Moers. Jahrelang lebte eine Familie aus Afghanistan in einer Wohnung in Moers. Dann musste sie ausziehen. Eine Nachbarin kämpft für die Familie.
Zwei Container mit je vier Stockbetten, ein kleiner Tisch, zwei Stühle, ein Spind, kein eigenes Badezimmer: Seit Dezember 2023 lebt eine aus Afghanistan geflüchtete Familie in der Unterkunft an der Kirschenallee in Moers. Zwei Eltern, drei schulpflichtige Kinder, ein pflegebedürftiger Großvater. Vor rund neun Jahren kam die Familie in Moers an, ist jahrelang in einer Wohnung untergekommen, deren Kosten das Jobcenter übernommen hat. „Die Familie musste im Dezember aber raus, weil der Eigentümer die Wohnung verkauft hat“, erklärt die ehemalige Nachbarin im Gespräch mit der Redaktion. Seither lebt die sechsköpfige Familie in der Unterkunft in Meerbeck, sucht verzweifelt eine neue Wohnung. Die Nachbarin und die Familie möchten in diesem Bericht unerkannt bleiben. Und trotzdem ist es ihnen ein Anliegen, ihre Geschichte zu erzählen.
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„Die haben fünf Jahre neben mir gewohnt, die Wohnung war super“, schildert die Nachbarin, die die Familie seither in vielen Belangen unterstützt. Eine Situation, die sich mit dem Umzug in die Unterkunft rapide verschlechterte. „Die Kinder müssen über einen Schotterweg, um auf die Toilette zu gehen“, beschreibt sie. „Das kann man denen doch nicht zumuten.“ Alle Kinder sind mittlerweile schulpflichtig. Die beiden Söhne, zwölf und 15 Jahre alt, besuchen eine weiterführende Schule in Moers. Die siebenjährige Tochter, die in Deutschland zur Welt kam, die Grundschule. Wie schwierig es ist, eine passende Bleibe zu finden, zeigt sich seit Monaten. „Vielen sind sechs Personen einfach zu viel“, schildert die engagierte Nachbarin.
Wohnungssuche in Moers: „Für eine Mutter ist es schlimm, ihre Kinder leiden zu sehen“
Einmal habe sie zwei kleine passende Wohnungen gefunden, fragte bei der Stadt an, ob das eine Option wäre. Nein, soll sie geantwortet haben. Man könne nur eine Wohnung mieten. Dass das Leben in den Containern an die Nieren geht, ist der Mutter anzumerken. „Sie haben einfach zu wenig Platz“, sagt die Nachbarin. „Für die Erwachsenen ist das völlig ok, aber nicht für die Kinder.“ Die Mutter besucht aktuell Sprachkurse, hat in Afghanistan einen Bachelor in Englisch gemacht. Bald fängt sie einen Job im sozialen Bereich an. Ihr Mann habe lange gearbeitet, irgendwann ging es gesundheitlich nicht mehr. Jetzt dürfe er laut einem ärztlichen Gutachten nur vier Stunden am Tag arbeiten, kann ebenfalls bald eine Stelle antreten. Das weckt Hoffnung bei der Familie, bei der Wohnungssuche bessere Chancen zu haben „Für eine Mutter ist es schlimm, ihre Kinder leiden zu sehen“, betont die Nachbarin.
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Die Familie sorge sich vor allem vor dem anstehenden Winter. Schon jetzt sei eines der Kinder krank. Ein Zustand, der besonders unangenehm ist, wenn kein eigenes Bad vorhanden ist. „Das Leben in diesem Container ist nicht gesund“, ist die Nachbarin überzeugt. Die beiden Jungs gingen nach der Schule freiwillig in die Bibliothek, um dort zu lernen und Hausaufgaben zu machen.
Flüchtlingsunterkunft in Moers: WC und Duschen im Außenbereich
Auf Anfrage konkretisiert die Stadt die Situation in der Unterkunft an der Kirschenallee. Neben der Sporthalle, in der durch Messebauwände einzelne, etwa 15 Quadratmeter große Kabinen aufgebaut wurden, gibt es daneben die rund 18 Quadratmeter großen Container. „WC und Duschen befinden sich zum einen in der Halle sowie als Container im Außenbereich“, sagt Stadtsprecherin Pia Murrau. 125 Personen sind aktuell an diesem Standort untergebracht, 1370 sind es insgesamt in städtischen Unterkünften.
„Für eine Mutter ist es schlimm, ihre Kinder leiden zu sehen.“
Bürgerinnen und Bürger, die eine Wohnung suchen, können sich beim Fachdienst Wohnen registrieren und bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Wohnungsberechtigungsschein erhalten. „Sobald entsprechende Wohnungsangebote vorliegen, werden diese an die Wohnungssuchenden vermittelt“, erklärt Murrau. Allerdings: „Aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes ist
das Angebot, insbesondere für größere Familien, jedoch sehr begrenzt.“ Grundsätzlich, so betont die Sprecherin, sei die Verwaltung immer bemüht, alle Familien schnellstmöglich in Wohnungen unterzubringen.
Die afghanische Familie gibt die Hoffnung nicht auf. Die Eltern seien der Kinder wegen nach Deutschland gekommen, damit sie hier eine bessere Zukunft haben. Und auch die Nachbarin möchte weiter am Ball bleiben. „Ich habe selten eine Familie erlebt, die so zusammenhält und respektvoll ist“, betont sie. „Auf jeden Fall suchen wir weiter nach einer Wohnung“, kündigt sie an. Und: „Die muss ja nicht riesig sein. Hauptsache, sie hat ein Badezimmer.“