Kreis Wesel. Im Kreis werden weniger Wohnungen gebaut als gebraucht werden. Doch laut einer Studie könnte sich das in einigen Jahren ändern. Die Details.
Wie viele Wohnungen fehlen im Kreis Wesel wirklich? Vor einigen Wochen veröffentlichte das Pestel-Institut aus Hannover eine Regional-Analyse, demnach müssten zwischen Moers, Sonsbeck, Dinslaken und Hamminkeln bis 2028 jährlich 1620 neue Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken.
Nun kommt das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) zu einem anderen Ergebnis: Bis 2040 müssten im Kreisgebiet durchschnittlich etwas über 1000 neue Wohnungen fertiggestellt werden. Erklärung für die niedrigere Annahme in der langfristigeren Prognose: Künftig werde der Wohnungsbedarf wegen rückläufiger Bevölkerungszahlen sinken, das gelte für die allermeisten Städte und Landkreise in Deutschland, vor allem in den 2030er-Jahren. Laut einer im April dieses Jahres veröffentlichten Untersuchung der Bertelsmannstiftung könnte der Kreis bis 2040 rund 9000 Einwohnerinnen und Einwohner verlieren.
So viele Wohnungen wurden im Kreis Wesel gebaut
Die IW-Forscher haben sich in ihrer neuen Studie mit unterschiedlichen Aspekten der Wohnungssituation in Deutschland auseinandergesetzt – und diese Ergebnisse jeweils auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte veröffentlicht. So hat es der Kreis Wesel der Analyse zufolge in den vergangenen Jahren (2021 bis 2023) nicht geschafft, den Bedarf an Wohnungen zu decken. Es wurden nur 76 Prozent des benötigten Wohnraums geschaffen. Damit schneidet der Kreis schlechter ab als seine Nachbarn Kleve (79 Prozent) und Borken (135 Prozent), jedoch besser als der Kreis Viersen (52 Prozent), Krefeld (35 Prozent), Duisburg (29 Prozent), Oberhausen (24 Prozent), Bottrop (60 Prozent) und der Kreis Recklinghausen (64 Prozent).
Im Kreisgebiet wurden zwischen 2021 und 2023 durchschnittlich 1021 Wohnungen pro Jahr fertiggestellt – damit stand die Bautätigkeit ziemlich genau auf dem Level, das die Wirtschaftswissenschaftler bis 2040 als notwendig ansehen, um den Bürgerinnen und Bürgern genügend Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Hält der Kreis also sein aktuelles Niveau beim Neubau, wäre das eine Kehrtwende in der Wohnungskrise, die Not gelindert, der Bedarf gedeckt – zumindest so lange die Prognose des renommierten Instituts wirklich eintritt.
Auf 1000 Einwohnerinnen und Einwohner gerechnet ergab das für den Kreis Wesel in den vergangenen Jahren 2,3 neue Wohnungen pro Kopf – zum Vergleich unter Nachbarn: Der Kreis Borken kam im selben Zeitraum auf fünf Wohnungen pro Einwohner, Oberhausen gerade mal auf 0,7.
Wohnungsbau steckt auch im Kreis Wesel in der Krise
„Der Wohnungsbau steckt in einer veritablen Krise. Vielerorts werden im Vergleich zu den hohen Wohnungsbedarfen zu wenige neue Wohnungen gebaut“, fassen die Forscher aus Köln zusammen. Doch im Zeitraum 2026 bis 2040 verringere sich bundesweit der jährliche Bedarf von aktuell 372.600 (2021 bis 2025) auf bundesweit 257.400 neue Wohnungen (2026 bis 2040). Das entspricht einem Rückgang von 31 Prozent. Von diesem Rückgang seien die meisten Kreise (366 von 400) und fast alle kreisfreien Großstädte (68 der 70) betroffen.
Es gibt allerdings Unsicherheit in diesen Prognosen, schränken die Wissenschaftler ein. „Ob sich die Bevölkerung tatsächlich in dem erwarteten Ausmaß verringert, ist dabei relativ unsicher, da neben der volatilen Flüchtlingszuwanderung auch der Zuzug an Fachkräften aus dem Ausland, deutlich dynamischer entwickeln kann, als es in den Prognosen angenommen wird“, heißt es dazu in der Studie.
Beim kurzfristigen Bedarf sind die Zahlen aus Köln für den Kreis Wesel übrigens deutlich näher an der Pestel-Prognose: So müssten im nächsten Jahr im Kreisgebiet rund 1340 neue Wohnungen gebaut werden, um den aktuellen Bedarf zu decken – angesichts der Krise in der Baubranche und des immer noch recht hohen Zinsniveaus bei Immobilienkrediten dürfte das kaum zu schaffen sein.