Kamp-Lintfort. Der Cannabiskonsum steigt. Außerdem sieht die Beratung die Rückfallgefahr für Heroinabhängige wegen desolater ärztlicher Versorgung als hoch an.

Es ist ein ziemlich beunruhigendes Bild, das die
Drogenhilfe Kamp-Lintfort der Grafschafter Diakonie in ihrem Bericht für den Jugendhilfeausschuss von der jüngeren Entwicklung der Drogenszene zeichnet. Demnach steigt der Anteil der Cannabis-Konsumenten stetig an, wächst der Pflegebedarf für drogensüchtige Senioren immer weiter und wird die ärztliche Versorgung für Drogenabhängige in der Region immer prekärer. Mit Folgen für die Betroffenen und womöglich auch für die Öffentlichkeit.

Laut Bericht finden sich hier kaum Ärzte, die Substitutionstherapien für Heroinabhängige anbieten. Eine Fachtagung unter dem Titel „Substitution im Praxisalltag“, die die Drogenhilfe gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KV) im September geplant hatte, um über Substitutionstherapie zu informieren und Vorurteile abzubauen, musste mangels Interesse abgesagt werden.

Die ärztliche Versorgungssituation nennt die Drogenhilfe in ihrem Bericht inzwischen „desolat“ und sie befürchtet davon ausgehend eine höhere Rückfallquote. „Die drohende Unterversorgung oder gar ein Wegfall der Substitution wird verheerende Folgen für die Betroffenen und für die Öffentlichkeit haben“, sagt die Drogenhilfe und warnt vor möglichen Auswirkungen in der näheren Zukunft: „Es kann davon ausgegangen werden, dass der (öffentliche) Konsum von Heroin steigt, die Beschaffungskriminalität zunimmt und es wieder eine sichtbare Verelendung der Szene gibt.“

Die Probleme mit Drogen in den City sind nicht neu

Mit sichtbarer Verelendung meint die Drogenberatung vor allem die Innenstadt. Dort waren die Probleme vor Jahren so wahrnehmbar geworden, dass sich auf Initiative der Stadt der Runde Tisch „integrierte Drogenarbeit Kamp-Lintfort“ gebildet hatte. Akteure der Stadt, Polizei und der Drogenhilfe beraten sich regelmäßig über den angemessenen Umgang mit den Betroffenen.

Wie groß das Problem werden könnte, zeigt ein Blick auf die Zahlen aus dem vergangenen Jahr. Demnach sind in fast jedem Bereich Zuwächse zu verzeichnen. So stieg die Gesamtzahl aller Beratungen von 257 im Jahr 2017 auf 304 im darauffolgenden Jahr. Die Zahl der substituierten Opiatabhängigen stieg in diesem Zeitraum von 47 auf 58, der Anteil von Heroinsüchtigen in diesem Bereich kletterte unterdessen von 15 Menschen in 2017 auf 45 im Jahr 2018.

Den größten Anteil an der Gesamtzahl hat allerdings die Gruppe der Cannabiskonsumenten. Die Zahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die Cannabis rauchen, ist laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) deutschlandweit in den vergangenen Jahren stetig angestiegen. Diese Entwicklung zeigt sich auch bei der Drogenhilfe in Kamp-Lintfort. Dort stieg die Zahl von 69 auf 101 Beratungsfälle.

Der Großteil der Betroffenen, insgesamt 129, war zwischen 15 und 35 Jahre alt. Sieben Jugendliche, die der Drogenhilfe Kamp-Lintfort bekannt sind, sind jünger als 15 Jahren. Auch hier ist die Zahl gestiegen. Ein Jahr früher waren es noch vier. Insgesamt 19 abhängige Menschen, die Hilfe bei der Drogenberatung suchten, waren zwischen 50 und 60 Jahre alt. 2017 waren es in dieser Gruppe noch 17 Personen.