Mülheim. Mülheim hat wohl nie zuvor eine so spannende und aufregende Kommunalwahl wie 2020 erlebt. Nächstes Jahr wird wieder gewählt. Wer tritt an?
Kein Jahr mehr, dann stehen am 14. September 2025 in Mülheim Kommunalwahlen an. 2020 erlebte die Stadt wohl den spannendsten Wahlkampf der Nachkriegsgeschichte, durch die Affäre um Ex-Oberbürgermeister Ulrich Scholten (SPD) sehr aufgeladen. Ist für 2025 Ähnliches zu erwarten? Der Stand der Dinge.
Mülheims Sozialdemokraten sind als Erste aus der Deckung gekommen. Mitte September präsentierten sie, mit wem sie als OB-Kandidatin ins Rennen gehen, um ihre Pleite von 2020 möglichst vergessen zu machen. Nadia Khalaf (54), neben Rodion Bakum Vorsitzende des SPD-Unterbezirks, soll es schaffen, das schlechteste Kommunalwahlergebnis der SPD in Mülheims Nachkriegszeit vergessen zu machen.
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Satirepartei schickt Essener Party-Größe Kay Shanghai in Mülheims OB-Wahl
Hatte die SPD 2020 noch mit prominenter Kandidatur von Ex-Ministerin Monika Griefahn versucht, den Genossen Trend zu vertreiben, so setzt die Partei in diesem Jahr mit Khalaf auf eine aktive Kraft aus den eigenen Reihen. Griefahn hatte zwar als gebürtige Mülheimerin auch Bezug zur Stadt, war dort aber vormals nie politisch an vorderster Front aktiv.
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Außer der SPD ist momentan nur eine einzige Partei mit einem Kandidaten an die Öffentlichkeit gegangen. Es ist die Satirepartei „Die Partei“, die 2020 mit ihrem Kandidaten, dem Rockmusiker Andy Brings, und ihrem Show-Wahlkampf für viel Aufsehen gesorgt und ein beachtliches Wahlergebnis erzielt hatte. Bei der OB-Wahl bekam Brings mit 6,1 Prozent gar mehr Zustimmung als AfD-Kandidat Alexander von Wrese.
„Die Partei“ schickt diesmal Partyveranstalter, DJ und Rapper Kay Shanghai ins Rennen, den Betreiber des Essener Clubs „Hotel Shanghai“, der seine Anfänge in der Punkszene in Mülheims Autonomem Zentrum hatte. „Wir denken, Mülheim kann einen neuen, kreativen, bürgernahen Typ von Oberbürgermeister gut gebrauchen. Schon jetzt werden wir von ganz Essen für diesen Kandidaten beneidet“, frohlockt dazu etwa Bezirksvertreter Andreas Preker-Frank in den sozialen Medien.
Mülheims OB Marc Buchholz (CDU) stünde für zweite Amtszeit parat
Was aber ist mit Amtsinhaber Marc Buchholz von der CDU? „Ich würde mich freuen, wenn meine Partei mich wieder aufstellen würde“, sendet der Duisburger zumindest schon einmal das klare Signal, für eine zweite Amtszeit parat zu stehen. Mülheims CDU-Kreisvorstand ist aber noch nicht so weit, seine Empfehlung auszusprechen. Eine Kreisvertreterversammlung müsste die Nominierung noch offiziell machen. Alles läuft aber auf Buchholz hinaus. Der 56-Jährige hatte sich vor vier Jahren in der Stichwahl mit 56,9 Prozent gegen Monika Griefahn durchgesetzt. Er kam am Ende auf 6732 Stimmen mehr als seine SPD-Kontrahentin.
Wenn auch nicht mit ihrem OB-Kandidaten Wilhelm Steitz, so hatten die Grünen der SPD 2020 zumindest bei den Zweitstimmen den Rang abgelaufen. Zuletzt dominierten interner Zwist und Machtkämpfe die Schlagzeilen über Mülheims Grüne. Nicht nur auf Kreissprecherin Annette Lostermann-de Nil wird viel Arbeit zukommen, die Wogen wieder zu glätten, will die Partei auch nur annähernd an ihr Traumergebnis von 2020 heranreichen (23,4 Prozent der Zweitstimmen).
Mülheims Grüne: Erst das Wahlprogramm, dann die Kandidaten
Bei der Frage, wen die Partei möglicherweise als Kandidatin oder Kandidat ins Rennen der OB-Wahl schicken wird, tritt Lostermann-de Nil auf die Bremse. „Wie immer, werden wir uns erst einmal mit großer Priorität um die Inhalte für unser Wahlprogramm kümmern“, sagte sie dieser Tage. Hier gelte es, in die Debatten der soeben gestarteten Workshops besonders viele Mitglieder einzubinden. „Personalfragen stehen erst danach an“, so Lostermann-de Nil, die selbst eine Antwort auf die Frage der Redaktion offen ließ, ob die Grünen als Ausfluss ihrer Koalition mit der CDU im Stadtrat womöglich zugunsten von OB Buchholz ganz auf eine eigene OB-Kandidatur verzichten könnten. „Die Mitglieder müssen das entscheiden“, so die Frontfrau des Kreisvorstandes.
Machtkämpfe toben seit Langem auch bei der AfD, die nach dem Rück- und Austritt ihres Kreisvorsitzenden Alexander von Wrese und anderen aus dem Vorstand überhaupt erst einmal wieder handlungsfähig werden muss, um Personalfragen klären zu können. Nach Informationen dieser Zeitung ist aus dem geschäftsführenden Vorstand nur mehr ein stellvertretender Vorsitzender (Dominic Viertmann) aktiv. Nur er wäre befugt, eine Vorstandssitzung einzuberufen. Die Webseite der AfD weist überhaupt keine Vorstandsmitglieder mehr aus; dort angegebene Kontaktmöglichkeiten gehen ins Nirwana.
Mülheims OB-Wahl 2025: Wird es wieder schillernde Einzelbewerber geben?
Wird es, wie bei der Wahl 2020, auch wieder schillernde Einzelbewerber geben für den OB-Posten? Vor vier Jahren machte gleich ein Trio von sich reden, sammelte im ersten Wahlgang gar einiges mehr als 10.000 Stimmen und so 17,4 Prozent aller abgegebenen Stimmen ein: Unternehmer Horst Bilo war dabei mit 8,3 Prozent der Erfolgreichste, knapp gefolgt von Unternehmer Jürgen Abeln (7,6). Auch Staatsanwalt Jochen Hartmann, zuvor für CDU, AfD und den Bürgerlichen Aufbruch aktiv, hatte versucht, als OB oder Ratsmitglied zurück ins Rathaus zu kommen.
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Während Hartmann und Abeln für sich noch nichts entschieden haben, verspürt Wahlkampf-Haudrauf Bilo durchaus noch einmal den Ehrgeiz, seinen Hut in den Ring zu werfen. „Wenn ich Kraft habe, würde ich gerne noch mal mitmischen“, sagt er und verweist auf seine bevorstehende Herzklappen-Operation. Es müsse „einfach Schwung rein in die Stadt“, sagt Bilo. OB Buchholz mache zwar „seinen Job“, doch einiges gehe nicht voran. Bilo etwa ärgert sich darüber, dass die Politik dem Flughafenbetrieb Zukunft gibt, ohne geklärt zu haben, dass auch die dort ansässigen Firmen sich finanziell beteiligen, um städtische Zuschüsse zu minimieren. Ein Ärgernis sind Bilo die gebührenfinanzierten Mülldetektive, lange Ampelphasen und der Fokus auf den Ausbau der Radinfrastruktur zu Lasten des motorisierten Verkehrs. In Debatten dazu wolle er sich gerne noch mal einbringen.
Von der FDP und den MBI bis zu Freien Wählern und Sahra Wagenknecht: Wie es um die Kleinen steht
Wie bei anderen Parteien stehen auch bei der FDP laut ihrer Kreisvorsitzenden Alondra von Groddeck noch Nominierungen und Wahlen für eine Ratsliste aus; wohl erst im Januar werden die Liberalen sich personell für die Wahl aufstellen. So bleibt auch bei der FDP abzuwarten, ob sie nach Rechtsanwältin Amrei Debatin im Jahr 2020 erneut mit eigener Kandidatin oder Kandidat für das höchste Amt der Stadt antreten wird.
Um das Bild komplett zu haben: Auch der Bürgerliche Aufbruch (BAMH) war 2020 mit eigenem Kandidaten (Martin Fritz) bei der OB-Wahl angetreten. Bei seinem ersten Antritt bei einer Wahl war der zuvor krisengeschüttelte BAMH auf ein Ratsmandat zusammengeschrumpft. Dessen Inhaber, Frank Wagner, gibt sich zuversichtlich, im kommenden Jahr nicht in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Man habe einige neue Mitglieder hinzugewonnen und auch gute Gespräche geführt für eine mögliche Rückkehr einiger Abtrünniger, so auch mit dem damals geschassten Vorsitzenden Jochen Hartmann. Auch sein erneutes Engagement sei denkbar.
MBI, Linke, „Wir aus Mülheim“ sowie das „Bündnis für Bildung“ hatten 2020 keine OB-Kandidaten aufgestellt. Neu ins Spiel kommen könnten die Freien Wähler und das „Bündnis Sahra Wagenknecht“, für das sich in den sozialen Medien schon ein kleiner Unterstützerkreis in Mülheim gebildet hatte.
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