Kamp-Lintfort. Beim Fahrradkorso der IG Kiesausstieg Saalhoff wird deutlich, was die Folgen von mehr Kiesabbau in Kamp-Lintfort wären. Einspruch ist möglich.

An den rotgelben Schals, die um zahlreiche Bäume im Kamp-Lintforter Stadtteil Saalhoff gewickelt sind, kann man es erkennen: Das Gebiet, das der Regionalverband Ruhr (RVR) in seinen Unterlagen im zweiten Regionalplan-Entwurf als Auskiesungsgebiet auswählte und mit Kies und Sand die Energie- und Verkehrswende voranbringen will. Die Pläne liegen in der Essener RVR-Bibliothek aus und sorgen kreisweit für Protest.

Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Moers und Umland

Moers: Die Baustellen 2023: Hier drohen Wartezeiten in MoersKamp-Lintfort: Ein „echter Landscheidt“ gefällig?Neukirchen-Vluyn: Das ist der Planungsstand fürs Zeltlager in Neukirchen-VluynNachrichten aus Moers ins E-Mail-Postfach: Hier geht’s zur kostenlosen Newsletter-AnmeldungCorona-Überblick:Die aktuellen Zahlen für den Kreis WeselLesen Sie hier alle Artikel aus Moers, Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn

Am Samstagmittag waren deshalb die Bäume Orientierungspunkte einer besonderen Radtour: Die Bürgerinitiative Interessengemeinschaft (IG) Kiesausstieg Saalhoff lud zu einem Fahrradkorso ein. Rund 70 Teilnehmende trotzten dem nasskalten Wetter und radelten in polizeiliche Begleitung friedlich los. Die Route führte sie um die geplante Abbaufläche, vorbei am Segelflugplatz, zum bereits in Betrieb befindlichen Abbau in Rossenray, zurück zum Startpunkt an der Saalhoffer Straße.

Einige Radfahrer trugen neongelbe Warnwesten, auf denen der Spruch „Kein Kiesabbau“ abgedruckt war. Unter den Unterstützern war neben Bürgermeister Christoph Landscheidt und dem SPD-Landtagsabgeordneten René Schneider der Kamp-Lintforter SPD-Ratsherr Peter Schiffler, der die Bürgerinitiative im September letzten Jahres angesichts der überarbeiteten RVR-Pläne gründete.

Der aktuelle Plan sieht eine Auskiesungsfläche von rund 230 Hektar vor. Das sind 70 Hektar und somit 45 Prozent mehr, als im ersten Entwurf aus dem Jahre 2018. „Mit den bereits bestehenden Kiesbereichen sind das rund 620 Hektar – ein Zehntel des Stadtgebietes“, erklärte Schiffler. Unwiederbringlich verloren seien bereits 20 Prozent an landwirtschaftlicher Fläche und nur die wenigsten Auskiesungsflächen würden zu Seen umgestaltet. Weiterhin fehlten Kies und Wasser als Grundwasserfilter.

Das Wetter war nasskalt, trotzdem kamen 70 Teilnehmende zur Radtour am Samstag.
Das Wetter war nasskalt, trotzdem kamen 70 Teilnehmende zur Radtour am Samstag. © Funke Foto-Services | Rüdiger Bechhaus

160 Unterstützer zählt die IG. Viele wohnen im Abgrabungsbereich. „Wir wollen den Kiesabbau in Rossenray, Saalhoff und im Niephauser Feld im Süden der Stadt verhindern. Ziel ist eine Kies-Bedarfsermittlung und eine Wende zum nachhaltigen Umgang mit den Rohstoffen Kies und Sand“, erklärte Schiffler. Auf der Strecke wurde deutlich, wie die Abgrabungen die Infrastruktur betreffen: „Vor vier Jahren war der Krummensteg durchgehender Wirtschaftsweg, heute steht hier ein Betonklotz und Maschendrahtzaun.

Nur der Flugplatz und ein kleiner Eichenwald würden erhalten bleiben, weil man die rechtlich nicht einfach abreißen kann.“ Von der Alpener Straße bis zur Hornenheidchenstraße käme man nur per Boot, weil es zum Baggerloch würde. Wie der Ausstieg aus dem Kiesabbau gelingen kann, erarbeitete der SPD-Landtagsabgeordnete René Schneider: „Kiesausstieg ist der Weg, um dauerhaft Felder, Wiesen und Äcker zu retten. Recycling, Umbau statt Neubau, bessere baustatische Konstruktionen statt Betonnutzung, Einsatz von Bauschutt und Sparsamkeit im Umgang mit Ressourcen bieten Potenziale, den Ausstieg zu schaffen.“

Klage beim Oberverwaltungsgericht Münster: Der Termin steht fest

Seit Ende Januar läuft die Einspruchsmöglichkeit gegen die Festlegung neuer Auskiesungsgebiete im Regionalplan Ruhr. Bis Freitag, 29. April, können Bürger Einsprüche beim RVR einreichen. Hilfe und Infos gibt es unter www.ig-kiesausstieg-saalhoff.de sowie per Mail unter info@ig-kiesausstieg-saalhoff.de.

Am Dienstag, 3. Mai, 10 Uhr soll in einer öffentlichen Verhandlung im Oberverwaltungsgericht Münster entschieden werden, wie in Sachen Kiesklage des Kreises Wesel und der vier Kommunen Kamp-Lintfort, Alpen, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg verfahren wird. Geklagt wurde gegen zwei Planaussagen im Landesentwicklungsplan, welche die Versorgungs- und Fortschreibungszeiträume für Sicherung und Abbau oberflächennaher Bodenschätze für nichtenergetische Rohstoffe wie Kies um jeweils fünf Jahre auf 25 sowie 15 Jahre anheben.