Moers. Die LEG saniert gegen den Willen der Mieter in einer Siedlung in Moers alle Badezimmer auf einen Schlag. Das beängstigt die Anwohner. Die Details.
Die Bewohnerinnen und Bewohner der ehemaligen Thyssen-Siedlung an der Kaiserstraße in Moers schlagen Alarm. Ihr Vermieter, die LEG, saniert gegen ihren Willen alle Badezimmer auf einen Schlag. Die Arbeiten auf Hausnummer 9 starten bereits in diesem Monat, ein Sanitärcontainer steht für die acht Parteien des Mehrfamilienhauses schon bereit. Kurz darauf sind auch die Bewohner der baugleichen Hausnummern 11 und 13 dran. Über den Herbst und Winter sollen insgesamt zwölf Häuser an der Kaiserstraße sanierte Bäder und neue Stränge bekommen, berichten die Anwohner.
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Viele der Mieterinnen und Mieter blicken voller Sorge auf den im Hof aufgestellten Sanitärklotz mit den acht kleinen WC- und Duschkabinen. „Wir haben bald kein Zuhause mehr“, sagt Christel Vandeweerd mit ernster Miene. Die 82-Jährige hat Angst vor dem Winter. „In meinem Alter muss man auch nachts öfters zur Toilette.“ Was ist, wenn dann Schnee und Eis liegen und sie sich ihren Weg durch den spärlich ausgeleuchteten Hof bahnen muss? Eine Sorge, die mehrere ihrer älteren, teils pflegebedürftigen Nachbarn teilen. „Ich bin 87 und kann keine Treppen mehr gehen. Das ist unzumutbar“, klagt Helmut Karlowski. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Brigitte wohnt er seit 46 Jahren in der Siedlung, arbeitete früher selbst bei Thyssen. Das leben in dem Wohnblock war einst schön, Karlowski erinnert sich an eine Zeit ohne Probleme. Doch die ist Vergangenheit. „Sowas wie jetzt habe ich in all den Jahren nicht erlebt.“
Mieter in Moers verärgert: LEG will bereits moderne Bäder sanieren
Welche Ausmaße das Vorhaben des Vermieters nimmt, demonstriert Amani Raad. Sie lebt seit 2013 mit ihrem Mann und seit deren Geburt auch mit ihren zwei Kindern auf der Kaiserstraße. Erst vor vier Jahren hat die junge Familie ein neues Badezimmer bekommen. Wer einen Blick ins Innere wirft, sieht ein topmodernes Bad, auf das anderswo viele Mieterinnen und Mieter neidisch wären. Nun soll es wieder herausgerissen werden. Für Amani Raad hätte die bevorstehende Baumaßnahme ernste Folgen, vor allem während der eigentlichen Schlafenszeit: Ihr jüngstes Kind (8) hat nachts Angst, vor die Tür zu gehen. Das ältere (10) ist nierenkrank. Die Mutter, die selbst unter Herzrasen leidet, befürchtet unruhige Nächte mit zahlreichen Gängen in den dritten Stock. Zu ihren Eltern kann sie nicht gehen, sie wohnen weiter weg. Und die Schule ist direkt in der Nähe der LEG-Siedlung. „Wohin soll ich mit meinen Kindern nur gehen?“
Vor dem Container haben sich beim Pressetermin zahlreiche Nachbarinnen und Nachbarn versammelt, um ihren Unmut kundzutun. „Ich werde da nicht draufgehen“, sagt eine von ihnen. Doch was ist die Alternative? Für diejenigen, die keine Treppen mehr laufen können, wolle die LEG Campingtoiletten auf Paletten in den Wohnungen installieren, berichten die Anwohner. Der Vermieter habe zudem angeboten, die Bewohner könnten doch für die Zeit der Arbeiten (nach Plan drei Wochen pro Wohnung) ins Hotel oder in eine Kurzzeitpflege gehen. Das wollen viele aber nicht. „Was wird dann aus unseren Tieren?“, fragt ein Nachbar. Eine andere Bewohnerin sorgt sich um ihr Eigentum: „Ich übergebe doch nicht meinen Wohnungsschlüssel an wildfremde Arbeiter.“
Viele Fragen stellen sich den Menschen an der Kaiserstraße. Anworten hätten sie bislang kaum bekommen, nicht einmal auf Schreiben eines Mieterschutzbundanwaltes. Die Bewohner sehen viel Luft nach oben bei der Kommunikation, insbesondere im Tonfall. Die Pressestelle der LEG kündigt auf Nachfrage unserer Redaktion an, den Sachverhalt noch einmal zu untersuchen und die Kolleginnen und Kollegen, falls notwendig, für eine freundliche und respektvolle Umgangsweise sensibilisieren.
Ärger auf der Kaiserstraße in Moers: LEG nennt Gründe für die umstrittene Maßnahme
Ein Sprecher des Unternehmens betont, dass die Bad- und Strangsanierung trotz aller Unannehmlichkeiten unverzichtbar sei. Über den Baubeginn habe man die Mieterinnen und Mieter frühzeitig informiert, schreibt die LEG. „Wir sind uns darüber bewusst, dass gerade für ältere Mitmenschen ein außenstehender Duschcontainer keine langfristige Lösung darstellt, daher suchen wir gerade nach einer geeigneten und praktikablen Maßnahme, um den entsprechenden Mieter*innen bei Bedarf zumindest ein temporäres WC bereitstellen zu können“, so der Sprecher. Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichend sein, wolle man andere Alternativen anbieten, um die Belastungen durch die Bauarbeiten so gering wie möglich zu halten.
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Dass die Arbeiten nun an einem Stück durchgeführt werden, habe sowohl wirtschaftliche als auch technische Gründe. „Aus technischer Sicht ist eine schnellstmögliche Erneuerung der maroden Stränge notwendig, da diese immer wieder beschädigt werden und dadurch enorme Schäden an der Bausubstanz und den Hausraten der Mieter*innen verursachen“, erklärt der LEG-Sprecher. „Aus wirtschaftlicher Sicht ist es ebenfalls im Interesse der Mieter*innen, die Sanierungen gesammelt durchführen zu lassen, da so Kosten eingespart und Mieterhöhungen verringert werden können.“