Moers/Kamp-Lintfort. Die Abiturienten in Moers und Kamp-Lintfort sind mitten im Prüfungsstress. Gegen den Vorwurf, ihr „Corona-Abi“ sei weniger wert, wehren sie sich.

Ständiger Wechsel zwischen Distanz- und Präsenzunterricht, Coronatests vor jeder Prüfung und dann fällt auch noch jede lang ersehnte Feier, Mottowoche und der Abiball flach. Für Abiturientinnen und Abiturienten aus Moers und Kamp-Lintfort könnten die Zeiten sicherlich leichter und angenehmer sein.

Das weiß Daria Klanten nur zu gut. Die 19-Jährige ist im Abijahrgang der Unesco-Gesamtschule in Kamp-Lintfort und steckt momentan mitten in den Prüfungen. Letzten Freitag hat sie schon Englisch geschrieben. Davor erfolgte der obligatorische Coronatest. Wäre dieser positiv gewesen, hätte sie nicht mitschreiben dürfen – trotz der ganzen Vorbereitung.

Das löst bei manchem Schüler zusätzlichen Druck aus: „Wir achten deshalb sehr stark darauf, keinen Kontakt zu haben.“ Falls ein Test doch mal positiv sein sollte, muss die Klausur nachgeschrieben werden. Wer keinen Test machen will, müsste in einem eigenen Raum schreiben. „Eine gute Lösung“, findet Daria. „Das ist in meiner Stufe aber nicht der Fall. Alle testen sich.“

Schlecht vorbereitet hat sie sich bei ihrer ersten Prüfung nicht gefühlt. Im Gegenteil: „Es ist bei mir sogar ganz gut gelaufen.“ So sei es auch den meisten anderen aus ihrer Stufe gegangen, trotz der widrigen Umstände: „Im ersten Lockdown, als noch alles durcheinander war, haben wir das meiste verpasst. Danach hat es aber gut geklappt.“ Dabei spielte besonders das Engagement der Lehrkräfte eine Rolle.

Schulleiter aus Moers: Man kann auf das Corona-Abi stolz sein

So hätten die Schüler länger Unterricht als sonst und mehr Klausurthemen zur Auswahl bekommen. Dies führt offenbar bei manchem Schüler zu der Sorge, ob das Abi im Corona-Jahr von Arbeitgebern als minderwertig angesehen werden könnte: „Natürlich ist das ein Thema. Ich sehe das aber nicht so. Wir kriegen schließlich nichts geschenkt.“

Das sieht Thorsten Klag, Leiter des Moerser Gymnasium Adolfinum, genauso. Der Jahrgang habe unter schwierigen Bedingungen Großes geleistet, für Klag im wahren Sinne des Wortes ein „Reifezeugnis“: „Die Eigenverantwortung ist wesentlich größer als in anderen Jahrgängen. Daher sollte man die Kritik eher umgekehrt sehen und stolz auf das Corona-Abi sein.“

Der Abiball muss in Moers und Kamp-Lintfort leider komplett ausfallen

Fachlich sieht er seine Schülerinnen und Schüler durch die Prüfungsvorbereitung in Kleingruppen nach Ostern gut gewappnet fürs Abitur. Was hingegen fehle, sei die Gemeinschaft: „Die schöne Zeit in der Oberstufe mit Freundschaften und Beziehungen wurde ihnen genommen.“ Wie sehr sich die Stufe nach Gemeinschaft sehnt, merke er etwa daran, mit welcher Energie sie an der Abizeitung als kleine Erinnerung arbeitet. Als kleines Trostpflaster hofft er, den Schülerinnen und Schülern zumindest einen würdigen Abschluss mit feierlicher Zeugnisvergabe und kleinen Reden im Freien bieten zu können. Ob das geht und verantwortbar ist, weiß der Schulleiter aber noch nicht.

Die Feierlichkeiten fehlen auch Daria und ihrer Stufe. In der Mottowoche durften sich die Schüler zwar verkleiden, allerdings nur auf Abstand und mit Maske. „Das Traurigste ist aber, dass wir uns nicht beim Abiball von unseren Mitschülern und Lehrern verabschieden können. Und natürlich hätten wir uns auch gern nach geschafften Prüfungen hingesetzt und zusammen ein Bier getrunken.“