Kreis Wesel. Die Arbeitsagentur hat ihre Bilanz für das vergangene Ausbildungsjahr gezogen. Viele Ausbildungen im Kreis Wesel werden vorzeitig beendet.

Beinahe jede dritte Ausbildung ist im vergangenen Jahr im Kreis Wesel vorzeitig beendet worden. Besonders betroffen von Wechseln oder Abbrüchen ist das Handwerk gewesen – in der Branche wurden 40,1 Prozent der Ausbildungsverträge vorzeitig aufgelöst. Diese Zahlen gab die Agentur für Arbeit am Mittwoch bei einem Jahresgespräch zum Ausbildungsmarkt bekannt. Hinter dem Handwerk folgten die Landwirtschaft (29,7 Prozent), Ausbildungen in freien Berufen, etwa zu Rechtsanwaltsfachangestellten und medizinischen Fachangestellten (29,5 Prozent), Industrie und Handel (29,2 Prozent). Deutlich weniger Abbrecher oder Wechsler gibt es hingegen im Öffentlichen Dienst, hier waren nur 6,6 Prozent der Ausbildungen im Kreisgebiet betroffen.

„Die Lösungsquote im Handwerk ist hoch“, sagt Barbara Ossyra, Geschäftsführerin der Arbeitsagentur. Die Gründe dafür seien vielfältig: Viele Betriebe müssten sich heute auf neue Rahmenbedingungen einstellen, wie zum Beispiel die Forderung nach einer Vier-Tage-Woche oder den Wünschen nach Homeoffice – letzteres ist in handwerklichen Berufen eher schwierig umzusetzen. Zugleich befinden sich die meisten Auszubildenden heute in einer komfortablen Situation. Es gibt mehr Plätze als Bewerberinnen und Bewerber, wer also mit seinem Betrieb oder seinem Lehrberuf unzufrieden ist, findet in der Regel schnell eine Alternative, die besser passt.

Diese Lücke auf dem Ausbildungsmarkt zeigen die weiteren Daten, die die Agentur vorgestellt hat. So kommen hier auf 100 Ausbildungsstellen aktuell 94 Bewerberinnen und Bewerber, der Agenturbezirk (Kreise Wesel und Kleve) liegt damit unter dem Durchschnitt (102) in Nordrhein-Westfalen. Die Unterschiede im Land sind teilweise deutlich, so kommen in Gelsenkirchen auf 100 Stellen 180 Bewerber – im Kreis Coesfeld sind es gerade mal 57.

Ausbildungsmarkt im Kreis Wesel bleibt stabil

Grundsätzlich blieb der Ausbildungsmarkt in der Region aber stabil. „Im Kreis Wesel haben sich mehr Bewerberinnen und Bewerber für eine duale Ausbildung interessiert, die Betriebe meldeten annähernd so viele Ausbildungsstellen wie im Vorjahr“, berichtet Ossyra. In konkreten Zahlen ausgedrückt: Von Oktober 2023 bis Ende September 2024 meldeten sich insgesamt 2.410 Bewerberinnen und Bewerber, das sind 33 oder 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig standen 2.708 Ausbildungsstellen zur Verfügung, 38 oder 1,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Davon waren 2.644 betriebliche Ausbildungsstellen, 21 oder 0,8 Prozent weniger als im Ausbildungsjahr 2022/2023.

„Für junge Menschen ist eine Ausbildung weiterhin attraktiv, das gilt besonders für junge Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Hier hat die Nachfrage gegenüber dem Vorjahr deutlich zugenommen. Ein großer Teil davon sind junge Menschen mit Fluchthintergrund“, so Ossyra. Im Kreis Wesel meldeten sich demnach 170 Geflüchtete.

Durchaus Unterschiede gibt es bei den gemeldeten Ausbildungsstellen der Betriebe und den Wünschen der Bewerberinnen und Bewerber. So waren 236 Stellen für Kaufleute im Einzelhandel ausgeschrieben, es gab aber nur 81 Interessenten auf die Plätze. Ähnlich sah das Verhältnis bei den Verkäuferinnen und Verkäufern aus – 198 Stellen standen 94 Bewerberinnen und Bewerber gegenüber. Zu den am stärksten nachgefragten Berufen gehörten Kaufleute für Büromanagement oder KFZ-Mechatroniker.

KFZ-Mechatroniker bleibt ein beliebter Ausbildungsberuf.
KFZ-Mechatroniker bleibt ein beliebter Ausbildungsberuf. © dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Wer bisher keine Ausbildung gefunden hat, kann sich noch berechtigte Hoffnungen machen – obwohl das neue Ausbildungsjahr bereits am 1. August begonnen hat. „Selbst jetzt können noch Ausbildungsverträge geschlossen werden. Wir bringen weiterhin junge Menschen und Betriebe zueinander, damit sie prüfen können, ob es passt“, sagt Baraba Ossyra. „In einigen Fällen kann eine Alternative zur Ausbildung der richtige Weg sein. Unsere Berufsberater und Berufsberaterinnen klären mit den Jugendlichen ganz individuell, ob ihnen eine Einstiegsqualifizierung, ein Berufseinstiegspraktikum oder eine assistierte Ausbildung weiterhelfen kann.“

Im Kreis Wesel suchten Ende September noch 149 Jugendliche eine Ausbildungsstelle, 50 mehr als ein Jahr zuvor. 184 weitere junge Menschen planten mangels Ausbildungsstelle mit einer alternativen Möglichkeit. Im Gegenzug waren im Kreis Wesel noch 363 unbesetzte Ausbildungsstellen gemeldet, 91 Stellen mehr als im Vorjahr.