Neukirchen-Vluyn/Am Niederrhein. Die Volksbank Niederrhein hatte zur Vertreterversammlung geladen. Nach Corona-Pausen erstmals wieder in Präsenz im Viva in Neukirchen-Vluyn.
Die Freude war dem Vorstandsvorsitzenden der Volksbank Niederrhein, Guido Lohmann, anzusehen: endlich wieder eine Vertreterversammlung in Präsenz. Deutlich über 200 Mitgliedervertreter und weitere Gäste waren am Montagabend der Einladung in den Viva Event- & Freizeitpark gefolgt.
Auf einen Gastredner habe man in diesem Jahr bewusst noch verzichtet, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Josef Weitz; er kündigte aber mit Guido Lohmann einen eloquenten Redner an, der diesen Part mit einer Einordnung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen übernehmen würde.
Im folgenden spannte der Vorstandschef einen breiten Bogen mit zwei wesentlichen Punkten: Corona-Pandemie und russischer Angriffskrieg auf die Ukraine. Im Zuge seiner frei vorgetragenen Rede streifte er die Inflationsentwicklung, die Folgen für den heimischen Immobilienmarkt und warf einen Blick auf China; jenes Land, das „unser größter Partner beim Im- und Export ist“.
Der Volksbank-Chef kritisiert die EZB
Es sei seitens der Bundesregierung viel getan worden, um den Markt zu erhalten. Der eigentliche Wachstumsimpuls sei vom Staat gekommen, bis 2020 sei es der private Konsum gewesen. Das neue Bauvolumen sei deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben, sagte der Volksbank-Chef mit Blick auf notwendige Investitionen. Lohmann ging auf den „maritimen Stau“ im Hafen von Shanghai ein und zeigte auf, wie stark die Containerkosten gestiegen sind: „Sie zahlen heute das 15-fache des Preises.“
Deutlich wurde ferner, dass es im Produktionsprozess nicht darauf ankomme, dass russische Komponenten nur einen geringen Anteil ausmachten. Wenn von hundert Teilen das fünfte im Produktionsprozess fehle, gehe es schlicht nicht weiter.
Lohmann kritisierte zum wiederholten Mal die Zinspolitik der EZB. Die Negativzinspolitik habe angesichts der dramatischen Inflation der vergangenen Monate zu einer deutlichen Enteignung der Kleinanleger und Sparer geführt. Die müssten letztlich die Zeche zahlen. Es sei richtig, jetzt schrittweise die Leitzinsen anzuheben, um die „galoppierende Inflation“ einzudämmen. Die EZB habe „viel zu spät reagiert“. Lohmann ist sicher, dass die Inflation weiter steigen wird.
Die Wirtschaft werde 2022 und 2023 angesichts von Inflation, Corona und Ukraine-Krieg nur verhalten wachsen, glaubt Guido Lohmann: „Vor uns allen liegen sicher zwei insgesamt schwierige Wirtschaftsjahre.“ Der heimische Mittelstand sei aber krisenerprobt.
Die Dividende beträgt vier Prozent
Guido Lohmann warf zudem den Blick auf das vergangene Geschäftsjahr, in dem die Bank die Marktposition noch einmal habe ausbauen können. Man habe das bilanzielle Eigenkapital um fast 15 Prozent steigern können. Er freut sich besonders über die deutlichen Zuwächse im Kreditgeschäft. Mit über zehn Prozent Plus im Vergleich zum Vorjahr habe man erneut ein Rekordergebnis erzielt. Das Kundenwertvolumen konnte auf erstmals über vier Millionen Euro gesteigert werden. Im Wertpapiergeschäft habe es einen Umsatzzuwachs von über zweihundert Prozent gegeben.
Die gute Vermögens- und Ertragslage der Volksbank führt dazu, dass die Mitglieder auf ihre Genossenschaftsanteile für 2021 wie schon im Vorjahr eine Dividende von vier Prozent erhalten. Wie der Volksbank-Chef weiter ausführte, habe man den Verwaltungsaufwand trotz höherer Kosten auf dem Niveau des Vorjahres gehalten: „Wir drehen jeden Cent um.“
Nach Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat gab es turnusmäßige Neuwahlen für den Aufsichtsrat. Stefan Krämer und Wilhelm Kaisers wurden wiedergewählt.