Kamp-Lintfort.. Von wegen Puschel und knappe Kostüme: Cheerleading ist Trendsportart – und härter, als mancher denkt. Die Angels Cheerleader zeigen, wie es geht.
Wer ein Engel sein möchte, darf nicht zimperlich sein: „One, two, three, four ...“ zählt Anna Marsula die Cheerleader der Angels Revolution an. Noch sitzt der Handstandaufgang nicht bei allen, wenn die Kamp-Lintforter Engel aber erstmals ihr neues Programm der Jury bei den Offenen Meisterschaften am 1. Dezember präsentieren, muss auch diese Figur synchron klappen.
Was die wenigsten wissen: Ursprünglich war Cheerleading ein reiner Männersport. Heute kämpfen die überwiegend weiblichen Cheerleader vor allem gegen eines – auf „die Mädchen mit den Puscheln in den knappen Kostümen“ reduziert zu werden. „Cheerleading ist ein körperlich harter Sport“, sagt Sportwartin und Trainerin der Kamp-Lintforter Angels Cheerleader, Anna Marsula. Und eine Trendsportart, die immer populärer wird – auch wieder bei Jungen.
Seit 21 Jahren gibt es die Angels Cheerleader in Kamp-Lintfort. Ursprünglich als Anhängsel des einstigen Kamp-Lintfort Footballvereins West Guardian Angels entstanden, haben sich die Engel längst emanzipiert. Seit 2005 gehören sie zum Kamp-Lintforter Postsportverein, ein Schritt, so sagt Anna Marsula, den die Angels nie bereut haben.
Größter Erfolg: WM-Teilnahme
Die größten Erfolge der Angels liegen schon etwas zurück – immerhin waren sie 2008 Deutsche Meister und vertraten Deutschland bei der WM in Orlando – der Zuspruch aber ist ungebrochen: Etwa 76 aktive Mitglieder zählt der Verein aktuell, seit einem halben Jahr ist sogar wieder ein kleines Anfängerteam mit Kindern ab fünf Jahren am Start.
Fünf Gruppen in vier Altersklassen werden von einem Team aus zwölf Trainerinnen und Trainern fit für Auftritte in der Öffentlichkeit und für Meisterschaften gemacht. „Bei der Offenen Meisterschaft im November wollen wir mit allen Teams antreten“, sagt Anna Marsula. Dann müssen alle Figuren und Choreographien sitzen – „die Konkurrenz ist groß“, weiß Marsula. Wer das Training der Angels beobachtet, merkt schnell, dass Cheerleading hier eine Mischung aus Akrobatik, Bodenturnen und Tanz ist. Bogengänge, Flic Flac, Salti – was die Mädchen und zwei Jungen so alles an schwierigen Turnelementen beherrschen, ist beeindruckend. Dabei, sagt Anna Marsula, ist es nicht unbedingt immer das schwierigste Programm, das gewinnt. Genauso wichtig sind saubere und synchrone Ausführung. Außerdem: „Erfolg ist auch, sich weiterzuentwickeln.“
Ein familiärer Verein
In Kamp-Lintfort setzen die Angels Cheerleader in erster Linie auf Breitensport. „Wir liegen bei 15 Euro monatlich für zweimal Training in der Woche.“ Das ist vergleichsweise wenig, wenn man auf Cheerleading-Vereine in den Nachbarstädten schaut. „Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, ein familiärer Verein zu sein“, sagt Anna Marsula. Ein Pfund, mit dem sich wuchern lässt – auch bei jungen Talenten.
„Wir versuchen zu zeigen, was das Cheerleading sportlich bedeutet“, sagt die Trainerin. „Als Athleten, die eine Mannschaftssportart betreiben.“ Eine Sportart, deren Verband seit 2017 sogar Mitglied im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) ist. Auf die markanten Puschel legen die Angels übrigens keinen gesteigerten Wert. Wenn die bei einem Auftritt nicht gefordert sind, dann tanzen die Angels auch gerne mal ohne die Tanzwedel.
Geld für die Mannschaftskasse
In Kamp-Lintfort sind die Sportlerinnen auf vielen Veranstaltungen gern gesehene Gäste. Nur wenn es um einen guten Zweck geht, treten die Angels umsonst auf. „Sonst werden wir für unsere Auftritte bezahlt“, sagt Anna Marsula. Das ist nicht ganz unwichtig – Kostüme und Musik kosten, das jedes Jahr aufs Neue. Anna Marsula verschwindet zwischen Interview und Training kurz in die Küche der Sporthalle an der Europaschule – Waffelverkauf für die Mannschaftskasse. Auch das gehört dazu.