist in der Verwaltungsspitze nur noch ein „Roter“ übrig geblieben. Er bekommt Verlängerung.
Das „Rote Rathaus“ in Mülheim ist Geschichte. Lange dominierten Dezernenten oder Geschäftsführer der städtischen Gesellschaften mit SPD-Parteibuch. Die Wahl des heutigen Oberbürgermeisters Marc Buchholz zu Mülheims Dezernenten für Bildung, Soziales und Co. markierte 2019 einen Wendepunkt. Zuletzt war nur noch ein „Roter“ in führender Position übrig geblieben: Stadtkämmerer Frank Mendack. Und er darf sogar bleiben, mit Segen der schwarz-grünen Ratsmehrheit.
Der Stadtrat folgte am Donnerstag fast einstimmig - nur die MBI stimmte mit ihren beiden anwesenden Lokalpolitikerinnen dagegen - dem Vorschlag von Oberbürgermeister Buchholz, von einer Ausschreibung des Wahlamtes des Beigeordneten abzusehen und Mendack für weitere acht Jahre zum Stadtkämmerer und Herrn über Mülheims Immobilien zu wählen.
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Mendack: „Nur so kommt man zu etwas unpolitischeren Ergebnissen“
„Das Vertrauen über alle Fraktionen hinweg, ist schon etwas Besonders“, bedankte sich Mendack nach seiner Wiederwahl. Ein Blick auf andere Städte zeige, dass Führungspositionen stets nach den aktuell regierenden Farben besetzt würden. „Das ist in Mülheim anders und so kommt man auch zu Ergebnissen, die insgesamt etwas unpolitischer sind“, so der alte und neue Kämmerer.
Seine Wiederwahl sei auch das Ergebnis der Arbeit seiner Kolleginnen und Kollegen aus dem Dezernat. Mendack dankte namentlich OB Marc Buchholz, nannte ihn einen „Wegbegleiter und Freund“. Mendack ergänzte: „Wir haben uns schon damals gut verstanden, als wir am Anfang mehr oder weniger alleine auf der Führungsebene im Rathaus waren.“
Frank Mendack: „Die Zeit geht nur schnell um, wenn es Spaß macht“
Mendack konnte es kaum glauben, dass schon acht Jahre seit seiner ersten Wahl vorüber sind. „Ich habe mich immer wohlgefühlt hier. Die Zeit geht nur schnell um, wenn es Spaß macht. Wenn es keinen Spaß macht, zählt man die Tage und die Zeit geht nicht um“, sagte Mendack.
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Obwohl Mülheim in jener Sitzung, als der Beigeordnete 2016 zum Stadtkämmerer ernannt wurde, dem Stärkungspakt beitrat, habe die Stadt in den kommenden Jahren auch sehr viel hinbekommen. „Es ist nur leider so, dass Bund und Land ihre Förderungen zurückfahren, weil sie selbst kein Geld haben. Deswegen kommt bei den Kommunen noch weniger an, sie stehen aber in der Verantwortung im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern“, so Mendack.
So lief die erste Bestellung Mendacks zu Mülheims Kämmerer
Die erste Wahl Mendacks zum Kämmerer im Dezember 2016 war weit weniger geräuschlos über die Bühne gegangen. Seine von der SPD eingestielte Bewerbung war erst kurz vor Bewerbungsschluss eingetrudelt. Gegen den ehemaligen Leiter der Stadtkanzlei von OB Dagmar Mühlenfeld, der erst zwei Jahre zuvor als Beigeordneter für Personal und Kultur nach Ratingen gewechselt war, wurden Ressentiments laut.
Nicht nur Mülheimer Bürgerinitiativen liefen 2016 Sturm gegen SPD-Mann Mendack
Frank Wagner vom Bürgerlichen Aufbruch (BAMH) sah Mendack mit dem Posten des Kämmerers überfordert, schließlich habe er, so die falsche Behauptung, weder einen Hochschulabschluss noch eine finanzwirtschaftliche Ausbildung vorzuweisen. Der BAMH schaltete gar die Bezirksregierung ein, weil er Kungelei vermutete zum Nachteil anderer Bewerber. Auch die Mülheimer Bürgerinitiativen lehnten Mendack von Beginn an strikt ab, sprachen ihm ebenso die Befähigung ab, das Finanzmanagement im heillos überschuldeten Mülheim zu übernehmen.
Mehr noch: Mendack stehe als ehemals rechte Hand von OB Mühlenfeld für das bestehende System, das insbesondere wirtschaftlich in Mülheim versagt habe, sagte seinerzeit Fraktionschef Lothar Reinhard. Mendack fehle nicht nur Kenntnis, sondern auch Stärke in themenübergreifender Koordinierung – und so eine Qualifikation, die ein Kämmerer mitzubringen habe, hieß es gar aus dem Führungszirkel des Rathauses. Dabei komme der Kämmerei im Ringen der Dezernate „eine Schlüsselrolle zu“.
Mülheims Grüne brachen schon 2016 eine Lanze für Frank Mendack
Vielleicht lag dann doch - neben der SPD - die damalige stellvertretende Sprecherin der Grünen, die heutige Bundestagsabgeordnete Franziska Krumwiede-Steiner, richtig mit ihrer Einschätzung im Jahr 2016: Mendack sei „fachlich versiert, kommunikativ und menschlich angenehm“. In der Funktion des Kämmerers bedürfe es keines Finanzjongleurs, sondern eines soliden Verwaltungsbeamten mit administrativen Erfahrungen.
Mendack wurde im Dezember 2016 nur mit knapper Mehrheit vom Stadtrat zum Kämmerer und Nachfolger von Uwe Bonan gewählt, der Mülheim mit einigem Zutun in die Überschuldung begleitet hatte. Die CDU nahm an der geheimen Abstimmung nicht teil. Von den verbliebenen 41 Politikern lehnten Mendack zwölf ab, drei Ratsmitglieder enthielten sich.
Mendack verdiente sich Anerkennung, aber er ist in Mülheim nicht „everybody‘s darling“
Mendack ist auch in seinen nun acht Jahren als Kämmerer nicht zu „everybody‘s darling“ mutiert. Insbesondere hat er viele Bürgerinnen und Bürger gegen sich aufgebracht mit den Entscheidungen, den Grundsteuer-Hebesatz um satte 39 Prozent anzuheben oder das wegen Brandschutzmängeln kurzerhand gesperrte VHS-Gebäude nicht zu sanieren.
Parteiübergreifend Anerkennung hat sich Mendack aber dafür verdient, dass er als stets nüchterner Sachwalter der Stadtkasse beharrlich alles daran gesetzt hat, die Zeiten exorbitanter Schuldenmacherei und dreistelliger Millionen-Defizite zu beenden. 2019, freilich mit Hilfe des NRW-Stärkungspaktes, gelang es Mendack erstmals, schwarze Zahlen am Ende des Haushaltsjahres bilanzieren zu können. Bis heute hat es keine Defizite mehr gegeben. Auch nach Ende der Landeshilfe, auch weil Mendack die maßgebliche Politik davon überzeugen konnte, den Realitäten des überschuldeten Mülheims endlich in die Augen zu schauen und Haushaltspolitik in konservativ-vorsichtiger Manier zu betreiben - und nicht in der Hoffnung, dass irgendwoher schon Geld herkommen würde.
Mülheims Stadtkämmerer räumte auf mit Zinswetten und anderen Desastern
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Große Würdigung erfährt Mendack auch für sein entschiedenes Handeln bezüglich der desaströsen Geschäfte, die sein Vorgänger Uwe Bonan und Vorvorgänger Gerd Bultmann angezettelt oder verschlafen haben. Mendack räumte die lange vernachlässigten und verharmlosten Risiken der Wetten auf Zinsen und Devisen (Schweizer Franken) ab. Er betrieb nach langem Nichtstun endlich Zinsoptimierung, um das milliardenschwere Kreditpaket der Stadt in der Niedrigzinsphase mittel- bis langfristig günstiger zu schnüren. Aktuell strebt er an, die Gunst der Stunde zu nutzen, um das Millionengrab der Hauptfeuerwache in Broich abzuräumen und die Wache endlich in städtischen Besitz zu nehmen, um nicht weiter Abermillionen als Mietzahlungen zu verpulvern.
Mendacks Lohn ist nun eine breite politische Unterstützung seines Tuns. Werden andernorts in Rathäusern Wahlbeamte mit „falschem“ Parteibuch bei nächster Gelegenheit vor die Tür gesetzt, hat Mülheim am Donnerstag ein Ausrufezeichen gesetzt: Der letzte Mohikaner im einst „Roten Rathaus“ darf bleiben, soll acht weitere Jahre Mülheims Finanzen managen.
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