Moers. Als es noch Schläge auf den Hosenboden gab – anlässlich des 70. Geburtstages der Uhrschule in Moers schaut die Rektorin in die Schulchronik.

70 Jahre alt wird die Uhrschule an der Bismarckstraße in Meerbeck. Das wird am Freitagnachmittag gebührend gefeiert. Rund um die Schule gibt es ein buntes Programm, das Schüler und Lehrer gestaltet haben. Auch Vertreter der Stadt sind eingeladen. Über den Werdegang der traditionsreichen Einrichtung seit 1913 berichtet hier Rektorin Barbara Niephaus. Beim Durchforsten der Chronik entdeckte sie Geschichtliches und Ungewöhnliches.

Bereits 1913 errichtet man ein Schulgebäude am Standort an der Bismarckstraße, damals als Erweiterung der Katholischen Volksschule. „Die Kinderzahlen stiegen“, erklärt Barbara Niephaus. Schon damals habe es den kleinen Turm mit der großen Uhr gegeben, die heute noch weithin zu sehen ist. Der Bergbau ging jedoch auch in Meerbeck um, so dass das Gebäude schon 1929 schwere Schäden aufwies und nicht mehr zu nutzen war.

Auf ihren eigenen Schulgarten ist man in der Moerser Uhrschule besonders stolz. Auf dem Archivbild: Lehrerin Andrea Mierzwa, Rektorin Barbara Niephaus und Lehrer Lars Hücklekemkes (von links).
Auf ihren eigenen Schulgarten ist man in der Moerser Uhrschule besonders stolz. Auf dem Archivbild: Lehrerin Andrea Mierzwa, Rektorin Barbara Niephaus und Lehrer Lars Hücklekemkes (von links). © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Für 600.000 D-Mark entstand aus der Ruine im Jahr 1952 die neue Uhrschule. „Das Türmchen mit der Uhr blieb erhalten“, weiß die Rektorin. So sei das Aussehen des Gebäudes bis heute fast unverändert. Selbst das wunderschöne schmiedeeiserne Geländer im Flur ist erhalten. Schon 1952 sei die Schule als innovativ gelobt worden: Es gab unter anderem einen Saal für Filmvorführungen, und auf dem Dachboden wurde bei Regen geturnt. Vor allem die Bevölkerung Meerbecks, so Niephaus weiter, habe damals die fünf Badewannen-Kabinen genutzt, die seit der Sanierung 2008 nicht mehr vorhanden sind.

1952: 48 Kinder pro Klassenzimmer

Kaum vorstellbar: 1952 besuchten noch 659 Schülerinnen und Schüler in 14 Klassen die Volksschule, was knapp 48 Kinder (!) pro Klassenzimmer ausmachte. „Heute sind wir eine integrative Grundschule mit einem Schwerpunkt für geistig behinderte Kinder.“ Zudem gebe es – wie an anderen Grundschulen – Kinder mit Förderbedarf. Im 23-köpfigen Team arbeiten heute Sonderschulpädagogen, eine Schulsozialpädagogin und eine Schulsozialarbeiterin mit. Unter den 189 Grundschülern (in acht Klassen) seien auch vier ukrainische Kinder.

1952 habe Rektor Leu in seiner Eröffnungsrede auf viel Drill und Furcht in den Schulen zurückgeblickt, weiß Niephaus aus der Chronik. Nun atme die Schule pädagogischen Geist. „Bis heute sind wir innovativ“, sagt die Rektorin. „Wir fördern die Selbstständigkeit, die Sprachkompetenz, die Demokratie und das Zusammenleben der Kulturen sowie die Achtung vor der Natur.“ Dies auch mit digitalen Unterrichtsmitteln.

Frühe Strafen für Schüler: In der Ecke stehen und Schläge mit dem Lineal

Auf das grüne Klassenzimmer und den Schulgarten sind Schüler und Pädagogen heute besonders stolz. Dort soll – wie schon bei der Einweihung 1952 – am Freitag ein Baum gepflanzt werden. Ebenfalls bemerkenswert: „In der Chronik fand sich ein altes Schulbuch mit den Bestrafungen der Schüler. Das reichte vom In-der-Ecke-Stehen bis zum Schlagen mit dem Lineal auf Hände oder Hosenboden“, erzählt Barbara Niephaus. Glücklicherweise seien diese Zeiten vorbei. Im Schulprogramm stehe ein weiser Spruch von Jean Paul: „Kinder und Uhren dürfen nicht immer nur aufgezogen werden. Man muss sie auch laufen lassen.“

>>> Nur eine Uhrschule in ganz Deutschland <<<<<<

Es gibt tausende Grundschulen in Deutschland. Viele davon wurden nach berühmten Personen benannt, andere nach der Straße, an der sie liegen. In ganz Deutschland gebe es allerdings nur eine Grundschule, die den Namen „Uhrschule“ trägt, berichtet die Einrichtung auf ihrer Homepage www.uhrschule.de. Die Turmuhr sieht auch von innen interessant aus. Mutige Kinder dürfen in Begleitung der Lehrkräfte und des Hausmeisters die Uhr während ihrer Grundschulzeit besichtigen. Und: Im Gebäude sind viele weitere Uhren zu entdecken.