Issum. Obwohl er einen Ausbildungsplatz hat, soll der Albaner Xhordi abgeschoben werden. Und nur, weil der Arbeitsvertrag zu spät bei der Behörde ankam.

Eine fehlende Unterschrift und nur wenige Stunden Verzug haben das Leben des 17 Jahre alten Xhordi innerhalb weniger Tage auf den Kopf gestellt. Der junge Albaner, der mit seinen Eltern in der Gemeinde Issum lebt, muss das Land verlassen – und das, obwohl er gerade erst eine Ausbildung begonnen hat, um sich hier eine Existenz aufzubauen. Ein vollkommen unverständlicher Fall, wie seine Sportkameraden vom SV Issum meinen. Sie setzen sich dafür ein, dass Xhordi weiter in Deutschland bleiben darf.

Die Schilderung des Falles, die sie mit einem Bild ihres Mitspielers bei Facebook veröffentlichen, verbreitet sich im Netz in Windeseile. Trainer Uwe Tebeck, Xhordis Mannschaftskollegen und viele Issumer hoffen, die Ausländerbehörde auf diesem Wege noch einmal zum Umdenken zu bewegen. Ihr Tenor: „Wir reden hier doch über einen Menschen und nicht nur einen Fall.“

SV Issum International als Integrationsprojekt ausgezeichnet

Seit gut anderthalb Jahren trainiert Uwe Tebeck die internationale Mannschaft des SV Issum, die aus der Idee eines Fußballtrainings für Zuwanderer entstanden ist. Mittlerweile kicken dort jeden Montagabend rund 20 Spieler aus aller Herren Länder. Das Integrationsprojekt ist über die Grenzen der kleinen Gemeinde im Klever Südkreis bekannt. Es hat dem Verein den Titel „Stützpunktverein für Migration“ eingebracht und den„Stern des Sports“.

Es ist zwar nicht das erste Mal, dass ein Mitglied der internationalen Mannschaft das Land wieder verlassen muss und abgeschoben wird. „Die meisten wissen, dass sie wieder gehen müssen und akzeptieren dies auch“, erzählt Uwe Tebeck. Aber bei Xhordi verstehen er und seine Mitstreiter die Welt oder besser die Asyl-Bürokratie nicht mehr. „Gibt es da keinen Ermessensspielraum?“

In ihrem Facebook-Posting sprechen die Sportler deshalb sogar von „Psychoterror“. Denn der erste Versuch, Xhordi und seine Familie abzuschieben, ging auch noch schief. Dienstagmorgen um 4 Uhr holte die Ausländerbehörde die Familie in der Notunterkunft ab. Xhordi wusste nicht wie ihm geschah, es flossen viele Tränen. Von seiner Mannschaft, mit der er noch Montagabend gekickt hat, konnte er sich auch nicht verabschieden.

Familie wollte ausreisen und Xhordi so die Ausbildung ermöglichen

Das Flugzeug, das die Familie eigentlich nach Albanien bringen sollte, war dann aber überbucht. Vom Flughafen ging es deshalb am Dienstagnachmittag zurück ins Übergangswohnheim nach Issum. Hier wartet die Familie nun, sitzt auf gepackten Koffern. „Nachfragen beim Sachbearbeiter der Ausländerbehörde ergaben, dass weder die bisherigen noch zukünftige Versuche, die Abschiebung zu vermeiden, zielführend sind“, schildert Uwe Tebeck die aktuelle Situation. Der Familie wurde deshalb angeboten, bis zum 23. Oktober freiwillig auszureisen, um einer erneuten Abschiebung zu entgehen.

Xhordi (obere Reihe in der Mitte) mit seinen Mannschaftskollegen des SV Issum International. Darüber hinaus kickt das junge Fußballtalent auch in der A-Jugend des Issum.
Xhordi (obere Reihe in der Mitte) mit seinen Mannschaftskollegen des SV Issum International. Darüber hinaus kickt das junge Fußballtalent auch in der A-Jugend des Issum. © Unbekannt | SV Issum International

Das hatte Xhordis Familie eh vor. Damit der 17-Jährige seine Ausbildung in Ruhe beenden kann, wollten Xhordis Eltern, seine kleine Schwester und der große Bruder freiwillig ausreisen. Aber ohne Xhordi. Eine Issumer Familie hätte für Xhordi, der in einem halben Jahr 18 wird, die Vormundschaft übernommen, so dass dem Staat keine Kosten entstehen. All das sollte nichts bringen. Denn der Kreis Kleve beruft sich darauf, dass der Ausbildungsvertrag zu spät bei der Ausländerbehörde vorgelegt worden sei und diese die Lehrstelle nicht akzeptierte, weil er in seinem Flüchtlingsstatus diese Stelle gar nicht hätte antreten dürfen. Der Kreis Kleve will dazu aus Datenschutzgründen aber keine Stellung abgeben.

Firma würde Xhordi weiterbeschäftigen

Ein Vorgehen, das auch Peter Vos nicht versteht. In seiner Stahlbaufirma in Geldern hat Xhordi Anfang September die Ausbildung begonnen. „Wir waren alle schockiert und ich habe wenig Verständnis für dieses Vorgehen“, sagt der Unternehmer. „Anscheinend kam der Vertrag nur wenige Stunden zu spät und es fehlte zuerst eine Unterschrift“, erinnert sich Peter Vos. „Aber das ist Bürokratismus und das hätte man anders entscheiden können.“

Weshalb er sich für Xhordi entschieden hat? „Auf Dauer werden wir ohne Flüchtlinge Schwierigkeiten bekommen, geeignete Fachkräfte zu finden. Wir sind als Firma international aufgestellt und brauchen diese Menschen.“ Der junge Albaner ist nicht der einzige Flüchtling, der in seiner Firma arbeitet. Gute Erfahrungen hat er auch mit zwei Afrikanern gemacht, die ein Jahrespraktikum absolvieren. Über Xhordi weiß Peter Vos nur Positives zu berichten. „Xhordi macht gute Arbeit, ist pünktlich.“ Er würde ihn gerne weiter beschäftigen, darf dies aber wegen der drohenden Abschiebung nicht.

Xhordi kann jetzt nur warten und hoffen - dabei würde er viel lieber arbeiten und Fußballspielen.

Beim Spiel der Kreisliga-A-Jugend am Sonntag (22. Oktober) will der SV Issum International über die Abschiebe-Pläne informieren. Anstoß ist um 16.30 Uhr auf dem Platz des SV Issum (Am Sportplatz 15, 47661 Issum).