Kamp-Lintfort. Die Kamp-Lintforter Firma Milestone Consult hat Bayer oder Lufthansa als Kunden. Die schätzen den Mittelständler wegen seiner Sammelleidenschaft.

Kurzarbeit? Stellenabbau? Um Himmels willen! „Wir haben in 2019 zehn neue Mitarbeiter angestellt. Und ich könnte ich sofort nochmal zehn neue Mitarbeiter gebrauchen.“ Olaf Broekmans ist Geschäftsführer und Gründer der Milestone Consult, die im Dezember des vergangenen Jahres von Kapellen wieder zurück nach Kamp-Lintfort ins Technologiezentrum gezogen ist. In Moers wurden die Räumlichkeiten für die 60 Mitarbeiter zu klein. In Kamp-Lintfort habe die Stadt der Firma beinahe den roten Teppich ausgerollt, lobt Broekmans, damit sie nach dem Intermezzo in der Nachbarstadt wieder zurück kommt.

Jetzt residiert Milestone in einem eigens für das Unternehmen und die Bedürfnisse der Mitarbeiter konzipierten, modernen, lichtdurchfluteten Bau an der Carl-Friedrich-Gauß-Straße. Das hat auch etwas mit der Suche nach Fachkräften zu tun. Denn hinter jedem seiner Mitarbeiter, so erklärt Broekmans, hängen drei Headhunter, um sie abzuwerben. „Jeder, der hier arbeitet, hätte in zehn Minuten einen neuen Job, wenn er wollte.“ Da heißt es, die kostbaren Experten zu hegen und zu pflegen, um sie zu halten.

„Tesla sammelt Daten und baut Autos drumrum“

Der Geschäftsführer von Milestone Consult Olaf Broekmans, links, und der Development Manager Jürgen Wolf zeigen stolz das firmeneigene Fitnessstudio.
Der Geschäftsführer von Milestone Consult Olaf Broekmans, links, und der Development Manager Jürgen Wolf zeigen stolz das firmeneigene Fitnessstudio. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Also gibt es im Haus ein Fitnessstudio. „Die Anregung kam von einem Kollegen, der in Düsseldorf wohnt und nach Feierabend trainieren wollte. Meist aber stand er so lange im Stau, dass er doch sofort nach Hause abgebogen ist.“ Jetzt trainiert er im firmeneigenen, geräumigen Studio in Kamp-Lintfort, geht duschen und setzt sich in Marsch, wenn das Schlimmste auf der Autobahn vorbei ist. In Arbeit ist die Sportsbar mit Kicker und Tresen, es gibt einen Ruhe- und Gebetsraum, gediegene Küchenzeilen auf beiden Etagen, die Möbel für die ausladende Dachterrasse sind soeben angekommen. Selbst die Raucher werden nicht einfach vor die Tür geschickt, sondern frönen ihrem Laster diskret auf einem gesonderten Balkonstück mit Blick ins Grüne. Das Konzept scheint aufzugehen. Nach eigenen Angaben liegt die Fluktuation bei den Mitarbeitern bei unter zwei Prozent.

Was ist das für ein Gewerbe, das seine Leute umwirbt? „Wir arbeiten mit Daten. Mit riesigen Mengen von Daten, führen sie zusammen und werten sie zielgenau für den Kunden aus“, fängt Broekmans das Erklären vorsichtig an. Und Daten seien so etwas wie die neue Währung in der vernetzten Welt. Das Unternehmen Tesla etwa sammele eigentlich Daten und baue das Auto als Nebenprodukt drumrum, ordnet Broekmans für sich ein.

Ein Geschäft ohne Konkurrenz

Zu seinen Kunden zählt er die ganz Großen: Lufthansa, Henkel, Bayer, Vodafone, um ein paar zu nennen. Konkurrenz gebe es in seinem Geschäft schon deshalb nicht, weil Milestone nicht auf Kundenakquise gehen müsse, sondern eher schon mal abwinken, weil es einfach keine Kapazitäten gibt. „Wir sind von der Größe her exotisch. Richtige Konkurrenz fängt vielleicht bei den Unternehmen an, die sechsstellige Mitarbeiterzahlen haben“, sagt der Geschäftsführer des Unternehmens vom Niederrhein, das nach seinen Angaben einen Jahresumsatz jenseits der sieben Millionen Euro macht.

Gesucht: Mitarbeiter mit Leidenschaft.
Gesucht: Mitarbeiter mit Leidenschaft. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Womit genau, erklärt er an einem Beispiel: „Für Bayer ist es wichtig, dass ihre Pflanzenschutzmittel den richtigen Regalplatz beim Großhandel bekommen, damit sie beim Landwirt ankommen. Wir sammeln Klimadaten und andere Daten, berechnen, wann der Mais durch die Erde kommt und der Dünger da sein muss. Das erspart Bayer unnötige Lkw-Transporte oder entgangene Gewinne, weil der Dünger irgendwo rumstand.“ Auch künstliche Intelligenz sei ein großes Thema: „Aber die Maschinen können nicht von sich aus denken. Die müssen gefüttert werden.“ Daten sammeln kann man natürlich auch über Mitarbeiter und deren Effizienz im Unternehmen. Aber das sieht Broekmans positiv: „Da wissen die Unternehmen dann, wo sie gezielt nachschulen müssen.“

„Wir sind das Schnellboot“

Kann die IT eines Unternehmens das nicht selbst leisten? Broekmans vergleicht griffig: „Die IT eines großen Unternehmens ist flexibel wie ein riesiger Tanker. Wir sind das Schnellboot.“ Das Angebot aus Kamp-Lintfort nennt er unbescheiden: „Wenn Du etwas Kompliziertes hast, und es muss fertig werden, dann sind wir verlässlich.“

Also ist der Arbeitgeber Milestone nur was für Nerds? Keineswegs, sagt Broekmans. Klar, seien Wirtschaftsinformatiker gesucht. Aber sein Unternehmen sei auch ein Partner für das Duale Studium an der Hochschule Rhein Waal, habe gute Erfahrungen mit Umschülern gemacht und schrecke keineswegs vor Bewerbern jenseits der 40 zurück. „Was unsere Mitarbeiter brauchen ist Leidenschaft. Was wir nicht brauchen, sind Leute, die sich einen Job wünschen, in dem sie irgendwann mal fertig sind mit Lernen. Hier ist man nach einem halben Jahr Stillstand raus.“

Das war nicht immer so, als Broekmans die Firma 1989 gegründet hat, steckte das mit den Daten in den Kinderschuhen und die Computer waren riesige Schränke. Aber die Zyklen, in denen sich die Technik verändert, werden immer kürzer. Das weiß jeder Smartphone- oder Laptop-Besitzer. Die Daten darauf sind im Vergleich zu dem, was Broekmans und seine Mitarbeiter verarbeiten, nur ein bisschen mehr als Nichts.