Moers. Jan Dieren (29) aus Moers will für die SPD in den Bundestag. Im Interview spricht er über seine Ziele, Ideen für Moers und die Partei.

Jan Dieren war drei Jahre stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungsozialisten (Jusos). Seit zehn Wochen sitzt er für die SPD im Rat von Moers. Jetzt strebt der 29-jährige Moerser eine Kandidatur für den Deutschen Bundestag an, die Wahlen sind voraussichtlich am 26. September. Mit Matthias Alfringhaus (NRZ) sprach Dieren über politische Ziele, Ideen für Moers und die anhaltende Misere seiner Partei.
 
Was nehmen Sie aus der Zeit als stellvertretender Juso-Bundesvorsitzender mit?
Jan Dieren: Ich habe viel darüber gelernt, wie Begeisterung für politische Ziele entsteht. Es gibt bei den Jusos so viele Leute, die Enthusiasmus für Politik entwickeln. Von dieser Haltung kann man viel lernen.
 
Jetzt sind Sie seit zehn Wochen Ratsmitglied in Moers: Wie ist ihr erster Eindruck?
Den Menschen hier vor Ort liegt am Herzen, bei allen politischen Unterschieden, unser Leben in Moers besser zu gestalten. Das ist eine ehrenamtliche Arbeit mit Entscheidungen von manchmal großer Tragweite. Man erkennt aber auch die Grenzen von Kommunalpolitik. Der Spielraum, Neues zu schaffen, ist vor allem wegen der finanziellen Möglichkeiten begrenzt.
 
Welche Projekte/Themen würden Sie nach ganz oben auf die Agenda des Rates in Moers setzen?
Wir müssen den Blick stärker auf die soziale Lage richten. Es ist gut, dass die Stadt eine eigene Wohnungsbaugesellschaft hat, doch sie muss auch vorsichtig damit umgehen, Flächen zu verkaufen. Besser wäre hier eine zweckgebundene Verpachtung von eigenen Flächen und der Kauf von Boden. Damit verbunden ist eine strategische Sozialplanung. Die Stelle dafür gibt es zwar, doch wir könnten mehr daraus machen. In Meerbeck zum Beispiel läuft die Mietpreisbindung für den sozialen Wohnungsbau nach und nach aus. Wenn die Leute dann wegziehen müssen, weil sie die Miete nicht mehr bezahlen können, verändert das auch den Charakter des Quartiers.
 
Was hat Sie zur Bundestagskandidatur bewogen?
Wir leben in einer Zeit der gesellschaftlichen Umbrüche und Krisen. Der reaktionäre Weg mündet in Gewalt, so weitermachen wie bisher, zum Beispiel beim Klimawandel, geht aber auch nicht. Wir brauchen eine gesellschaftliche Perspektive und sollten gemeinsam darüber entscheiden, wie wir in Zukunft zusammen leben und arbeiten wollen. Ich möchte dazu beitragen, diese Perspektive zu erarbeiten – mit meiner Partei und mit den Menschen in Moers, Neukirchen-Vluyn und Krefeld.
 
Wie kann man Politik in Moers machen, wenn man Berlin im Kopf hat?
Die Kandidatur für den Bundestag ist ein großes Projekt, aber meine Aufmerksamkeit gilt auch der Arbeit im Rat und in den Ausschüssen. Vieles von dem, was in Moers eine Rolle spielt, ist auch in Berlin wichtig. Kommunen haben zum Beispiel ein Vorkaufsrecht beim Bodenerwerb, dessen Grenzen liegen im Baugesetzbuch des Bundes. Hier brauchen die Kommunen mehr Spielraum. Die Themen, mit denen ich mich bei meiner Kandidatur beschäftige, bereichern meine Arbeit im Rat.
 
Die SPD kommt aus dem Umfrage-Tief nicht heraus. Woran liegt das?
Der Anspruch an die SPD ist ein anderer als der an viele andere Parteien. Sozialdemokratie ist mehr als solides Regierungshandeln. Sie ist immer dann stark, wenn wir Möglichkeiten aufzeigen, wo wir als Gesellschaft hinwollen. Wenn wir hier in die Offensive kommen, wird das auch heute auf Zustimmung treffen.


 
Hintergrund
Jan Dieren (29) aus Moers soll für die SPD bei der Bundestagswahl 2021 als Kandidat für den Wahlkreis 114 (Moers, Neukirchen-Vluyn, Krefeld) antreten. Der Vorschlag der fünfköpfigen Findungskommission und der beiden Kreisvorstände muss noch auf einer Delegiertenkonferenz bestätigt werden.
 
Bei der Bundestagswahl 2017 hatte Kerstin Radomski (CDU) den Wahlkreis mit 37 Prozentpunkten gewonnen. Die damalige SPD-Kandidatin Elke Buttkereit war auf 32 Prozentpunkte gekommen. Radomski ist erneut von ihrer Partei als Kandidatin nominiert worden.
 
Jan Dieren kommt aus Moers-Repelen und hat nach seinem Abitur am Gymnasium Adolfinum Rechtswissenschaften, Romanistik und Philosophie in Bochum und Düsseldorf studiert und will nach seinem 2. Staatsexamen als Rechtsanwalt arbeiten. Sein Vater Mark Rosendahl ist DGB-Gewerkschaftssekretär, sein Großvater war stellvertretender Bürgermeister in Moers. Im Netz: www.jan-dieren.de
 
Im NRZ-Gespräch Ende Dezember vergangenen Jahres spricht Dieren selbst diese Themen an: „Mir ist wichtig, bei meiner Kandidatur als junger Mensch nicht nur für junge Menschen da zu sein. Ich trete an, um die Interessen aller arbeitenden Menschen in Moers, Neukirchen-Vluyn und Krefeld zu vertreten. Der Wandel in der Arbeitswelt ist groß. Wir müssen verstehen, welche Möglichkeiten wir haben, ihn gemeinsam zu gestalten, zum Beispiel über den Ausbau der Mitbestimmung.“