Kamp-Lintfort. Die Hoteliers Eva und Falko Welling beklagen die aktuelle Perspektivlosigkeit in der Krise. Die sorge nicht nur bei Hotelbetreibern für Verdruss.
Eva und Falko Welling gehören zu jenen Menschen, die die Corona-Schutzmaßnahmen beruflich genauso wie privat sehr ernst nehmen. Wie sehr den Hoteliers derzeit aber eine verlässliche Perspektive im Umgang mit der Krise fehlt, stellen die Geschwister, die gemeinsam Wellings Parkhotel in Kamp-Lintfort und das Hotel zur Linde in Moers führen, unmissverständlich klar: „Wir brauchen dringend einen Fahrplan,“ sagt Eva Welling. „Mit einem Zeitpunkt X kann ich nicht arbeiten.“ Sie wolle lieber zwei Wochen länger auf einen Zeitpunkt für eine Wiederöffnung warten, als wieder und wieder auf unbestimmte Zeit vertröstet zu werden.
Passender Zeitpunkt
Bernd Reuther sitzt für die FDP im Bundestag und reist in diesen Tagen durch seinen Wahlkreis, um sich Sorgen und Nöte der von der Pandemie besonders betroffenen Berufsstände anzuhören. Der Termin am Dienstagmorgen in Wellings Parkhotel konnte passender nicht sein.
Während der Bundestagsabgeordnete in Kamp-Lintfort über noch nicht geflossene Finanzhilfen und schlecht kommunizierte Entscheidungen spricht, tagt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier mit Wirtschaftsvertretern und lässt später verlauten, dass man erst nach der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz konkrete Schritte aus dem Lockdown für Einzelhandelsgeschäfte, Hotels und Restaurants vereinbaren könne. Weiter warten, lautet also die Botschaft des Tages für Eva und Falko Welling.
Auch danach bleibt es schwierig
Dabei warten sie nicht nur auf einen Tag X, an dem sie ihr Hotel auch wieder für Individualreisende, Hochzeitsgesellschaften oder große Tagungen öffnen können, sondern auch noch auf sehr viel Geld. Nein, sagt Falko Welling, die Novemberhilfe sei bis auf einen Abschlag von 10.000 Euro noch nicht angekommen. Und: „Viele Hilfspakete waren auf Betriebe unserer Größe gar nicht zugeschnitten.“
Das Hotel zur Linde in Moers ist aus Kostengründen aktuell ganz geschlossen, das Parkhotel samt Restaurant darf immerhin Geschäftsreisende beherbergen und bewirten. Allein: „Wenn wir mal 15 Gäste hier haben, dann ist das viel“, sagt Eva Welling. Knapp 200 Mitarbeitende sind normalerweise in beiden Hotels beschäftigt, davon sind knapp 90 Festangestellte. Die sind zur Zeit alle in Kurzarbeit.
Fest stehe bereits jetzt, dass auch die Zeit nach der Wiedereröffnung nicht einfach wird, sagen die Hoteliers. Die meisten Messen in der Nähe sind abgesagt, Anmeldungen für große Tagungen oder Kongresse gibt es kaum. Man müsse auch damit rechnen, dass künftig viele Seminare und Tagungen ins Netz verlegt würden.
Geschäft wird sich verändern
„Es gibt derzeit keine große Buchungsbereitschaft“, so Eva Welling, „aber unser Geschäft wird sich auch langfristig verändern.“ Im Parkhotel setzt man deshalb künftig noch mehr auf Individualreisende, Gäste aus der Region, die auf einen Kurzurlaub nach Kamp-Lintfort kommen. „Das hat im letzten Sommer schon gut funktioniert“, sagt Eva Welling – natürlich auch dank Landesgartenschau.
In der stillen Zeit haben die beiden auch an neuen Konzepten gearbeitet. Arrangements und Preispolitik für Privatgäste wurden neu justiert, nächste Woche starten die Bauarbeiten für eine Erweiterung des Wellnessbereiches. Eine der Außenterrassen wird ein Wintergarten, um für den Spa-Bereich wetterunabhängig mehr Platz für Liegen zu schaffen.
Chancen mit Schnelltests?
Was der Bundestagsabgeordnete von diesem Termin mit nach Berlin nimmt? „Die Betriebe brauchen eine verlässliche Perspektive, nicht dieses ,auf Sicht fahren’, das ist belastend.“ Druck müsse auch bei der zügigen Auszahlung der Finanzhilfen gemacht werden. Eine Chance sehe er auch beim Einsatz von Schnelltests, so Reuther.
Falko Welling glaubt, dass die Perspektivlosigkeit nicht nur bei Hoteliers und Gastwirten für Verdruss sorgt: „Eine Erklärung, warum welche Entscheidung getroffen wird, kommt derzeit zu kurz.“