Neukirchen-Vluyn. Lea Hold aus Neukirchen-Vluyn macht Abi. Alexander Otto arbeitet im P23. Die beiden erzählen, warum das letzte Jahr nicht komplett verloren ist.
Für Lea Hold geht eine wichtige Lebensphase zu Ende. Die 19-Jährige hat am Montag ihre mündliche Abiturprüfung gehabt. Pädagogik. Ist gut gelaufen. Wenn jetzt noch die Noten der schriftlichen Prüfungen wie gewünscht ausfallen, kann gefeiert werden. Obwohl: Die große Party fällt in diesem Sommer ja aus. „Ich habe mich mega auf diese Zeit gefreut“, sagt Lea. „Ich habe eine ganz coole Stufe.“ Sogar Lehrerinnen und Lehrer werden positiv erwähnt. Die Abschlussfahrt sollte nach Prag gehen. „Das war das erste, was abgesagt wurde“, bedauert die Abiturientin. Die Mottowoche? Auch schwierig. Wie die Zeugnisvergabe an der Hermann-Runge-Gesamtschule laufen wird? Noch unklar. Drive-In oder Kiosk-Verfahren.
Lea Hold gehört zu jenen, denen die Pandemie einen kräftigen Strich durch die jugendlichen Pläne gemacht hat. Keine Konzerte, keine Partys, keine Reisen. Stattdessen: Ausgangssperre, Kontaktbeschränkungen und Masken-Prüfung.
Das Homeschooling war eine Umstellung
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„Es war ein schwieriges Jahr“, sagt Lea. Allein das Homeschooling war eine große Umstellung. In manchen Fächern wäre es ihr schon lieber gewesen, wenn es einen persönlichen, also analogen Kontakt zur Lehrkraft gegeben hätte.
Und dann das Hin und Her zwischen Präsenz- und Digitalunterricht, die Vorbereitungen aufs Abi. Das war viel. „Ich will ja auch noch die Freizeit genießen“, sagt Lea. Freizeit ist in diesen Tagen ein großes Wort für die jungen Menschen. Das weiß auch Alexander Otto. Der 34-Jährige ist Betreuer im Jugendzentrum P23. Dort arbeitet seit etwa vier Jahren auch Lea Hold mit.
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„Das Leben fokussiert sich ja auf die Schule“, sagt Alexander Otto aus Gesprächen mit seinen jungen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie sehen, dass sie auf vieles verzichten müssen, berichtet der P23-Betreuer. Aber sie wüssten: „Das hat einen Grund.“
Sie habe sich schon ein bisschen eingesperrt gefühlt, sagt Lea Hold mit Blick auf die Ausgangssperre. Schließlich ist die junge Frau keine 15 mehr und muss nicht vor Sonnenuntergang zu Hause sein. Dass die Maßnahmen in Ordnung sind, glaubt sie aber dennoch. „Wir wollen ja auch unsere Familien und unsere Großeltern schützen.“
Den Kontakt mit Freunden hat sie gehalten
Den Kontakt zu Freunden hat die 19-Jährige trotzdem gehalten. Allerdings hat sich die Qualität der Treffen geändert, bekräftigt Alexander Otto aus seinen Gesprächen. „Die lockeren Kontakte gehen verloren“, sagt er. Der engere Freundeskreis zieht sich zu. In den vergangenen Monaten hätten einige seiner Jugendlichen gemerkt, welche Freunde ihnen gut tun und welche eher nicht.
Ob durch die Corona-Pandemie auch Freundschaften kaputtgegangen sind? Lea schüttelt den Kopf. Sie ist sich auch sicher, dass die lockeren Kontakte sich wieder auffrischen lassen, wenn es die pandemische Lage erlaubt. Den Kontakt zu ihren besten Freundinnen und Freunden hat sie gut halten können. Analoge Treffen beschränken sich auf einen insgesamt kleinen Personenkreis. Das macht eine mögliche Kontaktnachverfolgung überschaubarer.
Ein intensiver freundschaftlicher Austausch ist aber extrem wichtig. „Ich bin sicher, dass wir uns gegenseitig viel Kraft gegeben haben“, sagt Lea Hold über die analogen wie virtuellen Begegnungen mit ihren Freundinnen und Freunden. Hier kommt wieder die technische Entwicklung zum Tragen. Denn auch im Privaten wird mittlerweile viel per Video geplaudert. Lea: „Dann sieht man sich wenigstens online.“ Für größere Treffen oder zum gemeinsamen Spielen bietet das P23 ebenfalls vieles im virtuellen Raum an.
Es gibt mehr Zeit mit der Familie
Ansonsten verbringen die jungen Menschen sicherlich mehr Zeit mit ihren Familien als die Generationen davor und danach. „Ich bin ohnehin ein Familienmensch“, sagt Lea. Sie habe aber von anderen gehört, dass man sich schon mehr auf die Nerven gehe. „Die Erfahrungen gehen weit auseinander“, unterstreicht Otto. Manche sagten, es sei schön, endlich mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Anderen wiederum fehle der Rückzugsraum. Und dann gebe es eben auch Jugendliche, bei denen sich in dieser Phase die Eltern getrennt hätten.
Ist dieses Jahr nun ein verlorenes für die jungen Leute gewesen, wie vielfach geschrieben wird? Nein, sagt Alexander Otto. Er spricht von Höhen und Tiefen und davon, dass die Erfahrungen unterschiedlich sind. Unterm Strich aber fasst er zusammen: „Es war keine komplette Katastrophe.“ Allerdings seien die Sommerferien jetzt eine ganz entscheidende Phase auch mit Blick auf das Impfgeschehen. Die Jugendlichen hofften, dass danach wieder mehr geht.
Dass zunächst Ältere und Risikopatienten im Fokus standen, findet Lea richtig. Aber nun müsse man auch die Jugendlichen ernst nehmen. „Klar, habe ich viele Dinge verpasst“, bekräftigt auch Lea. „Aber das haben ja alle in meinem Alter.“ Im Gegenzug habe sie viele neue Erfahrungen machen können. Und das Verpasste soll natürlich nachgeholt werden. Der nächste Schritt für Lea ist aber erstmal ein freiwilliges soziales Jahr. Und das war unabhängig von Corona geplant.