Moers. Die Mehrwertsteuer-Senkung soll die Wirtschaft ankurbeln. In Moers gehen Händler unterschiedlich damit um. Es lohnt sich, genau hinzuschauen

Der schnelle Pizza-Snack in der Mittagspause kostete gestern mit 2,20 Euro genauso viel wie noch in den vergangenen Wochen. Doch seit Mittwoch beträgt die Mehrwertsteuer nur noch 16 statt 19 Prozent, der reduzierte Mehrwertsteuersatz sank immerhin von sieben auf fünf Prozent. Doch wo und vor allem wie wird die Änderung an den Verbraucher abgegeben? Die NRZ hat sich in Moers umgehört.

Am Montag kosteten klassische schwarze Converse-Schnürschuhe 69,95 Euro im Schuhgeschäft Böhmer. Lässt sich jetzt durch die reduzierte Mehrwertsteuer ein Schnäppchen machen und Geld einsparen? Jein, lautet die Antwort von Filialleiter Thomas Urbanski: „Der Konzern hat sich entschieden, doppelt so viele Schuhe wie sonst zu reduzieren. Aber alles einzeln umzuetikettieren, das wäre ein zu großer Aufwand geworden.“

Doppelt ausgeschriebene Preise bei Tchibo

Bei Tchibo wiederum sieht man jetzt doppelt ausgeschriebene Preise. Das Unternehmen wolle die Senkung in voller Höhe weitergeben, so steht es auf Schildchen im Laden. Ein Damen-Halbarm-Shirt lässt sich zum Beispiel für 12,66 Euro statt der ehemaligen 12,99 Euro erwerben. Wer hier einen Induktionsmilchaufschäumer kauft, spart beinahe 2 Euro. Dieser wurde von ehemals 69,95 auf glatte 68 Euro reduziert.

In der Schroeder-Papeterie bietet Inhaber Frank Neumann sowohl Bücher als auch Schreibwarenartikel und Schulranzen an. Er habe 20.000 kleinteilige Produkte im Sortiment, darunter Schnellhefter für 20 Cent. Eine Änderung der Preise wäre auch hier mit immensem Aufwand verbunden. „Wir haben viel diskutiert, was wir trotzdem anbieten können.“ Er will jetzt bis Ende des Jahres verschiedene Rabattaktionen machen, um die Mehrwertsteuerminderung auch an die Kundinnen und Kunden weiterzugeben.

Der Rabatt ist manchmal nicht sofort erkennbar

Die Preise beim Moerser Aldi Süd scheinen auf den ersten Blick gleich. Die Veränderung zeigt sich hier nicht auf den Preisschildern, sondern erst am Ende auf dem Kassenbon. Sowohl Aldi Süd als auch Aldi Nord haben sich dazu entschlossen, immer den kompletten Einkauf um drei Prozent zu reduzieren, unabhängig davon, ob es sich um Produkte des Grundbedarfs handelt, oder nicht. Auf ihrer Website heißt es dazu, man wolle insbesondere diejenigen unterstützen, die wirtschaftlich von der Corona-Krise betroffen sind.

Wer letzte Woche bei dm Reinigungstücher der Eigenmarke gekauft hat, von dem wurden 95 Cent kassiert. Laut neuer Rechnung kostet das Produkt jetzt 93 Cent. Das gleiche Produkt einer anderen Marke kostet regulär 1,55 Euro. Hier sparen Kundinnen und Kunden vier Cent bei den Reinigungstüchern. „Bei uns wird der Rabatt direkt an der Kasse abgezogen“, erzählt eine Verkäuferin am Telefon. „Wir kommunizieren das großflächig auf der gesamten Ladenfläche verteilt.“ Tatsächlich befindet sich an der Kasse ein Plakat zu dem Thema. Änderungen der Preisschilder gibt es auch hier keine.

Ein Blick ins Internet kann aufschlussreich sein

Der Euroshop geht wiederum einen anderen Weg. Nachdem die Preise in diesem Frühjahr von einem Euro auf 1,10 Euro angehoben wurden, gibt der Laden jetzt durch die Mehrwertsteuer etwas zurück. Allerdings erst beim kommenden Einkauf. Der eingesparte Betrag liegt pro Artikel liegt bei 2,8 Cent, wird aufgerundet und steht als Gutschrift auf dem Kassenbon. Diesen können Kundinnen und Kunden innerhalb von 90 Tagen einlösen, erklärt Verkäuferin Sandra Kreymann. Allerdings kam es bereits am Mittwochvormittag zu einer Beschwerde. Eine Kundin wollte die Preissenkung direkt an der Kasse abgezogen bekommen.

Fazit: Eine Umstellung wird meist an der Kasse umgesetzt, oder durch eigenständige Reduzierungen an den Kunden weitergegeben. Gerade in kleinen Geschäften bedeutet die Umstellung viel Aufwand für einen kleinen Preisnachlass. Auf Seiten wie https://www.mehrwertsteuerrechner.de/ lassen sich die Unterschiede einmal durchspielen.

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Auch bei Stro
m, Gas und Wasser werden die Kosten sinken. Wie konkret die Enni Energie & Umwelt die verminderte Mehrwertsteuer an die Kunden weitergibt, wird aber noch geprüft. Offenbar lassen die Ausführungsbestimmungen Raum für verschiedene Auslegungen.


Enni-Chef Stefan Krämer kennt nach eigenem Bekunden drei Stadtwerke, die unterschiedlich verfahren. Er selbst wolle Sicherheit und eine sorgfältige juristische Prüfung, damit die Kunden und Enni selbst Rechtssicherheit hätten.


Sicher sei dabei schon jetzt, dass Enni sich keine Vorteile durch die Mehrwertsteuersenkung verschaffen werde. Für die Kunden, so ein Unternehmenssprecher, würden auch keine Nachteile dadurch entstehen, dass die Klärung erst nach dem 1. Juli erfolgt.