Moers. Dr. Heike Knops aus Moers ist im Internet auf ein aufschlussreiches Dokument gestoßen. Die Reaktionen aus Berlin waren dagegen ernüchternd.
Dr. Heike Knops aus Moers wundert sich: Warum ist Deutschland so unvorbereitet in die Corona-Krise gestolpert? Wie sie zufällig herausgefunden hat, gab es eine ernstzunehmende Warnung vor einer Pandemie bereits seit 2013. Mit ihrer Frage hat sie sich an Bundeskanzlerin Angela Merkel gewandt – und eine Art Antwort erhalten.
Die promovierte Philosophin hat sich Moers als Sitz für den Ruhestand ausgesucht. Sie war in den 1980er Jahren Pfarrerin (Nachname damals: Dargatz) in Kamp-Lintfort, dann Dozentin in der Diakon-Ausbildung und hat als wissenschaftliche Mitarbeiterin das Fachgebiet Bioethik an der kirchlichen Hochschule Wuppertal mit aufgebaut. Sie gehört dem wissenschaftlichen Beirat von Attac Deutschland und der Regionalgruppe Niederrhein an. Attac befasst sich kritisch mit der Globalisierung.
Am Anfang stand eine einfache Recherche im Internet
Anfang dieses Jahres ist sie für eine Recherche im Internet unterwegs. Sie stößt auf die Drucksache 17/12051 des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2013. Auf Seite 5 geht es dort um „Risikoanalyse Pandemie durch Virus Modi-Sars“, erstellt durch das Robert-Koch-Institut und andere Bundesbehörden. Unter anderem heißt es dort: „Das Szenario beschreibt ein außergewöhnliches Seuchengeschehen, das auf der Verbreitung eines neuartigen Erregers basiert.“
Was dann folgt, kommt dem, was in Deutschland und der Welt in den vergangenen 15 Monaten passiert ist, ziemlich nahe: „Das Szenario beschreibt eine von Asien ausgehende, weltweite Verbreitung eines hypothetischen neuen Virus,welches den Namen Modi-SARS-Virus erhält.“ Dass es die Risikoanalyse gibt, ist nicht neu, wie sich durch ein paar Klicks im Internet leicht feststellen lässt. Es gibt dazu sogar einen Wikipedia-Beitrag. Und doch wundert sich Knops: „Zum tatsächlichen Beginn der Pandemie gaben sich die Politiker überrascht und hatten auch keinerlei antiepidemischen Materialien und Geräte bevorratet. Es wurde improvisiert. Der Schutz der so genannten vulnerablen Menschen war nicht voll umfänglich möglich. Da drängt sich natürlich die Frage auf, warum niemand Konsequenzen aus der Risikoanalyse zog.“
Attac-Gruppe Niederrhein schließt sich dem Schreiben an
Diese Frage hat Knops in einem offenen Brief vom 14. Januar dieses Jahres auch Bundeskanzlerin Angela Merkel gestellt. Die Attac-Gruppe Niederrhein hat sich dem Schreiben angeschlossen, wie sie berichtet. Erhalten hat sie schließlich den Hinweis, dass das Bundeskanzleramt nicht zuständig sei und das Schreiben an das Innenministerium des Bundes weitergeleitet wurde. Von dort kommt – nach vier Wochen – die Nachricht, dass die Risikoanalyse zwar „federführend vom Innenministerium entworfen“, Punkt 2.3 jedoch unter „fachlicher Federführung des Robert Koch-Instituts (RKI)“ durchgeführt wurde.
Und weil das RKI organisatorisch zum Geschäftsbereich des Bundesgesundheitsministeriums gehört, erhält Knops auch hier keine Antwort auf ihre Frage.
Nach sechs Wochen immer noch keine Antwort vom Minister
Immerhin: „Das Schreiben hat Herrn Minister Seehofer vorgelegen.“ Daraufhin schreibt sie erneut einen Brief, und stellt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn jene Frage, die sie so sehr beschäftigt. Das Schreiben vom 18. März ist bis jetzt ohne Antwort. Knops: „Letztlich schiebt es einer auf den anderen. So stelle ich mir verantwortliche Politik in einem hoch entwickelten Industrieland nicht vor. Es bleibt die Frage, ob die vielen Toten, für die die Politik kürzlich Kerzen entzündet hat, durch eine gezielte Vorsorge und Vorbereitung auf die erwartete Pandemie nicht hätten vermieden werden können.“