Kamp-Lintfort. Seit kurzem ist die lauschige Besenwirtschaft in Hoerstgen am Start und erlebt seither einen regelrechten Gäste-Ansturm. Wo sie zu finden ist.
Weil der Sommer so lange hat auf sich warten lassen, ist die Besenwirtschaft in Hoerstgen mal gerade wenige Wochen am Start. Und doch rennen Besucher den Betreibern schon das Tor zum Vierkanthof in Hoerstgen ein. Ein Effekt, den Tanja Hellmanns so nicht erwartet hat: „Am vergangenen Wochenende sind wir übelst überrannt worden“, gibt sie zu. Übel im Sinne von: Die Gäste mussten sich ihre Getränke selbst holen und für ein nettes Pläuschchen war auch keine Zeit. Dabei ist doch die Geselligkeit der eigentliche Kern der Besenwirtschaft. Und zu diesem wunderschönen Ort passt nichts weniger als Hektik.
Warum die Besenwirtschaft Besenwirtschaft heißt? „Das geht zurück auf einen Erlass von Karl dem Großen aus dem Jahr 812“, bemüht Tanja Hellmanns Wikipedia. Der erlaubte Erzeugern, meist Winzern, ihre eigenen Produkte saisonal und ohne Schanklizenz zu verkaufen. Dafür gibt es andere, strenge Vorschriften. Als Zeichen, dass die Wirtschaft geöffnet ist, steht ein Reisigbesen vor der Tür. Im Hoerstgener Fall ist der quietschrot angesprüht. Und was die 47-Jährige an den Mann und die Frau bringen will, sind ihre Äpfel von den Streuobstwiesen - in flüssiger Form. Deshalb gibt es - Obacht - in der Besenwirtschaft auch kein Bier. Schließlich sollen Besenwirtschaften der „echten“ Gastronomie keine Konkurrenz machen.
Der Niederrheiner und der Apfelwein
Apfelsaft, Apfelschorle - geht ja immer. Aber den Niederrheiner an Apfelwein heranzuführen, ist ein kühnes Unterfangen. „Ach, in den ersten gebe ich immer einen Schuss Limo dazu, beim zweiten etwas weniger und spätestens der dritte überzeugt dann“, sagt die Besenwirtin lachend. Das wird schon, das mit den Niederrheinern und dem Apfelwein, ist sie sicher. Der Wein entsteht bei einem beauftragten Unternehmen, den Saft dagegen kocht Tanja Hellmanns schon seit Jahren selber ein. Gerne schon mal 300 Liter. Von jedem Jahrgang behält sie auch immer eine Flasche zurück, so aus nostalgischen Gründen. Und die Äpfel sind auch nicht irgendwelche, die haben durchaus stolze Namen wie „Finkenwerder Prinzenapfel“. Welche neuen Bäume im „Kindergarten“ auf der Wiese gegenüber gepflanzt werden, das geschieht in Absprache mit der Kelterei van Nahmen aus Hamminkeln.
Öffnungszeiten nach Wetterlage
Die Besenwirtschaft befindet sich auf der Burgstr. 4 kurz vor der Ortseinfahrt nach Hoerstgen. Geöffnet ist die Besenwirtschaft nur samstags (14 bis 22 Uhr) und sonntags (13 bis 21 Uhr), und auch das nur bei schönem Wetter, denn es gibt keine überdachten Sitzplätze. Damit sich niemand unnötig auf den Weg macht bei unbeständigem Wetter, gibt es auf der Homepage www.besenwirtschaft-hoerstgen.de immer einen aktuellen Hinweis. Wenn am 7. Juli der Radwandertag stattfindet, führen drei der vier Kamp-Lintforter Routen an der Besenwirtschaft vorbei. Obwohl: Vorbeifahren wär blöd, denn das ist ein wunderbarer Ort zum Verweilen.
Für die Saftproduktion hat Hellmanns die Außenküche angeschafft, die im überdachten Eingangsbereich zum Hof steht. Und dadurch ist erst die Idee entstanden, andere teilhaben zu lassen, an diesem idyllischen Glück. „Wir sind hier nicht mit dem Konzept hingezogen, eine Wirtschaft aufzumachen. Das hat sich so ergeben“, erklärt die Kamp-Lintforterin. Platz genug gibt es ja in dem Gehöft. Und Energie haben sie und ihr Mann Georg Berzbach genug. „Wir fahren nicht gerne in Urlaub“, sagt die Wirtin. „Urlaub ist für uns, wenn wir entspannte Baustellen haben.“ Denn zu tun gibt es auf dem Bauernhof, den das Paar seit 2019 bewohnt, immer etwas. An Ideen fehlt es den beiden nicht. Und weil Tanja Hellmanns sozusagen fast alles gebrauchen kann, was andere wegschmeißen, fehlt es an liebevoll recycelter Deko im Hof nicht.
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40 Plätze an Holztischen und -stühlen („Plastik geht ja hier mal gar nicht“, findet die Wirtin) gibt es auf dem Kopfsteinpflaster im Innenhof. Im Zentrum ist die lange Tafel. Und da sollen die Gäste besonders gerne zusammen- und ins Gespräch kommen. „Manche brauchen eine kleine Aufforderung, um es auszuprobieren, aber dann ist es ein schönes Miteinander“, findet die Gastgeberin, die im Übrigen behauptet, den größten Stehtisch der Region zu besitzen - aus einer alten Kabeltrommel.
Es gibt auch einen Happen auf die Gabel
Außer Saft und Wein von eigenen Äpfeln sind in der Besenwirtschaft auch Kaffee im Angebot, selbst gebackener Kuchen und „einfache Speisen“. Mehr erlauben die Vorschriften nicht. Und mehr will sich Tanja Hellmanns auch nicht ans Bein binden. Das heißt, ein strammer Max wäre im Angebot, und wechselnd das, was ihr grade einfällt. Letztens gab es Pizzasuppe, derzeit experimentiert die Hobby-Köchin mit „Bauern-Pommes“ aus regionalen Kartoffeln. Vielleicht gibt es auch einfach mal nur ein Tomatenbrot oder eine Käseplatte. Hauptsache, Tomaten und Käse stammen vom Niederrhein und nicht aus den Niederlanden. Außerdem gibt es noch Rotwein von einem Winzer von der Ahr und Weißwein von der Mosel sowie Brände aus Rheurdt.
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Eigentlich hatte sich Tanja Hellmanns gedacht, dass sie das Projekt Besenwirtschaft ganz allein stemmen könnte. „Ich bin gerne im roten Bereich. Ich brauch‘ das“, sagt sie. Aber wenn die Hütte brennt, wie am ersten sonnigen Wochenende jüngst, dann muss schon mal die 18-jährige Tochter mit ran. „Die jobbt bei Wellings, das merkt man“, sagt die Mama. Und dann steht eben auch ihr Mann, der im richtigen Leben Geschäftsführer eines weltweit tätigen Unternehmens ist, fünf Stunden in der Außenküche und spült ab. Aber auch ohne volles Haus findet Tanja Hellmanns: „Wer es eilig hat, sollte bitte nicht hierher kommen.“